Schon unzählige Male hat Rom als Kulisse für filmische Verwicklungen gedient. Auch die Tragikomödie „Bella Roma – Liebe auf Italienisch“ schickt ihre beiden Protagonisten, ein älteres Ehepaar, in die Ewige Stadt, wo sie selbstredend keine Entspannung finden, sondern plötzlich mit großen Lebensfragen und früheren Entscheidungen konfrontiert werden. Was eine berührend-sympathische Auseinandersetzung mit Ängsten, Enttäuschungen und Hoffnungen hätte werden, entpuppt sich leider als halbgarer Mix aus Klamauk und großem Drama.
Über den Film
Originaltitel
Rome
Deutscher Titel
Bella Roma – Liebe auf Italienisch
Produktionsland
DNK,ITA,SWE
Filmdauer
99 min
Produktionsjahr
2024
Produzent
Hjortdal, Andreas / Morthorst, Jesper
Regisseur
Bendixen, Niclas
Verleih
24 Bilder Film GmbH
Starttermin
03.07.2025
„Zurück in die Vergangenheit!“, heißt es in Niclas Bendixens zweiter Kinoarbeit für die rüstige Gerda (Bodil Jørgensen), die als junge Frau in Rom einst Kunst studierte. Anlässlich ihres 40. Hochzeitstages reist sie – ein Geschenk ihrer Tochter – mit ihrem Gatten Kristoffer (Kristian Halken, auch als Koautor involviert) in die italienische Kapitale. Vom Eintauchen ins dolce vita ist allerdings schon bei der Fahrt vom Flughafen zum Hotel nicht viel zu spüren. Kristoffers Koffer hat den Urlaubsort nicht erreicht, was ihn in seiner Abneigung gegen das Fliegen nur noch mehr bestärkt.
Während er sich in der Unterkunft erst einmal von den Strapazen erholen muss, wandelt Gerda schnell auf alten Spuren und wird dabei auch von schmerzhaften Erinnerungen verfolgt. In einem Lokal treffen die Eheleute kurz darauf Gerdas früheren Dozenten Johannes (Rolf Lassgård), der die beiden zu einer kleinen Privatparty in seine Wohnung einlädt. Von köstlichem Wein beseelt, verstehen sich die Männer zunächst prächtig. Doch dann bemerkt Kristoffer eine beunruhigende Vertrautheit zwischen seiner Frau und ihrem ehemaligen Lehrer. Schon bald trennen sich die Wege der Romurlauber immer häufiger. Und zunehmend drängt sich die Frage auf, ob ihre Ehe noch eine Zukunft hat.
Wahrscheinlich kommt jeder Mensch irgendwann einmal in seinem Leben an einen Punkt, an dem er verpassten Chancen nachtrauert und darüber sinniert, was gewesen wäre, wenn er andere Wege eingeschlagen hätte. Ihre Rückkehr nach Rom bringt Gerda dazu, alles auf den Prüfstand zu stellen: Ist sie glücklich? Liebt sie Kristoffer noch? Waren sie nicht schon immer grundverschieden? Sie, die neugierige Abenteurerin, und er, der etwas ungehobelte, stets flapsige Langweiler. Warum hat sie ihren Traum von der Kunst eigentlich aufgegeben und sich in die Bequemlichkeit einer bürgerlichen Existenz geflüchtet?
„Bella Roma – Liebe auf Italienisch“ umkreist klassische Themen, wenn es um Filme über Figuren im fortgeschrittenen Alter geht, gewinnt diesen aber durchaus schöne Momente ab. Etwa, wenn Gerda allein zu einer Verabredung mit Johannes aufbricht und Kristoffer, ihr sehnsüchtig nachblickend, darauf hofft, sie möge sich noch einmal umdrehen. Seine Liebe ist ungebrochen und seine Verlustangst groß, will uns diese Szene sagen.
Derartige Augenblicke sind auch deshalb ergreifend, weil die mitunter fast dokumentarisch wirkende Kamera oft dicht an die Protagonisten heranrückt und den Hauptdarstellern ausreichend Gelegenheit gibt, kleine Emotionen zu zeigen. Bodil Jørgensen und Kristian Halken spielen ihre gegensätzlichen Charaktere überzeugend. Nur leider schlingert das Drehbuch viel zu oft unentschlossen zwischen platten Späßen und großem Ernst hin und her. Natürlich erleichtert sich Kristoffer, dessen Blasenproblem schon in den ersten Minuten etabliert wird, im Trevi-Brunnen – was ihn in den Knast bringt, wo er sich wiederum erstaunlich despektierlich über seine Gattin äußert. Absurde Einlagen wie diese beißen sich mit den Offenbarungen und Schicksalsschlägen, die sich rund um Gerda auftun. Häufig hat der Film Schwierigkeiten, die Balance zu finden.
Wie viele Regisseure vor ihm umarmt auch Niclas Bendixen den Larger-than-life-Charakter Roms, das opernhafte Image der Stadt am Tiber, die einer einzigen großen Bühne zu gleichen scheint. Zum wegweisenden Ratgeber für Kristoffer wird ein als Centurio verkleideter Schausteller (Massimo Cagnina), der zusammen mit einem Müllmann plötzlich mitten auf der Straße die Kanzone „La donna è mobile“ aus Giuseppe Verdis „Rigoletto“ zum Besten gibt. Die Grenzen zwischen witziger Überhöhung und Klischee sind oft fließend.
Ein wandelnder Stereotyp ist auf jeden Fall der von Rolf Lassgård mit viel Enthusiasmus verkörperte Johannes, der reihenweise Rom-Plattitüden und Kalendersprüche hinausposaunt. Über das einstige Machtgefälle zwischen ihm, dem Lehrenden, und seiner damaligen Studentin und Loverin geht der Film allzu bedenkenlos hinweg. In gewisser Weise verrät bereits der banale deutsche Verleihtitel, was uns in „Bella Roma – Liebe auf Italienisch“ erwartet: ein Postkartenausflug mit wenig echtem Tiefgang. Wie man eine ganz ähnliche Geschichte gehaltvoller erzählt und inszeniert, zeigt beispielsweise Roger Michells Comedy-Drama „Le Weekend“ von 2013, in dem Lindsay Duncan und Jim Broadbent als Ehepaar während eines Paris-Aufenthalts in eine Krise schlittern.
Christopher Diekhaus