Apple Stories

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Die Wahrnehmung des Konzerns mit dem angebissenen Apfel ändert sich: Einerseits ist Apples Kult-Status ungebrochen, die Welt fiebert nach wie vor den neuen Gadgets aus Cupertino entgegen. Andererseits werden immer mehr Geschäftspraktiken bekannt, mit denen der Konzern Mitarbeiter mundtot macht, Arbeiter ausbeutet oder Steuern spart. Der Hamburger Dokumentarfilmer Rasmus Gerlach folgte Apples Spuren bis in die Zinnminen Ruandas.

Webseite: www.realfictionfilme.de

Deutschland 2012
Regie, Buch: Rasmus Gerlach
Länge: 83 Minuten
Verleih: Real Fiction Filmverleih
Kinostart: 22. August 2013

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

17. September 2011: Am Hamburger Jungfernstieg eröffnet Deutschlands größter Apple-Store. 1500 Kunden wollen die ersten sein, die das pompöse Geschäft betreten, einige von ihnen haben gar davor übernachtet. Während in den Auslagen am Jungfernstieg die neuesten Apple-Produkte glänzen, machen sich so genannte Handy-Doktoren auf St. Pauli an die Reperatur gebrauchter Geräte. Dabei gehen sie nicht zimperlich vor und erhitzen Handys schon mal im Backofen. So können feine Harrisse im Zinn wieder verschlossen werden. Aber woher kommt das Metall eigentlich? Dokumentarist Rasmus Gerlach folgt der Spur des Zinns bis nach Ruanda, wo bettelarme Bauern das Metall für 40 Euro im Monat und in Flip-Flops aus dem Gestein holen. Der Weg führt Gerlach weiter nach China, wo eine NGO mit gewagten Aktionen darauf aufmerksam macht, wie die Arbeiter bei Apples Zulieferer Foxconn gegängelt und ausgebeutet werden. Bei einem illegalen Hersteller von Zubehör dreht er, wie die Handy-Herstellung funktioniert.

Mit „Apple Stories“ greift Rasmus Gerlach ein topaktuelles Thema auf, das mittlerweile nicht mehr nur NGO‘s beschäftigt, sondern in den Mainstream-Medien angekommen ist. Wie kann es sein, das ein sich so fortschrittlich gebender Konzern, der weltweit Milliarden verdient, so rücksichtslos agiert? Wer Gerlachs Film sieht, kann oft nicht glauben, mit welchen Methoden Apple arbeitet. So berichtet ein Mitarbeiter des Hamburger Apple-Stores anonym, Kamera-Überwachung sogar in den Umkleidekabinen sei an der Tagesordnung; Gespräche mit der Presse sind nicht gestattet. Und Foxconn spannt in China Netze unter die Fenster der Schlafsäle der Arbeiter, damit die sich nicht zu Tode stürzen. Dagegen schneidet Gerlach Steve Jobs, der kurz vor seinem Tod kalt sagt, die Selbstmordrate der Foxcon-Arbeiter liege immer noch unter dem Durchschnitt der Amerikaner.

Diese Dinge waren dem, der sich dafür interessiert, schon früher bekannt. Aber in ihrer Konzentration machen sie wütend. Rasmus Gerlach deckt aber auch spannende neue Details auf. Etwa die brisante, aber bisher unbekannte Rolle der deutschen Firma H.C. Starck, einem der weltweit führenden Experten für das Recyceln seltener Metalle.

Hier allerdings zeigen sich auch Probleme in Gerlachs Film. So wäre es besser gewesen, einen Profi den Kommentar sprechen zu lassen, und auch die Bildgestaltung entwickelt wenig kinogerechten Charakter. Vor allem aber wirkt die Montage etwas wirr. Gerlach springt zwischen den vielen Schauplätzen des Films hin und her, es gelingt ihm selten, über einen stringenten Erzählfluss die globalen Ströme sichtbar werden zu lassen, die aus Einzelteilen ein Apple-Produkt machen. H.C. Starck etwa wird erwähnt, dann aber wieder fallen gelassen, das Problem der Konfliktmineralien nur ungenau beleuchtet. Dabei gelingen Gerlach wirklich spannende Szenen, zum Beispiel wenn er mit Foxconn-Mitarbeitern ins Gespräch kommt, bis ein Wärter dazwischengeht. Man wünschte sich nur, dass diese gute Arbeit etwas besser zur Geltung gebracht würde.

Oliver Kaever