Hard Powder

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Nach seiner bissigen Thrillerkomödie „Einer nach dem Anderen“ hat der Norweger Hans Petter Moland ebendiese noch einmal englischsprachig verfilmt. In der Hauptrolle: Liam Neeson.

Webseite: kinofinder.studiocanal.de/hard_powder_

OT: Cold Pursuit
UK 2019
Regie: Hans Petter Moland
Schauspieler: Liam Neeson, Laura Dern, Tom Bateman, Julia Jones, Emmy Rossum
Länge: 110 Minuten
Verleih: Studiocanal
Kinostart: 28. Februar 2019

FILMKRITIK:

Schneepflugfahrer Nele (Liam Neeson) und seine Frau (Laura Dern) leben ein beschauliches Leben in den Anhöhen der zugeschneiten Rocky Mountains. Eines Tages wird das Ehepaar in seinen Grundfesten erschüttert: Sie erreicht die Nachricht, dass ihr Sohn nach einer Überdosis tot aufgefunden worden ist. Für die rechtschaffenden Eheleute steht außer Frage, dass es beim Tod ihres Sohnes nicht mit rechten Dingen zugegangen sein muss. Schnell rückt Nele in eine Welt jenseits der ihre vor und sieht sich mit Drogendealern und anderen Gangstern konfrontiert. Da er von der ortsansässigen Polizei keine Hilfe erwartet, nimmt er das Schicksal von nun an selbst in die Hand und legt einen nach dem anderen um, die mit dem Ableben seines Sohnes in Verbindung standen…
 
Wem die Prämisse des eiskalten Thrillers „Hard Powder“ bekannt vorkommt, hat Recht: Der Film ist eine Neuauflage der Ende 2014 auch hierzulande erschienen Thriller-Komödie „Einer nach dem anderen“, die sich Liebhaberkreisen einen kleinen Kultstatus erarbeiten konnte. Nun haben es die Amerikaner nicht so mit dem Lesen von Untertiteln. Und so ganz ohne Starpower lässt sich eine norwegische Produktion auch nicht in Übersee vermarkten. Also ging Hans Petter Moland einen Weg, den viele gehen und setzte sich an ein Remake mit großen Namen (unter anderem Liam Neeson und Laura Dern). Inszenatorisch und erzählerisch ist dagegen vieles gleichgeblieben und das sorgt dafür, dass all jene, die mit dem Original vertraut sind, kaum Neues präsentiert bekommen. Wer „einer nach dem anderen“ hingegen noch nicht kennt, bekommt auch mit „Hard Powder“ einen ebenso bösen wie bisweilen urkomischen Rachethriller geboten, in dem Liam Neeson einmal mehr so richtig aufdrehen darf.
 
Von Liam Neeson sind wir aus den letzten Jahren ordentlich Krawall gewohnt. Im Falle von „Hard Powder“ erinnert allerdings nur die übergeordnete Thematik „Rache“ an die Gewalteskapaden des nunmehr 67-jährigen Actionstars, denn wie schon das Original verlässt sich auch das Remake nicht auf ausufernde Verfolgungsjagden, Explosionen oder Schießereien, sondern stellt die emotionale Verfassung des vom Schicksal gebeutelten Familienvaters in den Fokus. Das bedeutet allerdings nicht, dass es in „Hard Powder“ nicht auch derbe zur Sache geht. Wenn Neeson sich hier mit seinen Widersachern angeht, ihnen – im wahrsten Sinne des Wortes – die Fresse poliert und seine Opfer hinterher so übel zugerichtet sind, dass man die Teile eines Gesichts nicht einmal mehr erahnen kann, dann dürfte die FSK-Freigabe ab 12 in weiter Ferne liegen. Keine Frage: „Hard Powder“ ist kein Actionthriller von der Stange, sondern ein seinen Independent-Wurzeln treu bleibendes Stück Charakterkino, mit dessen Gewaltspitzen Hans Petter Moland seiner Aussage vom unaufhaltsam für Gerechtigkeit eintretenden Protagonisten nur zusätzlich unterstreichen will.
 
Obwohl Moland für seine Neuauflage weitaus mehr Budget zur Verfügung stand, als noch fürs Original, lässt er sich angenehmerweise nicht dazu verleiten, seinem Film zu einer typischen Hollywood-Hochglanzoptik zu verhelfen. „Hard Powder“ ist genauso dreckig wie die Vorlage, nur dass die „Einer nach dem anderen“ mitunter 1:1 nachempfundenen Kamerafahrten ein klein wenig hochwertiger und besser ausgeleuchtet aussehen, als noch vor vier Jahren. Das steht dem ganzen Projekt aber gut zu Gesicht. Wichtig ist letztlich ja nur, dass die Macher zu ihren Wurzeln stehen. Und das tun sie, sodass sich der Blick auf „Hard Powder“ letztlich auch für die lohnt, die die hier so gut wie gar nicht variierte Handlung der Vorlage in- und auswendig kennen.
 
Antje Wessels