Bessere Zeiten

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Armut, Alkoholismus, Gewalt, desolate Familienstrukturen und Kindheitstraumata - für ihr Regiedebüt „Bessere Zeiten“ suchte sich Pernille August, die schwedische Lieblingsschauspielerin des Kultregisseurs Ingmar Bergmann, ein wahrlich düsteres Sujet aus. Doch nicht zuletzt dank der großartigen Hauptdarstellerin Noomi Rapace geht ihr zutiefst menschliches Sozialdrama unter die Haut. Der überragende Shootingstar aus der spektakulären „Millenium-Triologie“ spielt so glaubhaft, dass es schmerzt.

Webseite: www.besserezeiten-derfilm.de

OT: Svinalängorna
Schweden 2010
Regie: Pernilla August
Drehbuch: Lolita Ray, Pernilla August
Darsteller: Noomi Rapace, Ola Rapace, Outi Mäenpää, Ville Virtanen, Tehilla Blad, Alpha Blad, Junior Blad, Selma Cuba Länge: 94 Minuten
Verleih: NFP marketing & distribution
Kinostart: 8.12.2011

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Düstere Familiengeheimnisse scheinen die Spezialität unserer skandinavischen Nachbarn und das nicht erst seit Thomas Vinterbergs „Das Fest“. Verborgen hinter der nach außen hin bürgerlichen Fassade tun sich nicht selten Abgründe auf. Das zeigt auf packende Weise auch das Regiedebüt von Pernilla August, der einstigen Lieblingsschauspielerin von Ingmar Bergman. Ihr perfekt inszeniertes psychologisches Sozialdrama um traumatische Wunden, die kaum heilen, besticht nicht nur durch klare, rhythmische Bilder. Im Mittelpunkt der ergreifenden Literaturverfilmung von Susanna Alakoskis semibiographischen Romanbestseller steht zudem die charismatische schwedische Schauspielerin Noomi Rapace.

Die 31ährige feierte ihren internationalen Durchbruch mit der Verfilmung von Stieg Larrsons brisanter Kulttriologie. Brillant verkörperte der Shootingstar mit fast unheimlicher Präsenz die ungewöhnliche Hauptfigur. Auch diesmal wieder spielt sie eine junge Frau, die psychische und physische Misshandlungen erlitt, sich aber weigert, die ihr zugedachte Opferrolle anzunehmen. Doch im Unterschied zur spektakulären Punk-Lady Lisbeth Salander, verdrängt die glücklich verheiratete Leena ihr Kindheitstrauma bewusst. Sie will sich ihrer Vergangenheit nicht stellen. Aber auch sie muss erkennen, dass einen das Schicksal immer wieder einholt.

Völlig überraschend erhält Leena einen Tag vor Weihnachten einen Anruf aus dem Krankenhaus ihrer südschwedischen Heimatstadt Ystad. Eine Krankenschwester teilt ihr mit, dass ihre Mutter Aili (Outi Mäenpää), im Sterben liegt. Von einer Sekunde auf die andere brechen alte Wunden auf. Die inzwischen 34jährige wehrt sich dagegen. Schließlich hat sie lange gekämpft, um ihre Kindheit hinter sich zu lassen. Sie will mit ihrer Mutter nichts mehr zu tun haben. Aber ihr Mann Johan (Ola Rapace) drängt die junge Frau sich gemeinsam mit ihren beiden kleinen Töchtern auf den Weg zu machen. Auf der Fahrt überfallen Leena ihre schmerzhaften Erinnerungen.

Drastische Szenen aus ihrer Kindheit zwingen Leena, sich mit den Schatten der Vergangenheit auseinander zu setzen. Nahe am emotionalen Zusammenbruch erleidet sie erneut, wie ihre Eltern nach und nach dem Alkohol verfallen, während sie verzweifelt versucht, ihren kleinen Bruder Sakari (Junior Blad) zu beschützen. Zwischen Schwimmwettkämpfen und Treffen mit ihrer besten Freundin bemüht sich das ernsthafte Mädchen (Tehilla Blad) krampfhaft, den Schein der Normalität zu wahren. Eine Normalität, die nie existierte. Schonungslos führt das beeindruckende Sozialdrama dabei in langen Rückblenden die Hilflosigkeit von Kindern in alkoholkranken Familien vor Augen. Bemerkenswert ausdrucksstark und sehr authentisch verkörpert neben der herausragenden Noomi Rapace vor allem die 15jährige Tehilla Blad das Mädchen Leena. Bereits in der Millenium-Triologie spielte sie jeweils den Part der jungen Lisbeth Salander.

Luitgard Koch

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