Zwei Familien auf Weltreise

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Wie fühlt es sich an, sein sicheres Zuhause zurückzulassen, eine fremde Welt zu entdecken und schlicht das zu tun, wonach einem der Sinn steht? Die Doku „Zwei Familien auf Weltreise“ gibt Antworten auf diese Fragen. Die mit sehr persönlichen Einblicken und vielen Landschafts-, Sonnenuntergangs- und Kinderbildern im Homevideo-Stil ausgestattete Reise-Dokumentation folgt zwei deutschen Familien auf ihrem Trip durch Südostasien und andere exotische Reiseziele. Herausgekommen ist ein Plädoyer dafür, Mut für den Neubeginn aufzubringen und seinen Traum zu leben – auch wenn der Film Antworten auf ein paar naheliegende Fragen schuldig bleibt.

Webseite: https://zwei-familien-auf-weltreise.de

Deutschland 2019
Regie: Benedict Durchholz
Länge: 95 Minuten
Kinostart: 18.04.2019
Verleih: imFilm

FILMKRITIK:

2015 wagten Sandy und Benni den großen Schritt: Sie kündigten ihre Jobs in Frankfurt und ließen alles hinter sich. Sie machten sich mit ihrem Baby auf zu einer Reise nach Asien, erstes Ziel war Bangkok. Ein Rückflugticket hatten sie nicht. Denn der Zeitpunkt der Rückkehr war ungewiss. Sie wollten mehr vom Leben als nur den alltäglichen Arbeitstrott und Monotonie. Auf ihrer Reise lernten die Drei eine andere Familie kennen: Maria, Thor und ihre vier Kinder. Sie wohnten mehr als zehn Jahre in Dortmund und entschlossen sich ebenfalls dazu, Deutschland zu verlassen. Unterwegs unterrichteten Thor und Marie die Kinder per „Home Schooling“ zu unterrichten. “Zwei Familien auf Weltreise“ erzählt die Geschichte der Aussteiger.

Der Film entstand über einen Zeitraum von mehreren Jahren und setzt sich fast ausschließlich aus selbst erstelltem Videomaterial der Familien zusammen. Aufnahmen, die Sandy und Benni während der Reise über ihren Youtube-Channel mit vielen tausend Menschen teilten. Bis heute berichten die Zwei über die Videoplattform und ihre anderen Social-Media-Kanäle von ihren Reisen. Maria und Thor leben mit ihren Kindern mittlerweile auf einem Bauernhof in Norwegen.

Durch die intimen Handkamera- und Smartphone-Aufnahmen folgt man den Protagonisten  unmittelbar und hautnah auf ihren unterschiedlichen Stationen. Die Reise-Doku funktioniert dabei als persönliches, audiovisuelles  Reisetagebuch mit hohem Informationsgehalt, da man als Zuschauer einen Eindruck von den entsprechenden Kulturen und Sehenswürdigkeiten erhält. Darüber hinaus bewegen sich Sandy und Benni sowie Maria und Thor mit ihren Sprösslingen auch abseits der gewohnten Touristenrouten und tauchen ganz tief in das Leben, die Riten und Bräuche vor Ort ein. Kein Wunder, verbrachten die Familien doch teils viele Monate an ein und demselben Ort.

Wer an einem „Best of“ der schönsten Orte Südostasiens interessiert ist, kommt bei dem Film in jedem Fall auf seine Kosten. Denn die Reisenden bringen dem Kinobesucher die Natur und Baudenkmäler der Länder auf ausführliche Weise näher. Wir sehen die paradiesischen Strände, die mythenumrankten Tempelanlagen und den beeindruckenden Dschungel Balis. Sri Lanka begeistert mit seinen malerischen Gebirgszügen und den farbenprächtigen, tropischen Landschaften. Zu den Höhepunkten zählen die jahrtausendealten Tempelruinen in Kambodscha, bei denen auch Benni nicht mehr aus dem Staunen heraus kommt.

Zwischendurch stellen sich einem jedoch ein paar ganz praktische Fragen. Wie kamen die Familien während der mehrjährigen Tour an das benötigte Geld? Was arbeiteten sie und war es schwer, vor Ort einen Job zu finden? Zwar wird anfangs erwähnt, dass sich Sandy und Benni von einem Großteil ihres Hab und Guts trennten sowie Thor und Maria ihr Haus verkauften, um an Geld zu kommen und um sich „zu befreien“. Allerdings eben nur beiläufig. Außerdem kommt kurz zur Sprache, dass Thor im neuseeländischen Christchurch gearbeitet hat. Interessant zu erfahren wäre gewesen: als was? Eine andere Frage, die sich stellt: Wie kompliziert ist es und welchen bürokratischen Aufwand bedeutet es, wenn die eigenen Kinder im schulpflichtigen Alter sind und man Deutschland (für eine sehr lange Zeit) verlässt?

Dennoch vermittelt der Film seine wichtigsten Botschaften alles in allem mit Nachdruck und glaubhaft: Habe den Mut, Ungewöhnliches zu wagen und scheue nicht den Neuanfang. Die Familien beweisen, dass der Ausstieg möglich ist und man seine Träume umsetzen sollte – auch und gerade mit Kindern. Denn wie die beiden Paare ihre Kinder aktiv in ihre Vorhaben und Pläne einbeziehen und sie in Kontakt treten lassen mit den Einheimischen sowie der Natur, ist vorbildlich mit anzusehen.

Björn Schneider