Abseitsfalle

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Im Abseits stehen in Stefan Herings Kinodebüt „Abseitsfalle“ weniger Fußballspieler, als die Arbeiter eines Waschmaschinenherstellers im Ruhrgebiet. Hin und her gerissen zwischen den Anliegen der Arbeiter und ihrem eigenen Job in der Personalabteilung, die gravierende Kürzungen vornehmen muss, sieht sich die von Bernadette Heerwagen gespielte Hauptfigur schwierigen moralischen Problemen gegenüber. Ein zeitgemäßer, engagierter Film.

Webseite: www.abseitsfalle.alpha-medienkontor.de

Deutschland 2013
Regie: Stefan Hering
Buch: Beatrice Meier
Darsteller: Bernadette Heerwagen, Christoph Bach, Sebastian Ströbel, Jurg Löw, Dagmar Sachse
Länge: 97 Minuten
Verleih: Alpha Medienkontor
Kinostart: 26. September 2013

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Karin (Bernadette Heerwagen) ist einerseits ein Kind des Ruhrgebiets und strebt doch nach Höherem: In der Personalabteilung des fiktiven Waschmaschinenherstellers Perla fühlt sie sich unterfordert und von ihren Chefs am Weiterkommen gehindert. So kommt ihr die Gelegenheit gerade recht, mit dem smarten Sanierer Dr. Kruger (Christoph Bach) zusammenzuarbeiten, der ihr Talent erkennt und fördert. Doch wie Karin schnell feststellen muss, soll ihr Talent dazu benutzt werden, ein gutes Drittel der Belegschaft zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Unternehmen zu überreden.

Denn auch wenn der Konzern profitabel wirtschaftet, fordert der Mutterkonzern aus Amerika noch mehr Gewinn. Zwischen den vier europäischen Fabriken in England, Frankreich, Polen und Deutschland soll daher ein Wettbewerb stattfinden, an dessen Ende eine Fabrik schließen wird. Doch die Chefs haben die Rechnung ohne die engagierten Gewerkschafter gemacht, die unter Anleitung des etwas raubeinigen, aber grundehrlichen Mike (Sebastian Ströbel) einen cleveren Plan aushecken: Als Anführer des werkseigenen Fußballteams überreden sie die Teams der anderen Fabriken, sich dem Wettbewerb einfach zu entziehen. Durch diese Solidarität erhoffen sie sich ein Überleben aller Fabriken, die beim bald stattfindenden Werksturnier gefeiert werden soll.

Doch so leicht lässt sich ein Sanierer wie Dr. Kruger nicht von seinem Plan abbringen. Hin und her gerissen ist Karin zwischen den Beteuerungen Krugers, dass Entlassungen zwingend notwendig sind, um die Fabrik überhaupt zu retten, und dem engagierten Eintreten Mikes für die Arbeitsplätze.

Auch wenn die Gegenüberstellung zwischen Kruger und Mike etwas schematisch geraten ist – der eine Anzugträger, der andere im Blaumann, der eine adrett, der andere eher rustikal – gelingt es Stefan Hering in seinem nach einem Drehbuch von Beatrice Meier entstandenem Film durchaus, die komplizierten Realitäten des modernen Kapitalismus anzudeuten. Lose basiert der Film auf Ereignissen, die die Bochumer Opel- bzw. Nokiawerke betrafen, doch die Geschichte ist universell: Herkömmliche Arbeit lohnt sich in der heutigen Zeit kaum noch, stets winkt das neueste Billiglohnland mit noch günstigerer Produktion, verfälschen Subventionen den Wettbewerb, und selbst wenn ein Werk durchaus profitabel arbeitet, reicht das den Regeln des Kapitalismus folgend oft nicht aus: Noch mehr Gewinn muss her, noch weniger Arbeitskräfte bleiben übrig.

Besonders Bernadette Heerwagen überzeugt als Pflanze des Ruhrgebiets, die sich einerseits um ihren zum exzessiven Trinken neigenden Vater kümmert, andererseits auch den Verlockungen des elitären Lebens Krugers nicht abgeneigt ist. Lange Zeit davon überzeugt, dass sie mit ihrer Arbeit letztlich Gutes tut, verzweifelt über die Freundinnen, die sich von ihr abwenden, wechselt sie schließlich doch die Seiten. Doch zum Glück haben die Autoren auf ein allzu unglaubwürdiges Happy End verzichtet, suggerieren sie nicht, dass der Kampf David gegen Goliath, der hier Gewerkschaften gegen Kapitalismus heißt, so einfach zu gewinnen ist. Doch gefochten muss er so oder so, auch wenn man kaum eine Chance hat, den Verfall alter Industrien zu stoppen. Und das ist dann doch eine Aussage, der man nur zustimmen kann.

Michael Meyns