Another Earth

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Nach einem Unfall mit Todesfolgen erhofft sich eine von Schuldgefühlen gequälte junge Frau von der am Firmament aufgetauchten zweiten Erde eine bessere Welt. Doch bis sie vielleicht einen Raumflug dorthin gewinnt, nähert sich Rhoda unerkannt an den Mann an, der durch ihre Schuld Frau und Kind verlor. Hauptdarstellerin Brit Marling und Regisseur Mike Cahill gelang mit ihrem Sundance-Erfolg „Another Earth“ eine packende Kombination aus Drama und Science Fiction.

Sundance Film Festival 2011 Spezialpreis der Jury

Webseite: www.foxsearchlight.com/anotherearth

USA 2011
Regie, Produktion, Drehbuch, Kamera und Schnitt: Mike Cahill
Drehbuch: Brit Marling, Mike Cahill
Darsteller: Brit Marling, William Mapother
Länge: 92 Min.
Verleih: Twentieth Century Fox
Kinostart: 1. Dezember 2011

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

2011 wird das Jahr der Sternengucker: Nach von Triers „Melancholia“ und Malicks „The Tree of Life“ beeindruckt nun auch „Another Earth“ mit kosmologischer Kinematografie. Während eine eindrucksvolle Himmelserscheinung beim dänischen Drama das Ende bedeutet, erweckt sie bei Rhoda Williams (Brit Marling) neue Hoffnungen. Eine andere, zweite Erde taucht am Firmament auf - und ist nicht ganz unschuldig an einem furchtbaren Unfall mit tödlichen Folgen. Im Partyrausch verursacht Rhoda eine Katastrophe und muss vier Jahre ins Gefängnis. In dieser Zeit ist der Erd-Zwilling näher gekommen, Regierungen versuchen, Kontakt aufzunehmen, und ein Unternehmen bietet schon Weltraum-Riesen zu „Earth 2“ an.

Die an Astrologie interessierte Rhoda verschließt sich nach der Haftstrafe. Sie wohnt bei den Eltern, nimmt einen Putzjob an, während ihre Kommilitonen eine Unikarriere vermuten. Die junge Frau spricht nicht viel und versucht eines Nachts, einfach zu erfrieren. Als dies nicht gelingt, beschließt sie, sich beim Überlebenden des Unfalls zu melden, sich so ihrer Schuld zu stellen. Doch bei der Begegnung an der Haustür des ehemals bekannten Komponisten John Burroughs (William Mapother), der Frau und Kind verlor, verliert sich ihr Quäntchen verzweifelten Mutes. Rhoda erzählt, sie sei von einem Putzdienst und biete eine Probe-Reinigung an, gratis. Zögerlich nimmt John an, die Wohnung des trinkfreudigen Mannes muss tatsächlich dringend aufgeräumt werden. Über diesen Weg nähern sich die beiden zögerlich an, sie nehmen beim Spiel mit der Wii erstmals entspannt Kontakt auf. Rhodas große Hoffnung liegt allerdings auf einem Preisrätsel mit einer Reise zu Earth 2 als Hauptgewinn. Denn mittlerweile hat Funkkontakt herausgebracht, dass der Blaue Planet am Himmel eine exakte Kopie ist, auf der sogar die gleichen Menschen leben. Denn vielleicht hat dort der Unfall nicht stattgefunden...

Hauptdarstellerin Brit Marling und Regisseur Mike Cahill entwickelten zusammen das Drehbuch zu diesem Drama mit Science Fiction-Elementen, das beim Sundance Film Festival 2011 den Spezialpreis der Jury und den Alfred P. Sloane Preis erhielt. Ihnen gelang ein schlüssiges und eindrucksvolles Bild des neuen Planeten als zweite Chance. So wie früher Kontinente mit Straffälligen besiedelt wurden, wie Rhoda in ihrer Bewerbung für das Flug-Ticket schreibt. Innere Welten werden auf das All projiziert, die Parallelwelt macht aus Selbstzweifeln ein universales Schauspiel, in dem sich viele Ideen durchdenken lassen: „Wir sind selber unser Spiegelbild“, heißt es im Film.

Mike Cahill arbeitet bei seiner Inszenierung mit angerissenen Bildern, viele Überblendungen und Ausschnitten. Trotz des galaktischen Bezugspunktes konzentriert sich der ruhige Film auf seine Figuren. Dabei beeindruckt Hauptdarstellerin Brit Marling enorm. Dazu fügen sich einige berührende Momente wie Johns Solo mit singender Säge und zerrissene Figuren wie Rhodas indianischer Kollege, der sich angesichts einer unerträglichen Welt mit Säure blendet. Cahill und Marling finden für ihre traumatisierten Protagonisten eine andere, überraschende Lösung und ein doppelt offenes Ende. Dieses wird wie der Film selbst für angeregte Diskussionen sorgen.

Günter H. Jekubzik

Rhoda Williams ist eine hochbegabte junge Frau. Sie will Astrophysikerin werden. Doch eines Tages verursacht sie einen schrecklichen Unfall, bei dem die Familie des Komponisten John Burroughs ums Leben kommt. Sowohl Johns als auch Rhodas Leben sind von einem Tag auf den anderen kaputt.

Rhoda versucht nach längerer Zeit sich dem völlig abgesunkenen John anzunähern. Sie gibt vor, von einer Reinigungsfirma geschickt worden zu sein, um sich um seinen verwahrlosten Haushalt zu kümmern. Vermutlich ist sie gekommen, um ihn um Verzeihung zu bitten. Doch sie wagt nicht, die Wahrheit zu sagen.

Es entsteht eine schwierige Beziehung zwischen den beiden, die letztlich doch zur Liebe wird. Aber als John die Wahrheit erfährt, ist alles wieder in Frage gestellt.

Doch wohl nicht für immer.

Eine völlig andere, zweite Schiene verfolgt der Film ebenfalls. Wie wäre es, wenn es noch eine Möglichkeit (eine „andere Erde“) gäbe? Wie, wenn man sich selbst begegnen könnte? Wie, wenn im Universum ein Doppelgänger existieren würde? Könnte man dieser Person verzeihen, was sie getan hat? Hätte das Leben nicht anders verlaufen können? Bestünde nicht die Möglichkeit, den schlimmsten Fehler ihres Lebens rückgängig zu machen? Symbolisiert wird das alles durch Rhodas angestrebten Beruf sowie durch die immer wieder aufscheinende „zweite Erde“ am Firmament.

Sehr stringent ist die Verbindung des menschlichen Dramas mit der eher der Science Fiction zuzuordnenden „anderen Erde“ auf keinen Fall. Aber der Autor wollte eben etwas Außergewöhnliches und wenn möglich Originelles.

Immerhin ist noch genug vorhanden, das den Film interessant macht: die durchgehende Stimmung, der in diesem Fall passende verzögerte Rhythmus, die Tragödie als solche, die handwerklich geglückte Inszenierung von Autor und Regisseur Mike Cahill und nicht zuletzt das hervorragende Spiel von Brit Marling als schuldbeladene Rhoda sowie von William Mapother als ins Unglück gestürzter John.

Thomas Engel