Das erste Jahr an der Kunstakademie in München wird für die idealistische Jojo zur Achterbahnfahrt. Sie muss sich nicht nur mit ihrer eigenen Kreativität auseinandersetzen und mit ihrer Rolle als Künstlerin, sondern auch mit Intriganten und Intrigen. In einem schmerzhaften Prozess lernt sie, sich selbst zu positionieren und zu ihrem eigenen Stil zu finden, auch wenn sie sich dafür von falschen Freunden und Vorbildern verabschieden muss.
Camilla Guttner, selbst ehemalige Meisterschülerin der Akademie der Bildenden Künste in München, hat für ihr Kinodebüt eine offenbar teilweise autobiografische Geschichte gewählt, in der sie mit Liebe und Humor eine junge Künstlerin porträtiert und gleichzeitig das originelle bis skurrile Umfeld, in dem sie ihre ersten Schritte macht: den Kunstmarkt.
Webseite: https://weltkino.de/filme/die-akademie
Deutschland 2024
Regie und Drehbuch: Camilla Guttner
Mitwirkende: Maja Bons, Luise Aschenbrenner, Jean-Marc Barr, Andreas Lust
Kamera: Luca Bigazzi
Länge: 104 Minuten
Verleih: Weltkino
Start: 27.03.2025
FILMKRITIK:
Alles atmet Kunst ... Jojo saugt gierig wie ein Schwamm auf, was ihr an der Kunstakademie in den ersten Tagen ihres Studiums begegnet. Aber sie muss auch gleich die ersten Rückschläge einstecken – ein Studienkollege entpuppt sich als Intrigant, der deutlich sichtbar darauf aus ist, ihr zu schaden, und einer der Professoren hat einen gewaltigen Sockenschuss. In diesen Kreisen scheint es außerdem wichtig zu sein, um jeden Preis aufzufallen, und das ist eigentlich so gar nicht Jojos Sache. Aber Jojo hat noch ein weiteres Problem: Sie ist ehrlich, und das ist jetzt wirklich ein bisschen sehr naiv angesichts des Kunstbetriebes. Doch nicht nur das: Jojo denkt sogar, dass ihr die Ehrlichkeit bei ihrer Karriere helfen könnte. Aber Pustekuchen! Ihr erster Auftrag scheitert daran, dass sie ein Familienporträt so gestaltet, wie sich die Familie ihr gegenüber präsentiert – als desolater, zerstrittener Haufen, und das entspricht absolut nicht dem Kundenwunsch. Jojos Bilder werden gestohlen, ein Mann verfolgt sie, ihr Freund verlässt sie ... Während Jojos Freundin Siri Grün gleich als Streetart-Künstlerin durchstartet und sich nebenbei als ziemlich miese Kröte erweist, hat es Jojo viel schwerer: Zwischen Kunstgeschwafel, Nabelschau, halbherzigen Kompromissen und fiesen Machenschaften, auch seitens der Professoren, versucht sie, ihren eigenen Weg zu finden – und damit sich selbst und ihren Stil.
Nur 2 % der Absolventinnen und Absolventen der Kunstakademie werden später von der Kunst leben können – dieser Satz, auf einem Event für die Studierenden geäußert, steht wie ein Fanal über dem Film. Die Frage, die sich allen logischerweise stellen muss, lautet also: Willst du das wirklich? Willst du dieses Studium auf dich nehmen mit der Aussicht, dass du am Ende mit großer Wahrscheinlichkeit beruflich einen anderen Weg gehst? Auch Jojo muss sich dieser Frage stellen, aber sie schiebt die Antwort darauf so lange wie möglich vor sich hin.
Das erinnert vom Plot her ein wenig an andere Filme, in denen es um junge Kunstschaffende geht, die ihren Weg gehen wollen: „Kleine Haie“ (1992) von Sönke Wortmann, ebenfalls zu Teilen autobiografisch, über eine Gruppe von Schauspielschülern. Oder an das legendäre Filmmusical „Fame“ (1980) von Alan Parker über die New Yorker Schule für Darstellende Künste. Über Bildende Kunst Filme zu machen, ist aus mehreren Gründen deutlich schwieriger. Zum einen ist der schöpferische Prozess (meistens) langwierig und zudem einsam – Malerinnen und Maler arbeiten fast immer allein, und er hat wenig Spannung. Aber Camilla Guttner, die hier ihr Kinodebüt vorlegt, hat vieles gut und richtig gemacht. Dabei hilft ihr vor allem ihre eigene Erfahrung als Bildende Künstlerin. Sie bewegt sich in einem Metier, das sie kennt und liebt, aber auch durchaus kritisch betrachtet, und sie findet sehr schnell zu einer eigenen Bildsprache. Ihre Bilder sind klar kadriert, sie hat einen guten Blick für Kontraste, Licht und Schatten, aber gelegentlich auch etwas angenehm Verspieltes, wenn zum Beispiel ohne Erklärung ein Mann im Glitzerdress einen Wagen mit einem großen silbernen Ei durchs Bild fährt. Die eine oder andere Wendung ist vielleicht ein bisschen brav oder ab und an nicht ganz konsistent, aber es ist nicht nur erstaunlich, sondern auch sehr erfreulich, wie souverän Camilla Guttner inszeniert. In der Hauptrolle ist Maja Bons zu sehen, die hier ihre erste große Filmrolle spielt – und das macht sie ganz großartig. Sie ist die blutjunge Kunstschülerin Jojo mit allen Selbstzweifeln, mit ihrer Begeisterung und dem Staunen über sich selbst, über die Spinner, mit denen sie es zu tun hat. Maja Bons zeigt überzeugend und mit viel natürlichem Charme die Entwicklung eines unbefangenen, naiven Mädchens, das sich trotz ihrer künstlerischen Ambitionen bemüht, die Bodenhaftung nicht zu verlieren. Das macht sie sehr sympathisch. Auch die kleineren Rollen sind gut besetzt, wobei Andreas Lust als übergriffiger Kunstprofessor Roeg besonders auffällt – in ihm zeigt sich vielleicht am besten die Ambivalenz im Kunstmarkt-Mechanismus. Eine geradezu teuflische Verbindung von Kreativität, Berechnung und Spontaneität, die vielleicht große Kunst hervorbringen kann, aber in sich vor allem aggressiv und zerstörerisch wirkt. Jojo widersetzt sich diesem System, sie bietet stattdessen Qualität, Handwerk und Optimismus. Aber ob sie damit Erfolg hat? Die Sympathie des Kinopublikums ist ihr auf jeden Fall sicher.
Gaby Sikorski