Schon einmal erblickte Anthony Shaffers Theaterstück „Sleuth“, in dem sich ein alter Schriftsteller mit dem jungen arbeitslosen Schauspieler, der ihm seine Frau ausgespannt hat, ein intellektuelles und tödliches Katz- und Mausspiel liefert, das Licht der Leinwand: 1972 in der Verfilmung von Joseph Mankiewicz mit Laurence Olivier und dem damals noch jungen Michael Caine. In der Neuverfilmung sind die Rollen vertauscht: Michael Caine schlüpft in die Rolle des reichen und von der Idee des perfekten Verbrechens besessenen Autors, Jude Law nimmt die Herausforderung als sein Gegenspieler an. Ein brillant inszeniertes Duell zwischen ebenbürtigen Rivalen, das den Zuschauer bis zur letzten Minute in Atem hält.
Webseite: www.sonyclassics.com/sleuth/
Originaltitel: Sleuth
USA 2007
Regie: Kenneth Brannagh
Drehbuch: Harold Pinter, nach dem Theaterstück „Sleuth“ von Anthony Shaffer
Darsteller: Michael Caine und Jude Law
86 Min.
Kinostart: 20.12.2007
Verleih: Concorde
PRESSESTIMMEN:
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FILMKRITIK:
Andrew Wyke, wohlhabender und vom Erfolg verwöhnter Autor von Kriminalromanen, bekommt Besuch. Der Schauspieler Milo Tindle, jung, attraktiv, aber auch beruflich erfolglos, hat ihm die Frau ausgespannt und ist nun angetreten, ihn zur Scheidung aufzufordern. Wyke scheint überraschend schnell einverstanden und schlägt ihm auch noch einen lukrativen Deal vor: Tindle soll zum Schein in sein Haus einbrechen und dort wertvollen Schmuck entwenden. Das geteilte Versicherungsgeld entschädige einerseits den gehörnten Ehemann und gebe gleichzeitig dem mittellosen Konkurrenten die Gelegenheit, seiner neuen Freundin den gewohnten Lebensstandard zu sichern - so Wykes Argumentation. Ein gefährliches Katz- und Mausspiel beginnt, bei dem nie ganz klar ist, welcher der beiden Rivalen gerade wirklich die Fäden in der Hand hält, und das immer bedrohlichere Züge annimmt.
Nach seiner opulenten Zauberflöten-Verfilmung überraschte Regisseur Kenneth Brannagh in diesem Jahr bei den Filmfestspielen in Venedig mit dem Remake eines eloquenten Kammerspieles. Doch „1 Mord für 2“ geht weit über ein reines Remake hinaus. Literaturnobelpreisträger Harold Pinter nahm sich mit Leidenschaft der literarischen Vorlage an und machte daraus ein neues Werk mit eigenen Facetten. So verpasst er dem Film den ihm eigenen düsteren Tonfall und seinen schwarzen Humor, ohne dass dabei die Spannung des Originals verloren geht. Überraschend haben wir es hier im Vergleich zur Vorlage auch mit einem dritten Protagonisten zu tun: das Haus, in dem sich das Duell abspielt. Nach außen hin wirkt es wie ein altehrwürdiger Landsitz, von innen entpuppt es sich als durchgestylter Designertempel, vollgestopft mit Überwachungskameras, die nicht nur etwas über die Neurosen seines Besitzers verraten, sondern auch immer wieder geschickt in den Plot integriert werden.
Letztendlich repräsentiert das Haus aber auch die Frau, um die sich die beiden Herren streiten, denn sie ist es, die dessen mit allen technischen Raffinessen ausgestattete Inneneinrichtung entworfen hat. Ansonsten taucht das Objekt der Begierde jedoch nicht auf, was konsequent ist, denn im Kern geht es nicht um die Frau, sondern um den Kampf zweier Männer um Macht und Besitz, um die Gegensätze zwischen Jugend und Alter, Armut und Reichtum, Spontaneität und Kalkulation, Leidenschaft und Ehealltag. Wer gewinnt, sei hier natürlich nicht verraten. Schauspielerisch jedoch geht der Zuschlag hier nach Punkten an Michael Caine. Es ist faszinierend zuzuschauen, wie es ihm beinahe mühelos gelingt, mit einer Mine zwei Gefühle gleichzeitig auszudrücken. Während sein rechtes Auge noch traurig schaut, funkelt im linken bereits die Lust auf den nächsten Angriff. Bei einer solch überragenden Leistung kann selbst der talentierte Mr. Law nur schwer mithalten.
Anne Wotschke