Der Sommer, als ich fliegen lernte

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„Der Sommer, als ich fliegen lernte“ lässt es leicht erscheinen, einen Film zu machen, der für Kinder erzählt ist, der jedoch auch ein älteres Publikum abholt. Das ist die Königsklasse, in der Regisseur Radivoje Andric sich nun bewährt hat. Er erzählt von einem jungen Mädchen, das mit seiner Großmutter in den Sommerurlaub in die alte Heimat fährt, sich langweilt, aber dann merkt, wie es dieser Sommer ist, der das Erwachsenwerden einleitet.

Webseite: https://dersommeralsichfliegenlernte.der-filmverleih.de/

Leto kada sam naucila da letim
Serien / Kroatien / Bulgarien / Slowakei 2023
Regie: Radivoje Andric
Buch: Ljubica Lukovic
Darsteller: Klara Hrvanovic, Olga Odanovic, Snjezana Sinovcic

Länge: 87 Minuten
Verleih: Der Filmverleih
Kinostart: 31. August 2023

FILMKRITIK:

Sofia würde lieber mit ihren Freunden zum Campen gehen, aber ihre Großmutter nimmt sie mit nach Hvar, dem Ort ihrer Jugend. Seit 25 Jahren war sie nicht mehr dort, jetzt will sie ihre Schwester wiedersehen. Sofia langweilt sich, hat kein W-Lan, keine Freunde, wird von ihrer Großmutter wie ein Kind behandelt und fühlt sich einfach unwohl. Aber dann lernt sie Luka kennen, mit dem sie mehr verbindet, als sie ahnt. Denn die Reise auf diese Insel hält auch einige Erkenntnisse über ihre Familie parat – und es ist der Sommer, in dem Sofia den Übergang antritt, hinein in die Welt der Erwachsenen.

Die Romanverfilmung ist leichtherzige Sommer-Unterhaltung mit ausgesprochen sympathischen Figuren. Der Film zielt auf ein kindliches Publikum aber, aber er spielt auch mit der Nostalgie. Als Zuschauer erinnert man sich selbst an die Zeit, als man noch ein Kind war, und das nicht mehr sein wollte. „Der Sommer, als ich fliegen lernte“ weckt wohlige Erinnerungen, aber er ist auch mehr als das. Denn während die Geschichte um Sofia und ihre sprühende Phantasie ein wenig an „Alles Tschakka mit Alpaka“ erinnert, ist er doch weit vielschichtiger. In beiden Filmen geht es um das Erwachsenwerden, um die ersten Schritte, die losgelöst von den Eltern stattfinden, und die doch umso schwieriger sind, je näher sie einem sind.

Aber „Der Sommer, als ich fliegen lernte“ ist auch mehr als das. Er muss es auch sein. Denn der Blick zurück für die älteren Figuren ist keiner, der nur mit schönen Erinnerungen verbunden wäre. Im Gegenteil, hier geht es auch um eine zerbrochene Familie, um die Nachwehen eines Krieges, der gerade mal gut 20 Jahre vorbei ist. Aber auch darum, dass es nie zu spät ist, einen Versuch der Verständigung und Versöhnung zu unternehmen.

Das verleiht dem Werk mehr Tiefe, als es bei Kinderfilmen normalerweise der Fall ist. Und doch wird er nie melodramatisch oder schlichtweg traurig, selbst wenn das Leben auch bedeutet, dass man Abschied nehmen muss. Aber auch das gehört zum Erwachsenwerden dazu. Die Jungdarsteller sind durch die Bank sehr gut, die technische Umsetzung sorgt für Ferienlaune, und die Geschichte spricht auf mehr als einer Ebene an. Das ist nicht nur ein guter Kinderfilm, nein, dies ist ein wirklich guter Film für alle.

 

Peter Osteried