Caveman

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Basierend auf dem weltberühmten Broadway-Theaterstück „Caveman“ erscheint zu Weihnachten dieses Jahres eine hochkarätig besetzte Filmversion des Mann-Frau-Klamauks. Während diese ihr Hauptaugenmerk zunächst noch auf angestaubten Mario-Barth-Humor legt, wandelt sich das Moritz-Bleibtreu-Vehikel nach und nach zum Trojanischen Pferd, oder besser: zum Trojanischen Film.

Website: https://www.constantin-film.de/kino/caveman

Deutschland 2021
Regie: Laura Lackmann
Darsteller:innen: Moritz Bleibtreu, Laura Tonke, Wotan Wilke Möhring, Martina Hill, Jürgen Vogel, Thomas Herrmanns
Verleih: Constantin Filmverleih
Länge 105 Min.
Start: 26.01.23

FILMKRITIK:

Für den Nachwuchscomedian Rob Becker (Moritz Bleibtreu) geht ein Traum in Erfüllung, als er eines Abends das erste Mal vor großem Publikum auftreten darf. Blöd nur, dass kurz vor seinem Stand-Up-Programm seine Frau Claudia (Laura Tonke) mit ihm Schluss macht – und Rob kurzfristig beschließt, seine Show dafür zu nutzen, die Zuschauerinnen und Zuschauer darüber entscheiden zu lassen, ob er wirklich ein Vollidiot ist, wie es ihm Claudias beste Freundin (Martina Hill) noch aus dem Publikum vorwirft. Also erzählt er seine Geschichte. Seine und Claudias Liebesgeschichte. Vom ersten Kennenlernen über die Hochzeit und lange Gespräche über Familienplanung bis hin zu den ersten Krisen, ausgewachsenen Streits und all den Gründen, die zur Trennung geführt haben. Dabei spielen auch sein bester Kumpel (Wotan Wilke Möhring) und Claudias Freundin entscheidende Rollen. Und am Ende steht die alles entscheidende Frage, ob das einstige Traumpaar jemals wieder zusammenkommen wird…

Die Unterschiede zwischen Mann und Frau sowie die damit einhergehenden Probleme im Zusammenleben sind so alt wie die Comedy selbst. Manch ein Komiker füllt allein mit diesem Thema seit nunmehr 20 Jahren große Konzerthallen, auch wenn die in den Programmen aufgedröselten Missverständnisse unter den Geschlechtern – angereichert mit mehr oder weniger so im echten Leben passierten Anekdoten – heutzutage wesentlich antiquierter wirken als noch mitten in den Nullerjahren. Denn nicht selten geht damit eine Macho-Attitüde einher, die im Zuge der Sensibilisierung für weibliche Selbstbestimmung und Emanzipation einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Umso mehr wundert es, dass sich nun ausgerechnet Laura Lackmann („Mängelexemplar“) als Autorin und Regisseurin einer „Caveman“-Verfilmung annahm; einer Art „Mario-Barth-Programm der späten Neunzigerjahre“. Doch wundert das wirklich? Erst recht, nachdem sich Lackmann in „Zwei im falschen Film“ schon einmal auf sehr wohl komplexe Weise mit dem Zusammenleben zwischen Mann und Frau auseinandergesetzt hat?

Die Antwort lautet: nein. Mehr noch: Allein die Tatsache, dass Laura Lackmann für „Caveman“ verantwortlich zeichnet, offenbart wahlweise früh (wenn man vorab von ihrer Beteiligung weiß) oder rückblickend in fast schon Twist-Manier (wenn man ihren Namen erst im Abspann das erste Mal liest), dass hinter ihrer Theateradaption wesentlich mehr steckt als plumper Genderpopulismus. Bereits das Stück selbst, das sich schon immer eher als tragikomische Therapiesitzung denn als reines Comedyprogramm verstanden hat, offenbart, dass hier inhaltlich mehr Substanz vorhanden ist. Wenngleich Lackmann die Bühnendramaturgie, in der mal aus der weiblichen, mal aus der männlichen Sicht erzählt wird, nicht beibehält, sondern den Film in Gänze aus der Perspektive von Rob aufzieht; einem in den Tag hinein lebenden, im Großen und Ganzen unzufriedenen Versager, der nicht weiß, was er noch aus seinem Leben machen soll. Jetzt, da er mit Frau, Haus und Job eigentlich alles in seinem Leben erreicht hat. Rob gibt es in „Caveman“ in zwei Ausführungen: Entweder er bemitleidet sich selbst, oder er echauffiert sich über das vermeintlich komplizierte Verhalten seiner Freundin und späteren Ehefrau. Das kann gerade in der ersten Hälfte schon mal nervig werden – und dann kommen auch noch plumpe „Meine Frau ist so anstrengend, wenn sie ihre Tage hat“-Gags hinzu, die mittlerweile einen ganz schönen Bart(h) haben.

In der zweiten Hälfte beginnt dann die Demontage, die ihren Gipfel in Robs finalem Stand-Up findet, der mehr einer Lobhuldigung auf seine Frau gleicht und den weinerlichen Mann in dieser Beziehung selbstbewusst der Lächerlichkeit preisgibt. Ein wenig hätte man es anhand der Besetzung schon erahnen können, dass sich Bleibtreu („Cortex“), Tonke („Axolotl Overkill“), Möhring („Steig. Nicht. Aus.“) und Hill („LOL“) nicht für eine dumm-dämliche „Wir machen uns darüber lustig, wie kompliziert Frauen aus der Männerperspektive sind!“- Comedyschau hergeben würden. Und es ist auch ein wenig schade, dass „Caveman“ die Demontage ein wenig zu spät einläutet. Dafür überzeugt Laura Lackmann schon in der Stunde zuvor mit einer herrlich verspielten, kreativ mit Splitscreens und Fantasieelementen (Michel Gondry lässt grüßen!) arbeitenden Inszenierung, die auch die erste Hälfte – abgesehen vom Inhalt – erträglich macht. Doch vielleicht erweist sich Erstere ja als gar nicht so anstrengend, wenn man erst einmal weiß, dass gen Ende dann doch beide Geschlechter ihr gerechtes Fett wegkriegen – und man nicht nur mal wieder hören muss, dass ja eigentlich die Frau das grundlegende Problem in einer Beziehung ist.

Antje Wessels