Affaeren a la carte

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Die Regisseurin und Autorin Danièle Thompson („Ein perfekter Platz“) beweist erneut, dass man sich für eine Boulevardkomödie nicht zu schämen braucht, wenn sie, wie in diesem Falle, mit soviel Leichtigkeit in Szene gesetzt wird und sie sich gleichzeitig ihre Figuren und Geschichten ganz aus der Wirklichkeit holt. Die Kombination von einem glänzend inszenierten Schauspielerensemble, stimmigen Dialogen und einer versierten Kameraführung sorgt für eine kluge Komödie von beachtlicher handwerklicher Qualität. Mit prominenten Schauspielern Frankreichs besetzt, u.a. mit Emmanuelle Seigner und Dany "Willkommen bei den Sch'tis" Boon.


Webseite: www.prokino.de

Originaltitel: Le Code a changé
Frankreich 2009
Regie: Danièle Thompson
Darsteller: Karin Viard, Dany Boon, Marina Fois, Patrick Bruel, Emmanuelle Seigner, Christopher Thompson, Marina Hands, Patrick Chesnais, Blanca Li
Laufzeit: 100 Minuten
Verleih: Prokino
Kinostart: 16.07.2009 

PRESSESTIMMEN:


Das tolle Ensemble und die fantastisch pointierten Dialoge machen das Liebeskarussell zu einem sehr großen Spaß.
Brigitte


FILMKRITIKEN:

Paris am 21. Juni. Während die ganze Stadt beim Fest der Musik in den Sommer swingt, versammelt sich in der bürgerlichen Behaglichkeit einer Pariser Stadtwohnung ein Freundeskreis zum Abendessen. Doch in dem Kreis der geladenen Gäste will sich nur bedingt Feierlaune einstellen. Ist doch fast jeder der Anwesenden am Tisch mit seinen Gedanken ganz woanders. Da ist die Gastgeberin ML, eine erfolgreiche Scheidungsanwältin, deren professioneller Härte ihr einen zweifelhaften Ruhm beschert. Ihr Gatte Piotr hingegen scheint als Aussteiger und gelangweilter Hausmann aus weicherem Holz geschnitzt zu sein. Von der Affäre seiner Frau mit Jean-Louis, dem Architekten ihrer neuen Luxusküche, ahnt er nichts, sonst hätte er es wohl unterlassen, den Junggesellen spontan mit einzuladen. So hat ML alle Hände voll zu tun, den überschwänglichen Geliebten auf Distanz zu halten.

In Gedanken bei ihrem Liebhaber ist auch die Gynäkologin Mélanie, während ihr Mann am Tisch davon berichtet, seinen Beruf als Arzt für Krebsleiden an den Nagel zu hängen. Dass die Anwesenheit der Flamencolehrerin Manuela ihm noch einmal die ganze Tragweite seiner Tätigkeit vor Augen führt, ist ein Geheimnis, das an diesem Abend nicht gelüftet wird. Rein beruflicher Natur ist das Interesse des Anwalts Lucas an der Abendgesellschaft, er möchte die Gastgeberin für eine Geschäftidee gewinnen und bangt um seinen guten Ruf, den er durch den launischen Auftritt seiner Frau Sarah gefährdet sieht.

Angespannt ist zu guter Letzt auch MLs Schwester Juliette. Die Kostümbilderin verbirgt gemeinsam mit ihrem deutlich älteren Freund Erwann nicht nur ein delikates Geheimnis, von dem sie nicht weiß, wie sie es ihrer Schwester offenbaren soll, sondern ist auch gleichzeitig von der Nachricht geschockt, dass ihr Vater an dem Abend noch auftauchen soll. Verharren die beiden doch seit Jahren in schweigsamen Disput. Nur mühsam wahren alle Gäste den Schein. Ein einziger Funke, so scheint es, und das ganze schöne Konstrukt der gepflegten Festgesellschaft steht in Flammen wie ein trockener Tannenbaum.

Wie schon bei ihrer letzten Erfolgskomödie „Ein perfekter Platz“ zeigt Danièle Thompson auch bei ihrem Beziehungsreigen ein feines Gespür für die Menschen und ihr Milieu. Keine ihrer Figuren wirkt deplaziert oder verharrt im Klischee. Selbst die Personen, die anfangs wie bloße Typen erscheinen, bekommen im Laufe der sich über ein Jahr erstreckenden Filmhandlung Schattierungen, die ihre Schwächen und Stärken zum Vorschein bringen. Dabei beweist die Regisseurin genug Lebensklugheit, um voreilige Urteile zu vermeiden: Nicht immer führt die Lüge zur Katastrophe, nicht jede Trennung ist eine Niederlage, aber auch nicht jeder Sieg wird mit lauteren Mitteln errungen. Danièle Thompson läßt den Zuschauer auf höchst amüsante Weise dem Leben bei der Arbeit zuschauen. Dass dabei manche Lachträne auch einen melancholisch, salzigen Beigeschmack bekommt, erweist sich als die richtige Würze für ein köstliches Kinovergnügen.

