Anderland

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Ein Mann wird in einer kargen Einöde abgesetzt und in eine seelenlos kalte Stadt gebracht. Dort führt er ein vorgefertigtes und freudloses Leben, ohne sich jedoch seinem Schicksal zu ergeben. Die bitterböse Gesellschaftssatire aus Norwegen ist ein wenig substanzschwaz, kann aber formal überzeugen und ist im positiven Sinne absurd.

Ausgezeichnet mit dem Grossen Preis der Jury: NIFFF Neuchâtel Intl. Fantastic Film Festival
Meliès d'Argent für den besten Spielfilm: NIFFF Neuchâtel Intl. Fantastic Film Festival

Webseite: www.zorrofilm.de

OT: The Bothersome Man/ Den Brysomme Mannen
Norwegen 2006
Originaltitel: Den Brysomme Mannen
Regie: Jens Lien
Darsteller: Trond Fausa Aurvåg, Petronella Barker, Per Schaaning, Birgitte Larsen, Johannes Joner, Ellen Horn, Anders T. Andersen, Sigve Bøe
90 Minuten
Verleih: Zorro Film
Kinostart: 04.10.2007

PRESSESTIMMEN:

Die rätselhafte und unheimliche Welt erinnert an frühe David Lynch-Filme, an die geheimnisvolle visuellen Kompositionen eines Roy Andersson (SONGS FROM THE SECOND FLOOR) und in seiner absurden Komik und beklemmenden Dramatik an BRAZIL.
Variety

Weitere Pressestimmen unter film-zeit.de hier...

FILMKRITIK:

In einer kargen Wüstenlandschaft hält ein Bus, wendet und fährt zurück, von wo er gekommen ist. Nicht jedoch ohne seinen einzigen Passagier zurückzulassen: Andreas. Und obwohl der keine Ahnung hat, wie und warum er hier hergekommen ist, wird er von einem einköpfigen Empfangskomitee Willkommen geheißen. Man fährt ihn in eine nahe gelegene Stadt, wo ihn bereits ein möbliertes Appartement, frische Kleidung und ein beliebiger Job mit durchweg freundlichen Kollegen erwarten. Ein vorgefertigtes Leben, welches der zwischen Resignation und Orientierungslosigkeit schwankende Andreas mehr oder weniger gewissenhaft ausfüllt. Selbst eine neue Lebensgefährtin ist schnell gefunden, die ihm mit mechanischem Sex und ihrem grenzenlosen Faible für Innendekoration die freie Zeit vertreibt.
 

Sehr bald schon lässt das freudlose Dasein in dieser gefühlskalten Stadt erste Zweifel in Andreas aufkeimen. Er wundert sich zu Recht über die Oberflächlichkeit seiner Mitmenschen, das Nichtvorhandensein von Kindern und Tieren, den fehlenden Geschmack von Essen, die ausbleibende Wirkung von Alkohol und so manches mehr, an das er sich zu erinnern glaubte. Die Affäre mit einer Arbeitskollegin sorgt zunächst für Abwechslung, doch hat auch diese keine andauernde Wirkung. So fügt Andreas sich weiter seinem Schicksal und schwimmt mit der eintönigen Masse mit. Erst die Bekanntschaft mit Hugo, der seine Sehnsüchte zu teilen scheint, bringt die Wendung in Andreas trostlosem Leben. Im Keller des Leidensgenossen findet sich ein kleiner Spalt in der Wand, aus dem Musik und ein feiner Geruch strömt. Dahinter vermutet Andreas so etwas wie eine „andere Seite“ und beginnt zu graben...

Jens Liens („Johnny Vang“) bitterböse Gesellschaftssatire zeigt eine perfekt funktionierende Welt ohne Emotionen. In stilisierten Bildern lässt er ein seelenloses Paradies entstehen, welches - leer und kalt - die gewünschte Beklemmung versprüht. Eine gespenstisch nette Parallelwelt, in der alles irgendwie im Nichts zu enden scheint. Ähnlich verhält es sich auch mit den durch die sehr stimmige Musik des Films getragenen Spannungsmomenten, die sich aufbauen um sodann wieder zu verpuffen. Denn wenngleich es ANDERLAND formal gelingt zu beeindrucken und durch seine absurde Komik und surreale Dramatik zu überzeugen, fehlt der Geschichte doch immer wieder die Substanz. So wirkt er streckenweise wie ein in die Länge gezogener Kurzfilm. Eine Erzählung, der man letztlich eine konsequentere Umsetzung gewünscht hätte. Doch anstatt ab einem dramaturgisch sinnvollen Punkt von der gewählten Erzähllinie abzuweichen und den Zuschauer durch die Vertiefung der oberflächlich intelligenten Geschichte zu überraschen, beschränkt sich der Film auf die von Anbeginn erkennbare Ebene. So funktioniert der Film zwar allemal als absurdes Portrait einer abgestumpften Gesellschaft, doch hinterlässt er darüber hinaus einen eher unbefriedigenden Gesamteindruck.

Gary Rohweder