Projekt: Antarktis

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Weiße Flecken gibt es auf der Welt kaum noch, selbst auf den Mount Everest kann man eine Paketreise buchen. Doch auch wenn man eine organisierte Reise bucht, kann einiges schiefgehen wie drei Freunde aus Bremerhaven feststellen, die ihre Abenteuer am Südpol als „Projekt: Antarktis“ gefilmt haben und nun ins Kino bringen.

Webseite: www.projektantarktis.de

Dokumentation
Deutschland 2018
Regie: Tim David Müller-Zitzke, Michael Ginzburg und Dennis Vogt
Länge: 97 Minuten
Verleih: Projekt: Antarktis/24 Bilder 
Kinostart: 25. Oktober 2018

FILMKRITIK:

Sie kennen sich vom Studium in Bremerhaven, sind zwischen 24 und 29 Jahre alt und haben Lust am Abenteuer. Ihr Ziel: In eine klimatisch besonders extreme Region der Erde zu reisen, die Antarktis. Also bucht das Trio eine Reise auf dem extra für eisige Gewässer ausgerüstetem Schiff MS Ortelius und fliegt mit viel Gepäck los. Denn da alle drei als Fotografen oder beim Film arbeiten, ist der Gedanke, die Reise aus allen Perspektiven zu dokumentieren und einen Film aus den Erlebnissen zu schneiden.
 
Das Ergebnis, dass nun als „Projekt: Antarktis“ vorliegt, ist dann allerdings keine gewöhnliche Dokumentation, sondern eher ein Making Of der Reise, wie das Trio auch selbst zugibt. Vom ersten Moment an ist die Kamera stets dabei, sind die Vorbereitungen zu sehen, das Packen des Equipments, der lange Flug nach Buenos Aires, schließlich die endlosen Verhandlungen mit dem örtlichen Zoll. Bis endlich das Expeditionsschiff betreten wird, ist schon gut ein Drittel des Films vorbei und auch an Bord überwiegen nicht etwa Aufnahmen der atemberaubenden Landschaften oder der exotischen Tierwelt, sondern Bilder, die die Regisseure beim Seekranksein zeigen, beim torkeln über das schwankende Schiff, und immer wieder beim Sitzen vorm Computer.
 
Weder eine klassische Dokumentation über die Naturwunder Antarktis ist dies, aber auch kein neugierig suchender Film wie etwa Werner Herzogs „Begegnungen am Ende der Welt.“, der ebenfalls die Antarktis zum Thema hat. Auch dort taucht zwar der Regisseur immer wieder selbst im Bild auf, ist selbst der Erzähler, bringt sich in das Geschehen ein, doch der Unterschied zu „Projekt: Antarktis“ könnte nicht größer sein. Geht es Herzog stets um das Äußere, kreisen die Gedanken des Trios um sich selbst. Ganz Teil ihrer Generation, die es gewohnt ist, praktisch jeden Moment ihres Lebens in Bildern einzufangen, die möglichst in Echtzeit auf den diversen sozialen Medien als Lebenszeichen an die Freunde weitergegeben werden, denn nur ein Moment, der auch in Bild oder Video festgehalten wurde, hat auch wirklich stattgefunden.
 
Dementsprechend macht das Trio auch keinen Unterschied zwischen Verhandlungen mit dem Zoll oder dem Besteigen eines Hügels in der Antarktis, zwischen einen Schnupfen oder dem erspähen einer Herde Königspinguine. Alles ist gleich, alles sind Bilder, alles ist Material. Mal mit teurer Profikamera gefilmt, mal mit wackeliger Go-Pro, alles in einen Bilderfluss gegossen, der am ehesten einem filmischen Tagebuch entspricht.
 
Den die Macher auch als Aufruf an die junge Generation verstanden wissen wollen, an ihre Ziele zu glauben, sich nicht abhalten zu lassen, sondern einfach zu machen. Ist es am Ende aber egal was man macht oder sollte das Erlebte auch etwas Besonderes sein? Als Film über die Antarktis kann man „Projekt: Antarktis“ nur bedingt bezeichnen, viel mehr schon als Film über drei junge Männer der Generation Facebook, die Freunde und Fremde an einem Moment der Selbstfindung teilhaben lassen.
 
Michael Meyns