Yorgos Lanthimos arbeitet gerne mit den gleichen Schauspielern. Nach drei Spielfilmen und einem Kurzfilm ist Emma Stone erneut die Hauptdarstellerin in einem Lanthimos-Film – zusammen mit ihrem „Kinds of Kindness“-Kollegen Jesse Plemons. Lanthimos hat hier ein Skript umgesetzt, das wiederum auf Basis des südkoreanischen Films „Save the Green Planet“ (2003) entstand, aber sich doch auch deutlich unterscheidet. Herausgekommen ist eine satirische schwarze Komödie, bei der man lange unsicher ist, wem man nun glauben soll.
Über den Film
Originaltitel
Bugonia
Deutscher Titel
Bugonia
Produktionsland
IRL,CAN,USA
Filmdauer
117 min
Produktionsjahr
2025
Regisseur
Lanthimos, Yorgos
Verleih
Universal Pictures International Germany GmbH
Starttermin
30.10.2025
Teddy (Jesse Plemons) ist überzeugt davon, dass die Andromedaner auf der Erde sind, für das Bienensterben verantwortlich zeichnen und auch sonst alles tun, um der Menschheit das Vorankommen zu erschweren. Zusammen mit seinem Cousin Don entführt er Michelle Fuller (Emma Stone), die CEO einer großen Firma. Er ist sicher: Auch sie ist eine Andromedanerin, aber natürlich möchte die gefangene Frau das nicht eingestehen. Dabei will Teddy doch nichts anderes, als mit dem Herrscher der Andromedaner zu verhandeln: über einen Rückzug der Außerirdischen von der Erde.
Lanthimos hat „Bugonia“ im Format 1,50:1 gedreht. Es unterstreicht die beengende Wirkung der Geschichte, das Gefangensein der Protagonistin, aber auch den Tunnelblick der männlichen Figuren. Schon die ersten Minuten sind merkwürdig. Teddy redet auf seinen nicht gar so cleveren Cousin ein, wie ein Sektenguru, der sein Publikum voll im Griff hat. Das unterstreicht Lanthimos mit Bildern, die fast gegensätzlich dazu sind, insbesondere in einer Montage, in der er die zwei Männer beim Training zeigt, um sich auf ihre Aufgabe vorzubereiten, und das mit dem High-Tech-Training der Protagonistin in Kontrast setzt. Es sind zwei Welten, die hier aufeinanderprallen, die der Verlierer und die der Gewinner.
Teddy erscheint uns von Anfang an als ein Verlorener. Als jemand, der bei seinen YouTube-Recherchen eine falsche Abzweigung genommen und sich hoffnungslos verirrt hat. Er ist ein Getriebener seiner eigenen Echokammer, jemand, der absolut und unveränderlich von seiner Wahrheit überzeugt ist. So sehr, dass er sogar eine Frau entführt, um zu beweisen, dass sie nicht ist, wer sie zu sein vorgibt. Jesse Plemons spielt das fahrig, aber nicht unsympathisch. Man merkt ihm an, dass dies ein Mann ist, der seines Schmerzes wegen in seine radikale Weltsicht abgedriftet ist. Teddy ist eine tragische Figur, Don ist es noch mehr, ein Mitläufer, der gar nicht anders kann, als zu tun, was sein Cousin aufträgt.
Emma Stone wiederum spielt die Gefangene perfekt. Michelle geht auf die Wahnvorstellungen ihres Entführers ein, als das nicht fruchtet, versucht sie es auf eine andere Tour. Erst mit Vernunft, dann mit einer Form von Mitleid, aber sie ist in einer hoffnungslosen Situation gefangen. Weil sie ihm nicht geben kann, was Teddy will. Sie kann ihm nach dem Mund reden, er hat dann jedoch Forderungen, die kein normaler Mensch erfüllen könnte.
Das alles lädt das Skript mit jeder Menge grimmigen Humors auf. Der geht auf Kosten Teddys, weil dessen Wahn so elaboriert und detailliert ist, dass es absurd, andererseits hochgradig traurig ist. Zugleich ist das Skript aber clever genug, um zumindest zeitweise das Publikum schwanken zu lassen. Ist Teddy wirklich verrückt oder der einzige Sehende unter Blinden? Es ist das satirische Element des Films, genau damit zu spielen. Denn was wäre denn, wenn Teddy recht hätte? Dann würde das praktisch jede Verschwörungstheorie validieren, von Echsenmenschen auf der Welt bis zur flachen Erde.
Am Ende präsentiert Lanthimos eine Auflösung, die konsequent ist, und das so richtig. „Bugonia“ ist ein intensives, grimmig-humoriges Kammerspiel, das Lanthimos visuell durchaus originell umgesetzt hat, mit einem Finale, das dann aus den beengten Grenzen des Kellers und des Hauses ausbricht, in dem die Frau gefangen gehalten worden ist.
Peter Osteried