Dogman

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Luc Besson ist zurück – mit einem Film über einen jungen Mann, der von der Polizei aufgegriffen wird und einer Psychologin seine traurige Geschichte erzählt. Er hat gelernt, Menschen zu misstrauen. Nur Hunde sind ehrlich. Besson hat das Skript geschrieben und selbst inszeniert, vor allem verlässt er sich aber auf Caleb Landry Jones, der eine eindrucksvolle Darstellung abliefert. Die eines Mannes, der im Leben früh gebrochen wurde.

Webseite: https://www.capelight.de/dogman

Frankreich / USA 2023
Regie: Luc Besson
Buch: Luc Besson
Darsteller: Caleb Landry Jones, Christopher Denham, Marisa Berenson

Länge: 113 Minuten
Verleih: Capelight
Kinostart: 4. Oktober 2023

FILMKRITIK:

„Wo auch immer sich jemand unglücklich fühlt, schickt Gott einen Hund.“ – Dieses dem Philosophen Alphonse de Lamartine (1790-1869) zugeschriebene Zitat steht am Anfang des Films. In den ersten Bildern sieht man einen Mann in Frauenkleidern am Steuer eines Lastwagens. Die Polizei hat ihn aufgehalten, sie fordert ihn auf, auszusteigen. Auf der Ladefläche sind jede Menge Hunde. „Aber die tun Ihnen nichts, wenn Sie mir nichts tun“, sagt der Mann. Dann wird er in Gewahrsam genommen. Eine Psychologin wird hinzugezogen. Ihr öffnet sich der Mann namens Doug, der ihr davon erzählt, wie er von seinem Vater zu den Hunden in den Zwinger gesperrt wurde, wie er im Rollstuhl landete, und was dazu führte, dass die Polizei ihn in diesem Lastwagen fand.

Besson ist ein Vielschreiber. Er produziert jede Menge Drehbücher, viele werden von anderen Regisseuren umgesetzt. Das sind die, bei denen man das Gefühl hat, dass er sich keine Mühe gibt, sondern einfach runterschreibt, was ihm gerade in den Sinn kommt. Bei seinen eigenen Regie-Arbeiten arbeitet er sehr viel filigraner. So auch bei „DogMan“, einem Drama, das am Ende zwar in einem Akt der Gewalt ausartet, vor allem aber vom Leben eines Außenseiters erzählt. Einer, der zu dem gemacht wurde, was er ist. Denn das ist doch die eigentliche Crux jedes Lebens: Dass man nur bedingt darauf einwirken kann und die Umstände zwingend sind. Ein Delinquent, so erklärt Doug, ist nur einer, weil er dazu gemacht wurde. Er wurde nicht so geboren.

Doug hätte auch ein gutes Leben, ein normales Leben haben können. Wenn sein Vater kein Mann der Gewalt gewesen wäre. Wenn seine Mutter nicht so feige gewesen wäre. Wenn er eine Chance bekommen hätte. Aber der Bruch in Dougs Leben erfolgt früh, und davon erholt er sich nicht mehr. Trost und Geborgenheit findet Doug nur noch bei seinen Hunden, die ihm lieber und wichtiger als jeder Mensch sind.

Die Erzählstruktur ist geradezu klassisch. Das Gespräch in der Gegenwart, die langen Rückblicke in Dougs Leben. Manchmal überlappt beides miteinander, wenn die Erinnerung Doug in ihren Bann hält. Caleb Landry Jones ist hervorragend, in den Szenen, in denen „DogMan“ zum Kammerspiel wird und seine Figur mit der Psychologin spricht, ist er jedoch noch intensiver. Angesichts seines Lebens fragt man sich, wieso er sich dieser Fremden überhaupt öffnet. Eine Frage, die am Ende auch die Psychologin stellt. Die Antwort liegt auf der Hand.

Man fragt sich im Verlauf der Geschichte, wie Besson sie enden lassen will. Letztlich entscheidet er sich für einen fast schon metaphysischen Abgang, für das Seelenheil des einen und die Staffelstabübergabe an die andere. Ein etwas eigenwilliges Ende, das manches im Unklaren lässt, aber auch gut mit Dougs Fähigkeit des „Hundeflüsterns“ korreliert. Wie die Hunde seine Wünsche erkennen, hat das schon etwas mythologisch Überhöhtes, aber es ändert nichts an der Essenz des Films. Dies ist ein eindringliches Drama über einen waidwunden Mann, dem das Leben nie eine Chance gegeben hat.

Peter Osteried