Beule – zerlegt die Welt

Es gibt nur sehr wenig Filmkomödien, denen es gelingt, die Pointendichte bis zum Abspann konsequent hochzuhalten. Vielen geht im letzten Drittel die Puste aus, die Pointen kommen seltener, die Handlung wird vorhersehbar. „Beule zerlegt die Welt“ ist eine der wenigen Ausnahmen. 

Janek Riekes handwerklich atemberaubend perfekte Film-Farce ist ein tolles Zwerchfell-Training – es gibt viel zu lachen, und zwar von der ersten bis zur allerletzten Sekunde, wobei Rieke in der Wahl seiner filmischen und komödiantischen Mittel absolut nicht zimperlich ist. Dass sein „Beule“ die Welt zerlegt, darf man ruhig wörtlich nehmen. 

 

Über den Film

Originaltitel

Beule – zerlegt die Welt

Deutscher Titel

Beule – zerlegt die Welt

Produktionsland

DEU

Filmdauer

79 min

Produktionsjahr

2022

Produzent

Büchel, Lars / Hoefflin, Bernd T. / Rieke, Janek

Regisseur

Rieke, Janek

Verleih

Filmwelt Verleihagentur GmbH

Starttermin

11.09.2025

 

„Arm, aber glücklich“ – so kann man Anja und Olli charakterisieren, die in ihrem Freundeskreis als Vorzeigepaar gelten. Die Einnahmen aus ihrer Bootsreparaturwerkstatt reichen allerdings kaum zum Leben, das Hausdach hat Löcher wie ein Schweizer Käse, und Olli muss zusätzlich zur See fahren, um den Laden am Laufen zu halten … aber sie haben ja einander! Doch das reicht Anja bald nicht mehr aus, sie möchte zu dritt sein, sie will ein Kind. Olli wehrt sich mit Händen und Füßen, alles soll so bleiben, wie es ist. Neben anderen Gründen misstraut er selbst seiner Impulskontrolle. Sein Spitzname „Beule“ kommt nämlich nicht von ungefähr: Auf seinen Seefahrten muss er schon mal ein paar Tage lang in den Schrank gesperrt werden, um größere Sachschäden an Schiff und Besatzung zu verhindern. Der Junge ist einfach zu temperamentvoll. 

 

Doch gegen Anja und ihre Überzeugungskraft hat Olli keine Chance, und so ist bald Nachwuchs unterwegs. Doch die Schwangerschaft mit ihren Amok laufenden Hormonen macht aus der liebenswerten Anja eine ungenießbare Tyrannin, die Olli unter anderem mitten in der Nacht zum Eisholen zur Tanke schickt. Nach einer Weile macht er das ganz gern, denn auf diese Weise kann er die hübsche Tankstellenverkäuferin Mia wiedersehen … Wer kann denn ahnen, dass sich Mia ausgerechnet den Moment aussucht, als bei Anja die Wehen einsetzen und Olli sie ins Krankenhaus bringen will, um die Sache mit der Dreiecksbeziehung zu klären. Was dann folgt, ist mit „totales Chaos“ nur sehr unzureichend beschrieben.

 

„Beule zerlegt die Welt“ ist wild, ungestüm, überbordend und unerhört komisch. Janek Rieke, der nicht nur für die Regie verantwortlich zeichnet, sondern auch das Drehbuch geschrieben hat und die Hauptrolle spielt, ist eine handwerklich perfekte Filmkomödie gelungen. Rieke ist, was das komödiantische Timing angeht, geradezu begnadet, nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Regisseur. Der Rhythmus, in dem in „Beule …“ die Pointen gesetzt werden ist makellos, am Timing dieses Komödianten-Ensembles könnte sich die Braunschweiger Atomuhr orientieren. 

 

Aus diesem Ensemble sticht neben Rieke selbst, der von der ganz großen Geste bis zum lieben Augenaufschlag alles perfekt serviert, vor allem Julia Hartmann als Anja heraus. Sie liefert zwischen „sanft und niedlich“ und „härter als Tyson“ eine riesige Bandbreite ab und schafft es sogar noch, im größten Chaos leise Zwischentöne unterzubringen. Das ist ganz großes, komisches Kino!

 

Aber Achtung: „Beule zerlegt die Welt“ ist eine waschechte Farce und unter anderem deshalb nur bedingt geeignet für feingeistige Cineasten mit schwerintellektuellem Anspruch. Janek Rieke malt gelegentlich mit dem ganz breiten Pinsel und scheut auch nicht vor Ausflügen in die Untiefen des Klamauks zurück – alles zum Vergnügen des Publikums, denn wer sich auf diese wilde Achterbahnfahrt aus absurden Situationen einlässt, wird 79 Minuten lang vor Lachen kaum zum Atmen kommen. 

 

Der Film wurde übrigens ohne Fördermittel mit einem relativ kleinen Budget realisiert, was man ihm jedoch nicht ansieht. Im Gegenteil: Die Menge an Sachschaden, die hier komödiengerecht verursacht wird, ist durchaus beeindruckend, das Ensemble besteht aus hochkarätigen Komödien-Profis in bester Spiellaune, und für Drehbuch und Regie zeichnet ein Filmemacher verantwortlich, von dem man unbedingt mehr sehen will. Also ab ins Kino zum Ablachen!

 

Gaby Sikorski

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