Die Sch’tis in Paris – Eine Familie auf Abwegen

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Zehn Jahre nach dem gigantischen Erfolg von „Willkommen bei den Sch'tis“, dem in Frankreich zweiterfolgreichsten Film aller Zeiten, legt Regisseur, Autor und Hauptdarsteller nun eine Fortsetzung vor. Die jedoch nur bedingt eine ist, denn in „Die Sch'tis in Paris - Eine Familie auf Abwegen“ spielen zwar viele der Schauspieler des Originals mit, aber in anderen Rollen. Das Ergebnis ist jedoch sehr ähnlich wie der Vorgänger, im gutem wie im schlechten.

Webseite: www.dieschtisinparis-film.de

La Ch'tite Famille
Frankreich 2018
Regie: Dany Boon
Buch: Dany Boon, Sarah Kaminsky
Darsteller: Dany Boon, Laurence Arné, Valérie Bonneton, Guy Lecluyse, Pierre Richard, Francois Berléand, Line Renaud, Kad Merad
Länge: 108 Minuten
Verleih: Concorde
Kinostart: 22. März 2018

FILMKRITIK:

Erfolgreich und ziemlich eingebildet ist das Architektenpaar Valentin D. (Dany Boon) und Constance (Laurence Arné), die gerade den Höhepunkt ihres Ruhms erleben: Eine große Retrospektive ihrer gewagten Designs eröffnet, wo auch ihre ebenso berühmten wie vollkommen unpraktischen dreibeinigen Stühle ausgestellt werden. Zudem ist Constances Vater kurz davor, dem Paar einen gutdotierten Auftrag zuzuschanzen. Da darf nichts schiefgehen, schon gar nicht darf das Geheimnis um Valentins Herkunft gelüftet werden.
 
Der ist nämlich keineswegs der arme Waise, als den er sich jahrelang dargestellt hat, sondern hat noch sehr lebendige Eltern. Die allerdings aus dem Arbeitermilieu stammen und echte Sch'tis sind. Jahrelang hat Valentin jeden Kontakt zu seinen Verwandten vermieden, doch zum 80. Geburtstag der Mutter (Line Renaud) kommt die Familie mit Sack und Pack aus der Provinz nach Paris.
 
Fast hat Valentin die peinliche Begegnung mit seiner Vergangenheit hinter sich gebracht, da hat er einen Autounfall und verliert sein Gedächtnis: Plötzlich glaubt er wieder 17 Jahre alt zu sein, ist in seine heutige Schwägerin Loulete (Valérie Bonneton) verliebt - und spricht wieder Sch'ti. Während seine Verwandten begeistert von neuen (oder alten) Valentin sind, gerät seine Frau zunehmend in Verzweiflung angesichts des Bauerntölpels, mit dem sie nun das Bett teilt.
 
Eigentlich ein ganz zeitgemäßer Ansatz, den Dany Boon für die lang erwartete Fortsetzung seiner Erfolgskomödie benutzt: Statt die Geschichte aus Teil 1 weiterzuspinnen, dreht er sie einfach mit den gleichen Schauspielern in anderen Rollen nochmal. Der kleine aber feine Unterschied ist jedoch, dass hier nicht zwei Gruppen von Provinzlern aufeinandertreffen und im Laufe der Geschichte ihre wechselseitigen Vorurteile überwinden, sondern das Provinz auf Stadt trifft.
 
Mehr als in anderen Staaten ist in Frankreich der Gegensatz zwischen Stadt und Land, zwischen Paris und dem Rest der Republik auch ein kultureller, sozialer Gegensatz, ist das Verhältnis von Vorurteilen und Klischees geprägt, mit denen sich leicht, oft allzu leicht spielen lässt. Auf der einen Seite stehen hier also die snobistischen Hauptstädter, selbstgefällig und von ihrer eigenen Brillanz und Originalität überzeugt, auf der anderen Seite die vulgären, tumben Provinzler, die aber natürlich dennoch das Herz am rechten Fleck haben. Dass die Geschichte nun also darauf hinausläuft, dass Valentin D. einen Mittelweg zwischen seiner ländlichen Herkunft und den Macken der Großstadt findet, liegt auf der Hand.
 
Etwas einfach macht es sich Dany Boon in seiner Rolle als Autor und Regisseur mit diesem Kontrast und spielt die Gegensätze genüsslich, aber auch oberflächlich gegeneinander aus.
Doch ein subtiler Film war schon „Willkommen bei den Sch'tis“ nicht, selbst eine ähnlich erfolgreiche Komödie wie „Ziemlich beste Freunde“ hatte da viel mehr, viel Komplexeres über das Aufeinandertreffen zweier Welten zu erzählen. „Die Sch'tis in Paris - Eine Familie auf Abwegen“ bleibt insofern dem Original treu und ist grobschlächtig, eher klamaukig, als feinsinnig, von schlichter Moral geprägt, aber irgendwie dann doch auch liebenswert.
 
Michael Meyns