Der junge Häuptling Winnetou

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Die Idee, ein Prequel der alten Karl-May-Filme um den Apachen-Häuptling Winnetou zu produzieren, mag durchaus sinnig sein. Das Ganze als Kinderfilm aufziehen, eliminiert aber natürlich einen Teil der möglicherweise interessierten Zuschauer. Zumal der Film auch optisch nur wenig mit den alten deutschen Klassikern zu tun hat. Inhaltlich bewegt man sich auf überschaubarem Terrain: Winnetou muss sich mit Hilfe eines Freundes beweisen und eine Lektion in Sachen Demut lernen.

Webseite: https://www.leoninedistribution.com/filme/162210/der-junge-hauptling-winnetou.html

Deutschland 2022
Regie: Mike Marzuk
Buch: Mike Marzuk, Gesa Scheibner
Darsteller: Mika Ullritz, Milo Haaf, Lola Linnéa Padotzke, Mehmet Kurtulus

Länge: 103 Minuten
Verleih: Leonine
Kinostart: 11. August 2022

FILMKRITIK:

Der junge Winnetou möchte sich vor seinem Vater beweisen, aber als er nachts auf das Lager aufpasst und den Pferdedieb Tom stellt, gehen dennoch alle Vorräte für den Winter in Flammen auf. Winnetous Vater ist enttäuscht, aber der junge Häuptling in spe möchte es wieder gut machen. Zusammen mit Tom, der ihm versprochen hat, jemanden zu kennen, der etwas weiß, will er die Büffel finden, die in diesem Jahr nicht dort sind, wo die Apachen sie immer finden – und ohne die Büffel sieht der Stamm einem harten Winter entgegen.

Wahrscheinlich hätte der Film einige Probleme umschiffen können, wenn man auf Animation gesetzt hätte. So jedoch hat man eine sehr unzeitgemäße Besetzung: Weiße spielen Indianer (und selbst der Begriff ist mittlerweile schon anrüchig). Nun wird man hierzulande wahrscheinlich auch nur wenige amerikanische Ureinwohner im Kindesalter finden, an der grundsätzlichen Problematik ändert das nichts – und das umso mehr, da die grundsätzlich Empörten sich umso lieber dann entrüsten, wenn sie kulturelle Aneignung wittern. Dass das Vermengen von Kulturen und das Übernehmen von Eigenheiten der Verständigung dient und der Wertschätzung entspringt, interessiert da kaum. Das Spannendste an diesem Film ist darum wohl auch die Frage, wie die Eltern im nächsten Fasching ihren Kindern erklären wollen, dass sie sich nicht als Indianer verkleiden dürfen.

Wahr ist aber natürlich auch, dass man mittlerweile eine gewisse Authentizität bei Besetzungen gewohnt ist und die auch durchaus erwartet. Wenn man dann den türkischstämmigen Schauspieler Mehmet Kurtulus als Häuptling der Apachen sieht, ist das befremdlich und erinnert an amerikanische Entgleisungen vergangener Zeiten, als der farbige Woody Strode einen Ureinwohner in „Zwei ritten zusammen“ aus dem Jahr 1961 spielte. Schlimmer noch: Man fühlt sich an die aus heutiger Sicht noch peinlichere Szene mit den Indianern in Mel Brooks „Der wilde, wilde Westen“ erinnert. Aber das waren eben zumindest noch andere Zeiten.

Schafft man es, all das außer Acht zu lassen, ist „Der junge Häuptling Winnetou“ dennoch ein schwacher Film, dessen Humor auch bei den kleinsten Zuschauern kaum verfängt, der ansonsten aber so streng nach Baukastenprinzip gestaltet ist, dass sich hier keinerlei origineller Gedanke findet – schon gar nicht, wenn man den später skalpierten Sam Hawkins hier als Kind schön nervig gestaltet.

Optisch will der Film auch nicht zu den alten Karl-May-Verfilmungen passen. Damals wurde in Kroatien gedreht, dieser Film nun im spanischen Almeria, in dem in den 1960er und 1970er Jahren vor allem Italo-Western gedreht wurden.

Alles in allem ein schwacher Film, weil er für Kinder zu wenig bietet, und die Erwachsenen erst gar nicht abholt. Er sitzt zwischen allen Stühlen, hätte aber theoretisch ein großes Publikum ansprechen müssen.

 

Peter Osteried