Seit fast 200 Jahren gibt es Bilder, bewegt sind sie seit gut 130 Jahren. Inzwischen gibt es kaum noch etwas, das nicht gefilmt und dann ausgestrahlt oder gepostet wird. Wir leben in einer Kakophonie der Bilder, was unweigerlich Konsequenzen auf das Miteinander hat. Welche, das versuchen die Regisseure Axel Danielson und Maximilien van Aertryk in ihrem essayistischen Dokumentarfilm „And the King said what a Fantastic Machine“ zu ergründen.
Dänemark / Schweden 2023
Regie & Buch: Axel Danielson & Maximilien van Aertryk
Dokumentarfilm
Länge: 88 Minutecn
Verleih: Little Dream Pictures/ Central
Kinostart: 22. Februar 2024
FILMKRITIK:
Ganz genau weiß man es nicht: Irgendwann im Jahre 1826 oder 1827 nahm Nicéphore Niépce das erste Foto der Geschichte auf, ein Blick aus seinem Fenster auf benachbarte Dächer. Seitdem hat sich viel getan, von den Experimenten Louis Daguerres oder Eadweard Muybridges, über die ersten Filme der Lumière Brüder oder Georg Méliès, bis zur Gegenwart, in der es fast so viele Handys wie Menschen gibt.
Es gibt nichts mehr, das nicht gefilmt wird, es scheint auch nichts wichtigeres mehr zu geben, als zu filmen oder zu fotografieren, vor allem sich selbst: vor berühmten Gemälden oder Gebäuden, beim Kochen oder beim Sex, beim Computerspielen oder Fernsehen. Eine Form von Narzissmus, die zwangsläufig auch Auswirkung auf das reale Leben haben muss, was auch immer man noch als das reale Leben bei Menschen bezeichnen kann, die einen erheblichen Teil ihres Lebens Online verbringen.
Das schwedische Regieduo Axel Danielson und Maximilien van Aertryk hat sich in den letzten Jahren in Kurzfilmen mit menschlichem Verhalten beschäftigt, mit der Selbstwahrnehmung und der Frage, wie man auf andere wirkt. In ihrem Langfilmdebüt „And the King said what a Fantastic Machine“ erweitern sie den Blick nun auf das ganz große Ganze, das natürlich viel zu groß, komplex und widersprüchlich ist, um in einem 85 Minuten kurzen Film ergründet zu werden.
In dieser kurzen Zeit rast das Duo durch die Mediengeschichte, beginnt mit Passanten, die staunend eine Camera Obscura entdecken, blickt auf die Anfänge des Kinos, schwenkt youtube und Instagram über und kehrt dabei immer wieder zur Frage der Bildmanipulation zurück. Diese ist keine neue Erfindung, im Gegenteil. Schon der erste, vorgeblich dokumentarische Film der Lumière-Brüder, der Arbeiter zeigt, die eine Fabrik verlassen, war in gewisser Weise inszeniert und so ging es weiter. Von Leni Riefenstahl, die auch zur eigenen Verteidigung behauptete, dass ihre Nazi-Propagandafilme wie „Triumph des Willens“ reine Dokumentationen waren, bis zur Gegenwart, wo die Behauptung, dies oder das seien Fake News, dazu beiträgt, die Grundlagen der Demokratie zu zerstören.
In einem der eindringlichsten Momente des Films sieht man in Bildern von 1961 den damaligen irischen Präsidenten Éamon de Valera, der zur Einführung des Fernsehens in seinem Land, einen Vergleich mit der Atomkraft macht: Beide Technologien könnten sehr viel Gutes schaffen, aber auch irreversiblen Schaden verursachen.
Ein vielleicht drastisch anmutender Vergleich, der sich aber längst bestätigt hat. Wenn man auf youtube etwa durchaus nützliche Videos findet, die erklären, wie man sich befreien kann, wenn man in Eis einbricht oder wie man seinen Kühlschrank abtaut, daneben aber auch auf Videos stöst, in denen haarklein erklärt wird, wie man eine Bombe baut.
Das entscheidende wird nun sein, wie Menschen mit diesem Überfluss an Informationen und Bildern umgehen, vor allem mit der zunehmenden Zahl manipulierter Bilder. Medienkompetenz lässt sich lernen, ein Beitrag liefert dieser Dokumentarfilm, der bei der Berlinale daher durchaus passend in der Sektion Generation gezeigt wurde. Gerade für Vertreter jüngerer Generationen, die seit ihrer Geburt mit Bildern bombardiert werden, sich dazu gedrängt sehen, sich durch Bilder darzustellen, die den Wert anderer oft an möglichst grellen, gestylten Bildern festmachen, sollte „And the King said what a Fantastic Machine“ zum Pflichtprogramm gehören, eingebettet in die notwendigen Diskussionen, zu denen dieser Dokumentarfilm einlädt.
Michael Meyns