Norbert Raffelsiefen

 
 

Marie-Laurence und Piotr haben geladen. Ein Dinner im Freundeskreis. Ein ungezwungenes Beisammensein, bei dem hemmungslos gequatscht und fröhlich angestoßen werden soll. Wer ist mit wem zusammen und wer hat sich getrennt? Wer hat womöglich eine Affäre und wer ist auf der Suche nach der großen Liebe oder der kleinen Liaison? Diese und ähnliche Fragen, gilt es zu ergründen. Denn wenngleich sie nicht immer ausgesprochen werden, schweben sie doch greifbar über der Oberfläche der allgemeinen Konversation. Ähnlich wie der Seelenschmerz, der jeden einzelnen Gast auf ganz unterschiedliche Art und Weise umgibt und den es erfolgreich zu verbergen gilt.

Die gute Laune wird herzlich, aber auch mit aller Scheinheiligkeit demonstriert. Man teilt gemeinsame Erinnerungen oder schmiedet Pläne für die Zukunft. Man erzählt einen Witz oder eine Anekdote und lacht ganz unbekümmert. Ein erfolgreiches Dinner unter Freunden eben, welches nach einem Jahr am selben Tag wiederholt werden will. Doch ein Jahr ist lang und bei sowie zwischen den Gästen von einst, hat sich so einiges geändert. Manche haben sich entzweit und andere sich neu gefunden. Manche hat das Leben eingeholt und andere sind auf der Stelle stehen geblieben. Das Leben ist halt keine Speisekarte, auf der man seine Zutaten ganz einfach bestellt, oder vielleicht doch? Ein Leben à la carte!

Danièle Thompson hat sich als Regisseurin (Jet Lag oder Wo die Liebe hinfliegt) und mehr noch als Drehbuchautorin (La Boum - Die Fete) auf romantische Komödien spezialisiert. Dabei zeichnen sich ihre Filme zumeist durch eine eher oberflächliche Kurzweiligkeit aus. Ein wenig tiefer geht ihr neuer Wurf dann doch. Eine Gesellschaftskomödie mit Biss. Keine Satire, aber immerhin ein Schlagabtausch, der in seinen besten Momenten ironisch mit dem Thema „Liebe“ jongliert. Dabei werden die “Affären à la carte“ teils in Rückblenden erzählt, was dem Film eine gewisse Dynamik verleiht. Nichtsdestotrotz plätschert die Handlung vor sich hin und kann insgesamt nur bedingt fesseln.

Die Figuren sind mit viel Liebe aber wenig Fantasie gezeichnet. Den weitgehend überzeugenden Darstellern sei es gedankt, dass der handlungsarme Plot nicht in der Belanglosigkeit versinkt. Insbesondere Dany Boon („Willkommen bei den Sch’tis") und Emmanuelle Seigner („Schmetterling und Taucherglocke“) können hier punkten. Ihre gemeinsamen Auftritte gehören zu den Highlights dieser soliden Komödie.

Gary Rohweder
 

21. Juni erstes Jahr, 21. Juni zweites Jahr, 21. Juni drittes Jahr. Es handelt sich um den Geburtstag einer der elf Personen, die jedes Jahr an eben diesem Tag an einem ebenso festlichen wie gemütlichen Abendessen teilnehmen.

Da ist ML mit ihrem polnischen Mann Piotr, da ist ML’s Schwester, die mit ihrem Vater kein Wort mehr redet, da ist der beruflich ausgebrannte Krebsarzt mit seiner Frau, ebenfalls Ärztin, da ist der Macho, der sofort ein Verhältnis mit einer früheren Studienfreundin beginnt, obwohl – was er allerdings noch nicht weiß – seine Frau schwanger ist, da ist die solo erscheinende Tanzlehrerin, und andere.

Das ist ein Gerede und Getue, sie umarmen und küssen sich, auch wenn sie sich nicht leiden können. Viel wird geschwatzt, gelacht und getrunken, viel wird geschmeichelt und geheuchelt – high life.

Sie treffen sich wie gesagt jedes Jahr, doch während der hier geschilderten Jahrestage geschieht manches: Glück oder Leid, Affären oder Trennungsgedanken, Sex oder Streit, Alltag und Einsamkeit, Versöhnung oder Misstrauen und Scheinheiligkeit. Wie das normalste Leben halt so spielt.

Die Atmosphäre ist ganz und gar gelungen, außerdem stand ein Darstellerensemble zur Verfügung, das über Kritik erhaben ist: Emmanuelle Seigner etwa und Patrick Chesnais, Pierre Arditi und Dany Boon sowie weitere.

Die Regisseurin Daniele Thompson ist eine Meisterin ihres Fachs. Es wirkt alles improvisiert, huschend, wie von selbst, zufällig und doch natürlich und intensiv. Wie gesagt improvisiert – das aber so perfekt zu erreichen ist wohl die gelungenste Form des Gesellschaftsdramas, wie wir es hier haben. Also Hut ab vor einem solchen Drehbuch und einer derartigen inszenatorischen Leistung!

Ein höchst gelungenes Gesellschaftsbild aus Paris. Als Unterhaltungsstoff ein Vergnügen.

Thomas Engel