Adieu Paris

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Groß zu sein, heißt nicht unbedingt erwachsen zu sein. Schicksalsschläge wie eine Kündigung oder der Koma-Zustand einer geliebten Person zwingen wohlsituierte Menschen hier, eine geistige Reife zu entwickeln. Sie müssen Abschied nehmen von ihren bisherigen Vorstellungen, um weiterleben zu können. Trotz der schweren Thematik inszeniert die für ihre Kinderfilme mehrfach ausgezeichnete Franziska Buch („Emil und die Detektive“) einen leichtfüßigen modernen Dramen-Reigen. In äußerst idyllischen französischen und deutschen Umgebungen zeigt sie auf moderate Weise die Abkehr von der grassierenden Unverbindlichkeit.

Webseite: www.farbfilm-verleih.de

Deutschland 2012
Regie: Franziska Buch
Buch: Martin Rauhaus
Darsteller: Jessica Schwarz, Hans-Werner Meyer, Sandrine Bonnaire, Gerard Jugnot, Thure Lindhardt, Jean-Yves Berteloot, Ina Weisse
Länge: 101 Minuten
Verleih: farbfilm verleih
Kinostart: 11.7.2013

PRESSESTIMMEN:

"Ein gefühlsbetontes Melodram um Liebe und Lebensentwürfe, das durchaus geschickt auf der Klaviatur eines betont populären, gut gespielten Unterhaltungskinos spielt."
film-dienst

FILMKRITIK:

Flughäfen dürfen immer wieder Sinnbilder für gewichtige Geschäftigkeit und Wurzellosigkeit sein. Nirgendwo anders begegnen sich Frank (Hans-Werner Meyer) und Patrizia (Jessica Schwarz, „Jesus liebt mich“) zum ersten Mal. Er ist ein vorausplanender Banker mit der nächsten großen Fusion im Kopf und sie eine hübsche, planlose Schriftstellerin, deren erstes Buch „Inselspringen“ heißt. Ihr leiht Frank spontan Geld, sie wird ihn später um Rat fragen, aber bis dahin gleitet ihr Leben ins Chaos. Patrizia ist auf dem Weg nach Paris zu ihrem Geliebten. Jean-Jacques (Jean-Yves Berteloot) fiel durch einen Verkehrsunfall ins Koma. Im Krankenhaus trifft Patrizia auch noch dessen Gattin, die zugeknöpfte Zahnärztin Françoise (Sandrine Bonnaire), die nach anfänglicher Verstimmtheit einräumt, ihr Mann habe viele Freundinnen, sie führten eine offene Ehe.

In ihrer Verwirrung stürzt sich Patrizia in eine Affäre mit dem jungen dänischen Architekten Mika (Thure Lindhardt). Doch immer wieder erinnert sie, über grobkörnige Rückblenden in der Art eines Lana del Rey-Videoclips, romantische Szenen mit Jean-Jacques: „Ich las ihm die ganze Nacht vor. Da dachte ich: Okay, so ist Paris“. Ausgerechnet Fançoise, die Ehefrau ihres Geliebten drängt zur Verantwortung. „Der Mann, den wir geliebt haben, den gibt es nicht mehr“. Soll Jean-Jacques weiter künstlich am Leben gehalten werden? Tod und Sterbenlassen stehen hier überdeutlich als Voraussetzung für den Neuanfang.

Weil es aber noch um weitere Abschiede gehen soll, begegnet Patrizia, der konstruierten Geschichte sei Dank, zunächst wieder Frank, natürlich zufällig am Flughafen. Frank berichtet, wie sein Leben nun aus dem Ruder läuft. Seine Frau Gloria (Ina Weisse) distanziert sich von ihm und sein neuer Geschäftspartner Albert (Gerard Jugnot), ein kugelrunder Wursthersteller mit niedlichem Dorfladen, erweist sich als Scharlatan. Alberts vorgeblicher Konzern, mit dem Frank eine Fusion in die Wege leitete, beruht auf Bilanzfälschungen.

Auch dieser Konflikt löst sich in dieser idealisierten Welt mit der Schematik eines Illustrierten-Ratgebers. Albert erweist sich als nett, schließlich repräsentiert er einen traditionellen Familienverband, zu dem am Ende alle streben. Die Kulissen leisten dekorative Verstärkung. Luftig wie in einem Herrengeschäft liegen Franks Oberhemden im heimischen Schlafzimmerschrank. Als Françoise des Nachts von ihrer Dachterrasse aus Patrizia anruft, leuchtet der Eiffelturm hinter ihrem Rücken.

Wenn sich Françoise und Patrizia zum Kaffee oder Frank und Albert zum Wein in stets geschmackvoller Kulisse treffen, existieren wundersamerweise keinerlei Sprachbarrieren. Franziska Buch („Bibi Blocksberg und das Geheimnis der blauen Eulen“) wählt einen fast märchenhaften Ansatz. Als wolle sie die moderne Orientierungslosigkeit für Kinder begreifbar machen. Immerhin verleihen die Ernsthaftigkeit von Sandrine Bonnaire und die Gespräche um den Koma-Patienten dem Film eine Tiefe. Und Paris-Liebhaber werden die anmutigen Stadtansichten schätzen.

Dorothee Tackmann

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