Dabei hatte unter anderem das Hermann-Rietschel-Institut der TU Berlin bereits im Februar eine Studie veröffentlicht, nach der die Ansteckungsgefahr in Kinos geringer ist, als in Restaurants, Schwimmhallen, Fitnessstudios, Schulen oder Büros. Im Kino spricht man kaum, sitzt und sieht geschlossen nach vorne, zudem verfügen die meisten Kinos über Lüftungsanlagen, die die Luft mehrfach pro Stunde austauschen.

Politische Geringschätzung privatwirtschaftlicher Kultur

Bereits Mitte Mai verständigten sich die Kino- und Verleihverbände auf einen langfristig planbaren Öffnungstermin am 1. Juli. Dennoch fehlen in den meisten Bundesländern bis heute verbindliche Planungsparameter für die Kinos.

Aktuell sind die Kinos mit einem föderalen Flickenteppich von Auflagen konfrontiert. Die Anpassung der Auflagen erfolgt oft in spontanen, wenig transparenten Verfahren, die den Kinos keine Planungssicherheit ermöglichen. Abstandsauflagen, Test- und Maskenpflicht, Lüftungsanlagen, Besucherobergrenzen sind überall unterschiedlich geregelt. Aus Sicht des Verbandes hat die Regelungsflut nur noch wenig mit Infektionsschutz zu tun, den alle Kinobetreiber*innen ausdrücklich befürworten. Es sind willkürliche politische Momententscheidungen, die ein Engagement vorgaukeln sollen, zunehmend rechtlich fragwürdig sind und das verantwortliche Engagement der privatwirtschaftlichen Kulturanbieter gering schätzen.

„Wenn Maßnahmen unfair und für Menschen nicht mehr nachvollziehbar sind, fördern sie nicht die Akzeptanz für den nach wie vor wichtigen Infektionsschutz in der Bevölkerung,“ so Christian Bräuer. „Unser Appell geht daher an die Politik, jetzt Auflagen für die Kinos zum 1. Juli zu benennen, die verhältnismäßig, sinnvoll und bundesweit vergleichbar sind. Empirisch bewährt hat sich ein Abstand von einem freien Sitz zwischen Besuchergruppen ohne Maskenpflicht am Platz“.

Kinos brauchen wieder die Chance zu wirtschaften. Denn jetzt wird entschieden, ob Arbeitsplätze in der gesamten Filmwirtschaft entstehen oder dauerhaft verschwinden. Seit fast acht Monaten warten Filmemacher*innen mit ihren Werken auf den Neustart der Kinos. Und mit den Berlinale-Beiträgen, der gesamten Oscar®-Saison, den Werken des Anfang Juli beginnenden Filmfestivals in Cannes und etlichen Hollywood-Produktionen gibt es für das Publikum ein außergewöhnlich vielfältiges Programm zu entdecken. Die Zeit ist überreif, die Kultur wieder in den Vordergrund zu rücken.