Burn after reading

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Im Universum der Coen-Brüder wimmelt es nur so von verschrobenen Typen, die blindlings in ihr Verderben rennen. Auch Burn after Reading, der auf dem Filmfestival von Venedig seine Weltpremiere erlebte, fühlt sich dieser Tradition verpflichtet. Als eine CD mit brisantem Geheimdienstmaterial in die falschen Hände gerät, nimmt das Unheil für zwei Angestellte eines Fitness-Studios seinen Lauf. Bei den turbulenten Verwicklungen zwischen Fitness-Umkleide und Regierungsviertel mischen neben den alten Coen-Weggefährten George Clooney und Frances McDormand auch Brad Pitt und John Malkovich kräftig mit.
Uneingeschränkt empfehlenswert!

Webseite: www.burnafterreading-derfilm.de

Burn after Reading – Wer verbrennt sich hier die Finger?
OT: Burn after Reading
Regie, Drehbuch, Produktion: Joel Coen, Ethan Coen
Kamera: Emmanuel Lubezki
Musik: carter Burwell
Mit George Clooney, Frances McDormand, John Malkovich, Brad Pitt, Tilda Swinton, Richard Jenkins, Elizabeth Marvel, J.K. Simmons
Laufzeit 95 Minuten
Kinostart: 2.10.2008
Verleih: Tobis

PRESSESTIMMEN:

Dummheit als sittlicher Defekt und Anstoß für eine herzlos bissige US-Zeitgeistsatire um das Streben nach mehr Glück von einer Handvoll trüber Figuren, die in schöner "Fargo"-Manier vor lauter Selbstüberschätzung sich und andere in Grund und Boden rammen. Glanzvoll besetzt, vor allem Brad Pitt erfreut als stramme Fitness-Frohnatur ohne Durchblick.
Kultur-Spiegel

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FILMKRITIK:

Die Zutaten: Eine CD mit vermeintlich brisanten Geheimdienstinformationen, eine sehnsüchtig erwartete Schönheits-OP, zwei kaputte Beziehungen, ein Dutzend heimliche Affären. Das Personal: Ein frustrierter Ex-CIA-Agent, eine untreue Ehefrau, ein sexuell umtriebiger Regierungsbeamter und zwei Fitnesstrainer, die sich als Möchtegern-Erpresser versuchen. Alles zusammen ergibt einen herrlich absurden, schwarzhumorigen Cocktail, der für alle Beteiligten und den Zuschauer die eine oder andere Überraschung bereithält. Burn after Reading heißt das unterhaltsame Gemisch, mit dem die Joel und Ethan Coen höchstwahrscheinlich an den Erfolg ihres Oscar-gekrönten, lakonischen Noir-Thrillers No Country for Old Men anknüpfen dürften.
Dabei stand am Anfang eine denkbar einfache Idee. Die Coens wollten wieder mit George Clooney zusammen arbeiten, mit dem sie bereits zwei Filme – namentlich O Brother, Where Art Thou? und Ein (un)möglicher Härtefall – abgedreht hatten. Auch Brad Pitt und John Malkovich standen auf ihrem Wunschzettel ganz oben. Also erdachten sie für ihre Traumbesetzung die passenden Rollen und eine Geschichte, in deren Verlauf sich die Wege ihrer Figuren mehrfach kreuzen sollten. 

Das Schlamassel nimmt seinen Lauf, als das Manuskript mit den Memoiren des geschassten CIA-Agenten Ozzie Cox (John Malkovich) in die Hände zweier leicht trotteliger, aber dennoch liebenswerter Fitnesstrainer fällt. Linda (Frances McDormand) träumt von einer umfassenden Verjüngung ihres in die Jahre gekommenen Körpers, wofür ihr allerdings bislang das nötige Kleingeld fehlte. Mit der CD als Pfand und der Hilfe ihres iPod-süchtigen Kollegen Chad (Brad Pitt) startet sie einen erschreckend amateurhaften Erpressungsversuch.

