Bis zum Ellenbogen

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Zwei Männer, eine Leiche und ein große Verlockung. Das Regiedebüt von Justus von Dohnányi begeistert als kurzweiliges Roadmovie, obwohl es bekannten und manchmal vorhersehbaren Storymustern folgt. Neben dem Regisseur spielen Jan Josef Liefers und Stefan Kurt als ungleiches Paar in den Hauptrollen, während bekannte Gesichter wie Antoine Monot Jr., Devid Striesow und Óscar Ortega Sánchez kurze Gastauftritte haben.

Webseite: www.ellenbogen-derfilm.de

Deutschland 2007
Regie & Buch: Justus von Dohnányi
Darsteller: Jan Josef Liefers, Stefan Kurt, Justus von Dohnányi, Antoine Monot Jr., Susanne Wolff, Óscar Ortega Sánchez, Devid Striesow, Katharina Matz, Sophie Stierle, Luisa Lindner
84 Minuten
Verleih: Delphi
Kinostart: 1.11.2007

PRESSESTIMMEN:

Eine liebevoll verspielte Komödie mit feindosiertem schwarzem Humor.
DER SPIEGEL

FILMKRITIK:

9. Juni 2006 – ganz Deutschland freut sich auf den Beginn der Fußballweltmeisterschaft und das Eröffnungsspiel gegen Costa Rica. Achim (Jan Josef Liefers) hat Karten für das Match in München, am Vormittag muss er sich jedoch noch mit seinem neuen Mountainbike in den Schweizer Bergen austoben. In die Kurven geht er mit satter Geschwindigkeit, den Wanderer Willi (Stefan Kurt) sieht er deshalb zu spät. Es knallt, Achim fliegt im hohen Bogen ins Gebüsch – sein Rad ist hin, Willi hat nur einen Kratzer abbekommen. Zum Glück wird Sven (Justus von Dohnányi) Zeuge des Unfalls, der die beiden spontan in seine Ferienhütte bringt, um erste Hilfe zu leisten und die beiden mit Essen und Trinken zu versorgen. Das Männertrio könnte ungleicher nicht sein: Achim ist kapitalistischer Reißwolf und Yuppie klassischer Prägung, Willi armer Bastler und Hartz-IV-Empfänger und Sven erfolgloser Bankangestellter auf Sylt.
Dennoch verbringen die Drei ein paar Tage in der Ferienhütte, denn der Kopf des launischen Achims brummt nach wie vor und will gepflegt werden. Doch der Fahrradunfall bleibt nicht das einzige Missgeschick – durch die Verkettung besonders unglückliche Umstände und der Hinzunahme von reichlich Alkohol muss Sven auf makabre Weise das Zeitliche segnen. Nun ist es an Achim und Willi den Leichnam nach Sylt zu bringen, doch der Transport und die Reise an die Nordsee auf eigene Faust soll nicht so leicht wie gedacht über die Bühne gehen.

Eine Leiche in Comedy-Filmen ist ein beliebtes Stilmittel, um makabren und schwarzen Humor zu veranschaulichen. Vor allem dann, wenn man sie nicht versteckt, sondern sie lebendig aussehen lassen will. Das gab es zwar bereits in der 1989er Hollywood-Komödie „Immer Ärger mit Bernie“ und im letzten Erkan & Stefan-Film „Der Tod kommt krass“, doch das Regisseur Justus von Dohnányi höchstselbst den Toten mimt, zeugt schon von guten Humor und besonderer Stilsicherheit. Seine beiden Hauptdarsteller Jan Josef Liefers und Stefan Kurt tappen selbstverständlich in so manchen Fettnapf, während man sich nur gelegentlich über die Vorhersehbarkeit der einzelnen Pointen ärgert.

Es macht viel mehr eine wahre Freude, dem ungleichen Paar und ihrer Leiche auf ihrem Roadtrip durch Deutschland zu folgen, das mit seinen omnipräsenten Fahnen und Autoflaggen im schwarz-rot-goldenen Sommermärchen glückselig und beschwipst vor sich hin hüpft. Auf Fanfesten in Hamburg wird die Leiche unerkannt durchgeschleust, denn sie sieht höchstens wie jemand aus, der zu viel getrunken und gefeiert hat – der Deutschland-Hut passt optimal zum scheinbar blassen Fan, der in der Sommerhitze auch langsam zu faulen anfängt.
Justus von Dohnányi ist mit seinem Regiedebüt ein ungemein kurzweiliger und humorvoller Film gelungen, der zwar nicht durch Innovation, dafür durch seine ehrliche Einfachheit und Schlichtheit begeistert. Ein makabres Roadmovie mit einem wunderbar zynischen und streitlustigen Duo in den Hauptrollen, die so manch cleveren Einfall haben, wie man eine Leiche frisch halten kann. 

David Siems

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Sven hat seine Freundin Beke vor einem Jahr durch Ertrinken verloren und trauert nun allein in einer Berghütte in den Schweizer Alpen, in der er mit Beke schöne Tage verbracht hatte. Willi genießt in diesen Bergen einen Urlaub, den er gewonnen hat. Genießen ist allerdings relativ, denn Achim knallt mit seinem Mountainbike auf ihn, was zunächst einmal beide außer Betrieb setzt. In Svens Hütte finden sie Hilfe. Und Sven ist froh, nicht mehr allein zu sein.

Willi und Achim können sich nicht leiden. Eine Stichelei jagt die andere. Sven gelingt es erst am letzten Urlaubstag, die beiden einander näher zu bringen. Ein fröhlicher letzter Abend also, der dennoch tragisch endet. Denn Sven segnet das Zeitliche.

Achim und Willi müssen sich etwas einfallen lassen. Sie beschließen, die Leiche nach Sylt zu schaffen, zum „Ellenbogen“, wo Beke verunglückt ist. Dort soll quasi neben ihr die „Seebestattung“ stattfinden. Dort ist in Svens früherer Bank aber auch eine Menge Schwarzgeld zu ergattern, was besonders Achim interessiert, der langsam seine Hochstaplerallüren fallen lassen muss.

Die Reise durch die Republik erweist sich nicht gerade als Vergnügungstour: beim Zoll nicht, bei Willis Nachbar nicht, bei Achims Verlobter nicht, bei Svens Chef Lehmann nicht. Wird es trotzdem zur Seebestattung kommen?

Autor und Regisseur Justus von Dohnanyi hat seine (Theater-)Freunde Jan Josef Liefers und Stefan Kurt zusammengetrommelt, und die drei ziehen die Story durch. Da keine großen Fördergelder angestrebt waren, musste man mit einfachsten Mitteln vorgehen. Und es wäre eine Verfälschung, würde man sagen, dass das dem Film nicht anzumerken ist.

Dohnanyi versuchte trotzdem, aus der einigermaßen originellen Story das Beste herauszuholen. Alles lässt sich ziemlich zäh an, bis auf Dialoge, die gut getroffen sind. Dann, mit den erwähnten Stationen, kommt der Film besser in Schwung. Das Auffallendste ist das gute Spiel der drei, dessen vom Theater stammende Professionalität immer wieder aufblitzt.

Thomas Engel