Ein Paarkonflikt als ironische Selbstfindungskomödie: Laura Lackmann ("Mängelexemplar") schickt ihr Heldenpaar auf die Reise zu den Wurzeln ihrer Beziehung. Dabei entkommen Heinz, die eigentlich Laura heißt, und Hans dem Alltagstrott ihrer eingefahrenen Langzeitpartnerschaft. Die Geschichte wird vor allem von Laura Tonke als Heinz und Marc Hosemann als Hans getragen, die so natürlich spielen, dass auch die gelegentlich rustikale Komik nebst derber Wortwahl gut dazu passt. Die beiden sympathischen Helden tragen einen munteren Film, der sich auch mal selbst auf die Schippe nehmen darf.
Webseite: www.zwei-im-falschen-film.de
Deutschland 2017
Drehbuch und Regie: Laura Lackmann
Darsteller: Laura Tonke, Marc Hosemann, David Bredin, Katrin Wichmann, Christine Schorn, Hans Longo
107 Minuten
Verleih: farbfilm verleih
Kinostart: 31.05.2018
FILMKRITIK:
Laura ist Synchronsprecherin einer Verkehrsampel und lässt sich Heinz nennen, Hans ist Mitbetreiber eines Kopierladens. Seit acht Jahren sind die beiden ein Paar. Sie wohnen über dem Kopierladen – das spart Geld. Die Abende verbringen sie am liebsten in Schlunzklamotten, mit Videospielen und Chips auf dem Sofa. Sie haben denselben Geschmack, denselben Freundeskreis und gehen sogar zusammen ins Bad. Doch eines Tages begehrt Heinz auf: Ihr fehlt die Romantik. Als Hans dann auch noch ihrem gutaussehenden Ex-Lover einfach ihre Telefonnummer gibt, rastet Heinz aus. Nicht einmal eifersüchtig ist ihr Hans! Das ist für sie der endgültige Nicht-Liebesbeweis. So will sie nicht mehr weitermachen und stellt gleich das gesamte Beziehungsmodell in Frage. Um Heinz/Laura zu beruhigen, schreibt Hans eine Liste mit allem, was sie vermisst. Romantik steht dabei an erster Stelle. Doch bald wird klar, dass es um deutlich mehr geht als um ein paar Kerzen rund um die Badewanne. Die Beziehungskrise wächst sich zur Identitätskrise aus. Laura wird immer unzufriedener mit ihrer Situation, beruflich wie privat, und sogar der eher lethargische Hans weiß, dass sich was ändern muss. Aber plötzlich geht es um viel mehr als um ein bisschen Beziehungspillepalle und die beiden werden von der Realität eingeholt.
Ein munterer, auf den ersten Blick ziemlich eingängiger Film, so scheint es, in dem jeder seinen Spaß haben kann. Doch die Komödie entfaltet ihre wahren Qualitäten ganz trickreich erst beim genaueren Hinsehen. Was geradlinig und straight aussieht, ist in Wahrheit mehrdimensional und wird dadurch zum intellektuellen Spielchen neben der Haupthandlung.
Lauras insgesamt komplett verunglückter Versuch, am quasi historischen Ort – einer Disco – und mit den damaligen Beteiligten die liebesstiftende Begegnung zwischen ihr und Hans nachzustellen, entpuppt sich als unbeholfene Amateurtheaterprobe, die vor allem zeigt, dass Laura ein schlechtes Gedächtnis hat. In ihrer Erinnerung dominiert die Romantik, während für Hans vor allem die unappetitlichen Begleiterscheinungen ihres Vollrauschs aufgrund von Liebeskummer im Gedächtnis haften geblieben sind. Lauras Unglück rührt eben nicht nur aus den Umständen, sondern aus ihren enttäuschten Erwartungen an sich selbst und daher auch an andere. Zusammen mit ihrer Neigung zum Dramatischen und einer ausgeprägten Fantasie ergibt sich also eine für Komödien bestens geeignete Ausgangssituation, zumal es den passenden Gegenpart dazu gibt. Hans lässt sich treiben, ein ewiger Junge, der es gern bequem hat und die Veränderung ebenso scheut wie die Übernahme von Verantwortung. Gemeinsam können sich die beiden nahezu perfekt ergänzen, aber sie wissen es nicht. Ihr Auto passt perfekt zu ihnen, sie behalten es trotz seiner Macken, und vielleicht haben sie sich mit den Tücken ihres Wagens mehr abgefunden als mit den eigenen Schwächen. Da ist es nur ein kleiner Schritt bis zu der Schlussfolgerung: „Wir könnten so glücklich sein, wenn wir nicht immer darüber nachdenken würden, warum wir nicht glücklich sind.“ Doch so leicht macht es sich die Autorin nicht. Glücklicherweise. Laura Lackmanns Bestreben, eine Alltagsgeschichte zu erzählen, wird auch in der Sprache deutlich. Manche Wortwitze sind eher derb, der Umgangston ist jung und rau – schon von daher erscheint Lauras Wunsch nach mehr Romantik eher illusorisch.
Der intelligente Plot macht aus den beiden Helden ein zwar immer irgendwie typisches, aber doch originelles Pärchen. In den Szenen, die im Kino spielen, begegnen sie sich selbst als Darsteller auf der Leinwand, ohne dass sie das merken bzw. ohne dass dies thematisiert wird. Das ist nicht nur hübsch ausgedacht, sondern zeigt auch die Widerhaken der Geschichte. Heinz und Hans könnten ein Beispiel für alle Langzeitliebenden sein, aber so einfach läuft das hier nicht. Denn es geht eben nicht darum, die Routine und eventuelle Ödnis einer langen Beziehung herauszustellen, sondern vielmehr will Laura Lackmann zeigen, dass das eigentliche Glück im gegenseitigen Vertrauen und in der Gemeinsamkeit liegt. Angenehmerweise verzichtet sie dafür auf das Idealbild der braven, spießigen Kleinfamilie mit Kindern, Haus und Garten, sondern sie lässt ihr Pärchen sich selbst treu blieben. Für die beiden hat sie mit Laura Tonke und Marc Hosemann zwei außergewöhnliche Darsteller gefunden. Die Chemie stimmt, was in den Wortgefechten zwischen den beiden ebenso deutlich wird wie in den intimen Szenen, die mit selbstverständlicher Offenheit gezeigt werden. Auch wenn es hier und da ein paar Längen gibt: Es macht einfach Spaß zuzuschauen und sich ein bisschen anspruchsvolle Unterhaltung zu gönnen, die man auf Wunsch mit psychologischem oder dramaturgischem Tiefgang ergänzen kann. Laura Tonke spielt Heinz als lebhafte, leicht verhuschte Dramaqueen. Marc Hosemann gibt seinem Hans dagegen etwas leicht teddymäßig Brummeliges. Gemeinsam sind die beiden absolut authentisch und liebenswert, in einem kleinen Film, der zumindest dank seiner schauspielerischen Leistungen über sich hinauswächst.
Gaby Sikorski