Wer die Coen-Klassiker wie Blood Simple und Fargo kennt, weiß spätestens zu diesem Zeitpunkt, dass Lindas Vorhaben grandios scheitern wird. Bis es jedoch soweit ist, schlägt die Geschichte noch zahlreiche, mitunter recht blutige Haken. Teil des Puzzles ist auch Cox’ Ehefrau Katie (Tilda Swinton), die mit ihrer Ehe schon lange abgeschlossen hat und sich statt mit ihrem Gatten lieber mit dem Regierungsbeamten Harry Pfeffer (George Clooney) vergnügt. Der wiederum nutzt jede freie Minute für ausschweifende One-Night-Stands mit einer seiner zahlreichen Internet-Bekanntschaften.

Mit Burn after Reading legen die Coens nach eigenem Bekunden ihre Version eines Tony-Scott- oder Jason-Bourne-Films vor, nur ohne die Explosionen. Der Schauplatz rund um den Regierungsdistrikt in Washington D.C. gaukelt ebenso wie das Mitwirken des typischen Agentenfilm-Personals eine solche Analogie vor. Letztlich entpuppt sich ihr Film jedoch vorrangig als eine turbulente, schwarze Komödie, deren Noir-Einsprengsel für die Coen-typische Düsternis sorgen. 

Glanzstück des Films sind zweifellos die geschliffenen Dialoge. Ihnen gelingt das Kunststück, die Absurdität des ohnehin absurden Plots nochmals zu übertreffen. Unterhaltungen wie die zwischen Chad und Linda über die Vor- und Nachteile von Internetkontaktbörsen erinnern nicht nur wegen Frances McDormand an alte Fargo-Zeiten. McDormand, aber auch den anderen Darsteller, allen voran George Clooney, der sein öffentliches Image als Herzensbrecher genüsslich persifliert, merkt man an, wie sehr sie sich für ihre Rollen ins Zeug legen. Die Chance, in einem Coen-Film mitwirken zu dürfen, wollte sich niemand entgehen lassen. Die Chance, einen Coen-Film im Kino zu sehen – dafür ist Burn after Reading Beweis genug – sollte sich erst Recht niemand entgehen lassen!

Marcus Wessel

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Schlechte Filme von den Coen-Brüdern gibt es bisher nicht. Und das gilt auch für diesen Streifen, den Venedig-Auftakt „Burn After Reading“. Er erzählt vom Washingtoner Geheimdienstmann Osborne Cox (John Malkovich), der aus seinen Diensten entlassen wird, weil er ein Alkoholproblem haben soll. Seiner Frau Katie (Tilda Swinton), die längst mit dem Schwerenöter Harry Pfarrer (George Clooney) ein Verhältnis hat, macht er vor, er habe gekündigt.

Jetzt will er ein Buch schreiben, „Memoiren“. Die Diskette mit dem Skript finden zufälligerweise die Fitness-Trainerin Linda Litzke (Frances McDormand) und ihr Kollege Chad Feldmeier (Brad Pitt). Und nun kommt, weil Osbornes Manuskript für ein Dokument der obersten Geheimhaltungsstufe angesehen und, als ein Erpressungsversuch bei ihm misslingt, gar der russischen Botschaft in die Hände gespielt wird, ein Vermutungs-, Verwechslungs- und Verfolgungsspielchen in Gang, das sowohl den CIA-Boss (J.K. Simmons) und seinen Agenten Palmer (David Rasche) als auch den russischen Botschaftsmann Krapotkin (Oleg Krupa) wie Lindas Chef Treffon (Richard Jenkins) ratlos lässt. Am besten einige und einiges verschwinden lassen und Schwamm drüber!

Eine filmisch exzellent gebaute, anspruchslose, aber sehr vergnügliche Kurzweil. Kein Wunder bei diesen Regisseuren, die für die entsprechend fähigen Mitarbeiter (Kamera, Ausstattung) sorgten, und bei diesem Schauspielerstab. McDormand, Malkovich, Pitt, Jenkins, Swinton, Clooney- sie könnten besser nicht sein, selbst wenn sie zum Teil geistig Angegriffene darstellen müssen.

Thomas Engel