Coup

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Durch einen spektakulären Coup wurde ein 22jähriger Bankangestellter 1988 reich, doch dass Geld allein nicht glücklich macht, stellte er nach der Flucht nach Australien fest. Diese spektakuläre Gaunergeschichte zeichnet Sven O. Hill in seinem Film „Coup“ nach – oder inszeniert er sie komplett? Wo die Wahrheit liegt bleibt offen und darin liegt der Reiz. Der Mix aus Spiel-, Doku- und Animationsfilm erhielt den FÖRDERPREIS NEUES DEUTSCHES KINO bei den Hofer Filmtagen 2019. Die Jury dazu: "Stellen Sie sich vor, Martin Scorsese und Guy Ritchie machen einen Film ohne Geld. Im Norden von Hamburg."

Website: www.coup-film.de

Deutschland 2019
Regie & Buch: Sven O. Hill
Darsteller: Daniel Michel, Paula Kalenberg, Tomasz Robak, Rocko Schamoni, Laurens Walter, Fabienne Hollwege
Länge: 81 Minuten
Verleih: Salto Film, Vertrieb: imFilm Agentur
Kinostart: 26.8.2021

FILMKRITIK:

„Ach, ich glaub erst mal gar nichts“ sagt der Protagonist von Sven O. Hills Debütfilm „Coup“ gleich zu Beginn. Ein Satz, der Programm ist für einen Film, der vorgibt, eine wahre Geschichte zu erzählen, dabei aber immer wieder andeutet, dass man diesen Felix Krull artigen Gaunerstück nicht alles glauben sollte.

Um einen Bankangestellten (Daniel Michel) geht es, der in den 80ern in Hamburg aufwächst, Rocker ist, aber auch in der Bank arbeitet. Mit einigem Erfolg, aber wirklich begeistert ist er von seinem zumindest zum Teil bürgerlichen Leben nicht. Und wenn man schon in einer Bank arbeitet, liegt die Idee vielleicht nah, sich auf nicht legale Weise zu bereichern. Nicht mit einem Banküberfall, sondern auf unterschwellige, gewiefte Weise. Zusammen mit einem Kumpel gelingt dem namenlos bleibenden Helden der Coup: Mit zweieinhalb Millionen Mark gelingt dem Duo die Flucht nach Australien. Dank der damals noch hohen Zinssätze scheint das Altenteil schon in jungen Jahren gesichert, doch ganz läuft das neue Leben nicht nach Plan. Vor allem das die Freundin sich weigert, ebenfalls nach Australien zu kommen und er somit auch das frisch geborene Kind nicht sehen kann. Eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung hat ihm ein windiger Anwalt (Rocko Schamoni) zwar organisiert, aber das Heimweh ist zu groß. Über Mittelsmänner wird eine Rückgabe des Geldes organisiert und Straffreiheit garantiert. Zurück in der Hansestadt geht die Beziehung zwar bald in die Brüche, doch bald macht sich unser Held auf eine neue Reise.

Misstrauen in Bilder ist immer angebracht, erst recht in Zeiten, in denen dank digitaler Methoden die Frage was echt ist, kaum noch zu beantworten ist. Herauszufinden, ob die haarsträubende Gauner-Geschichte, die Sven O. Hills zu Grunde liegt (oder zu Grunde liegen soll) tatsächlich stimmt, ist kaum möglich. Angeblich hat sie sich Ende der 80er Jahre zugetragen, einer schier prähistorischen Zeit vor Beginn des Internet-Zeitalters also. Was damals in der Zeitung stand ist in den Archiven verschwunden, vielleicht stand auch gar nichts in der Zeitung, denn sollte die Geschichte stimmen, dürfte die betroffene Bank sie nicht an die große Glocke gehängt haben.

Ein Hinweis auf den Wahrheitsgehalt von „Coup“ mag der kurze Auftritt von Rocko Schamoni als Anwalt in Australien sein, ist das Multitalent doch gerade auch für seine satirische Arbeit bekannt. Mitglied der Partei „Die Partei“ ist er, vor allem aber hat er zusammen mit der Gruppe Studio Braun die Mockumentary „Fraktus“ mitgestaltet. Von diesem sich bewusst zwischen Fiktion und Wahrhaftigkeit bewegenden Film ist es nicht allzu weit zu der Geschichte von „Coup“, die mit all ihren Ausschmückungen und absurden Volten eigentlich viel zu schön ist, um wirklich wahr zu sein.

So oder so ist „Sven O. Hill ein vergnüglicher Film gelungen, der von großen Träumen und gescheiterten Plänen handelt, erzählt im Hamburger Dialekt, der dem Geschehen eine durch und durch ironische Note verleiht. Ob man das glaubt oder nicht, liegt am Ende dann wohl im Auge des Betrachters.

Michael Meyns