Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss

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Von einem Profikiller, der seit acht Jahren auf einen Auftrag wartet erzählt Florian Mischa Böder in seinem Regiedebüt „Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss“, einem weiteren Versuch, deutsches Genrekino zu etablieren. Die Spuren der ZDF-Reihe Das kleine Fernsehspiel kann der mal lakonische, mal alberne Filme aber trotz bekannter Darsteller nicht ganz verhehlen...

Webseite: www.einsamkeitdeskillers-film.de

Deutschland 2014
Regie: Florian Mischa Böder
Buch: Clemente Fernandez-Gil, Florian Mischa Böder
Darsteller: Benno Fürmann, Mavie Hörbiger, Wolf Roth, Erik Madsen
Länge: 80 Minuten
Verleih: Camino Filmverleih
Kinostart: 13. November 2014
 

FILMKRITIK:

Nach 9/11 gründete die EU eine streng geheime Spezialeinheit von Profikillern, die im Notfall für die Sicherheit der Mitgliedsstaaten sorgen sollten. Einer dieser Killer ist Koralnik (Benno Fürmann), der zusammen mit Kollegen aus Dänemark, Frankreich und anderen Ländern eine harte Ausbildung überstanden hat und anschließend in den Untergrund ging, um auf einen Auftrag zu warten. Acht Jahre sind seitdem vergangen, acht Jahre, in denen Koralnik ohne soziale Kontakte in einer anonymen Wohnsiedlung lebt, regelmäßig mit dem Dienstwagen ausfährt und vor allem unauffällig geblieben ist.

So penibel ist Koralnik in der Erfüllung seiner Pflichten, dass er kaum noch in der Lage ist, soziale Kontakte zu führen, seinen Mitmenschen zu begegnen, ohne paranoide Hintergedanken zu hegen. Als ihm eines Tages Rosa (Mavie Hörbiger) einen Kratzer in die Stoßstange fährt, steht Koralnik vor einer für ihn kaum zu bewältigenden Aufgabe: Lässt er sich auf ein Gespräch mit der blonden Frau ein oder nicht? Natürlich tut er – und das Schicksal nimmt seinen Lauf: Denn Rosa entpuppt sich als Kleinbetrügerin, die ein Opfer für ihre Mitleids-Masche sucht. Und zu allem Unglück bekommt Koralnik in genau diesem Moment auch noch die ersehnte Nachricht auf sein Handy: Ein Auftrag! Nach acht Jahren darf er endlich jemand töten, doch da er dank Rosa und einiger Drogen vorübergehend indisponiert ist, muss er kurzerhand Rosa als Fahrerin mitnehmen. Doch das ist nur der Anfang.

Eigentlich ein schönes Konzept, dass sich Drehbuchautor Clemente Fernandez-Gil ausgedacht hat: Viel Potenzial für skurrile Komik bietet der Stoff um einen Profi-Killer, der schon viel zu lange auf einen Einsatz wartet und nun zu einem Maß an Kommunikation gezwungen wird, wie es seit Jahren nicht mehr nötig war. Dass ihm auch noch eine in Aussehen und Habitus betont naiv wirkende Partnerin gegenübergestellt wird, die sich als schlagfertig und gerissen herausstellt, hätte aus „Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss“ einen ungewöhnlichen und originellen Film machen können.

Und in Momenten gelingen Böder auch schöne, pointierte oder groteske Szenen, in denen die Absurdität der Figuren und der Situationen, in denen sie sich wiederfinden, mit großer Präzision ausgereizt werden. Oft jedoch fehlt der Wagemut, um das ganze Potential des Konzepts auszuspielen. Dass Hörbigers Rosa eine Trickbetrügerin ist, spielt letztlich kaum eine Rolle und bleibt ebenso eine verschenkte Drehbuchidee wie die fiktive europäische Killertruppe, die seit Jahren vergeblich auf einen Auftrag wartet. Immer wieder scheint sich hier eine größere Dimension aufzutun, scheinen Böder und Fernandez-Gil auch von der oft absurd anmutenden Panikmache vor dem Terrorismus oder sonstiger Bedrohungen erzählen zu wollen – nur um dann auch dieses Thema wieder fallen zu lassen. So bleibt „Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss“ immer wieder hinter den Möglichkeiten seines Ansatzes zurück und ist am Ende ein in Momenten pointierter, origineller Film mit überzeugenden Hauptdarstellern, bei dem deutlich mehr drin gewesen wäre.
 
Michael Meyns