Drachenmädchen

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In seiner beeindruckenden und sensiblen Dokumentation DRACHENMÄDCHEN porträtiert Inigo Westheim drei Schülerinnen der Shaolin Tagou Kampf-sportschule. An der Schule unweit des traditionsreichen Shaolin Klosters lernen 26.000 Schülerinnen und Schüler aus allen Teilen des Landes in einem strikt durchstrukturierten Tagesablauf Kung Fu und Sanshan (Kickboxen). Für viele verbindet sich mit dem Training die Hoffnung auf ein besseres Leben als es ihre Eltern führen. Aber der Preis, den Eltern und Kinder dafür zahlen, ist hoch.

Webseite: www.drachenmaedchen-derfilm.de

Deutschland 2011/2012
Regie: Inigo Westmeier
Buch: Inigo Westmeier & Benjamin Quabeck
Kamera: Inigo Westmeier
Länge: 90 Minuten
Verleih: polyband Medien GmbH
Starttermin: 28.2.2013

PRESSESTIMMEN:

...ein außergewöhnlich schöner Dokumentarfilm ...ein Wunder von Film.
BERLINER ZEITUNG

FILMKRITIK:

Ein endlos scheinender Platz, darauf tausende junge Männer, die im Gleichtakt die gleichen Kung Fu Bewegungen ausführen. Der Anfang von DRACHENMÄDCHEN lässt an die cgi Animationen riesiger Armeen im Herrn der Ringe denken. Dann stellt man fest, dass die Aufnahmen real, nicht animiert sind, mehr noch, sie sind dokumentarisch. An der größten Kung Fu Schule Chinas, der Shaolin Tagou, lernen 26.000 Schüler und Schülerinnen von 6 Uhr früh bis zur Nachtruhe um 20 Uhr Kampfsport und ein wenig Allgemeinbildung. Für die Einen geht dort der Traum vom Kung Fu Künstler in Erfüllung, die anderen sind dort, weil ihre Eltern nicht die Zeit haben, sie groß zu ziehen und wieder andere wurden in die straff organisierte Sportschule geschickt, um Disziplin zu lernen. Der überwiegende Teil sind Jungen, aber auch Mädchen lernen hier.

Die 9-jährige Xin Chenxi ist mit 7 Jahren auf die Schule gekommen und trainiert inzwischen in einer Elite-Einheit. Obwohl sie die weitaus jüngste von Westmeiers Interviewpartnerinnen ist, scheint sie am besten mit dem rigiden Regime klar zu kommen. Auf die Frage, ob sie manchmal weinen müsse, antwortet sie „Tränen sind ein Zeichen von Unfähigkeit“. Aber es ist gar nicht so lange her, da hat sie noch gedacht, auf der Schule würde sie das Fliegen lernen. Ein bisschen spielen und zwischendrin fliegen. Damals haben ihre Eltern sie noch jedes halbe Jahr besucht, jetzt hat der Vater versprochen zu kommen, wenn sie bei einem Wettbewerb den ersten Platz macht. Sie muss sich nur genug anstrengen. Viel stärker als Xin Chenxi leidet die 15-jährige Chen Xi unter dem täglichen Training, bei dem sie oft einstecken muss. Sie hat Sehnsucht nach ihren Eltern, die oft nicht einmal genug Zeit haben, um mit ihr zu telefonieren, und manchmal weint sie nachts heimlich. Huang Luolan (17), die dritte Protagonistin des Films schließlich gehört zu den wenigen Schülern und Lehrern, die aus der Schule geflüchtet sind.

Inigo Westheim kombiniert die Erzählungen der Schülerinnen mit Eindrücken von Schule und Training zu einem präzisen Bild des Schulalltags, erzählt aber auch vom gesellschaftlichen Umfeld der Kampfsportausbildung. Der Regisseur hat die Heimatorte der Mädchen besucht, mit Eltern und Verwandten gesprochen und den Direktor der Shaolin Tagou Schule sowie den Abt des nahe gelegenen Shaolin-Klosters interviewt. Aus den Versatzstücken entsteht ein komplexes Bild. Es handelt von Familien, die zu arm sind, um füreinander Zeit zu haben und sich nach einander sehnen, von Kindern, die wissen, dass sie sich gegen Tausende durchsetzen müssen, wenn sie Erfolg haben wollen, von einer rigorosen Vorstellung von Erziehung und Disziplin und auch, immer wieder, von der Faszination die der traditionsreiche und hoch akrobatische Kampfsport ausübt. An ihrem letzten Urlaubstag zuhause sagt die kleine Xin Chenxi: „Ich werde meinen Vater vermissen, wenn ich wieder in die Schule fahre“ und fügt dann nach einer Pause an: „Ich will zurück in die Schule“.

Hendrike Bake

China. Das Land befindet sich zwar im „kapitalistischen“ Aufschwung, doch unzählige arme Eltern, besonders unter der Landbevölkerung, müssen hart arbeiten, „damit die Kinder es einmal besser haben“.

Sie schicken sie in dem Fall, der in diesem Dokumentarfilm gezeigt wird, in die Kung-Fu-Schule Shaolin Tagou. Es ist dies ein gewaltiges Institut, das nicht weniger als 33 000 Mitglieder zählt, 26 000 Schüler sowie 9000 Betreuer und anderes Personal.

Im Vordergrund stehen hier ein paar Mädchen, Xin Chenxi, Huang Luolan oder Quan Ling und Chen Xi zum Beispiel. Sie sind noch sehr jung und haben alle für ihr Alter ein ungewöhnlich hartes Leben.

Bereits um 5.40 Uhr wird aufgestanden. Die Essens- und Toilettenpausen sind knapp bemessen. Beinahe den ganzen Tag heißt es trainieren, kämpfen, schlagen, sich Körperbeherrschung verschaffen, leiden, auf keinen Fall nachgeben.

Ab und zu kneift eine oder einer, die dann abhauen. Leicht ist das nicht, denn die Kampfschule wird streng bewacht. Doch denen ist das Programm, sind die extrem strengen Regeln, sind die Bestrafungen in Form von Schlägen zu hart.

Die große Mehrzahl jedoch bekennt sich sehr wohl und sehr gerne zu dieser Ideologie. „Weinen bedeutet Unfähigkeit“, sagt eine junge Schülerin. Wenn diese Mädchen und Jungen die Kampfkunst Kung Fu – der Ausdruck bedeutet: die durch harte Arbeit gewonnene Energie – vollendet beherrschen, können sie es im Leben weit bringen.

„Deserteure“ gibt es wie gesagt sehr wenige. Die meisten sind voll und ganz bei der Sache. Was sie sagen oder was ihnen in den Mund gelegt wird, lässt aufhorchen. Sogar viel Gescheites ist dabei. Welcher Unterschied beispielsweise zum verweichlichten „westlichen“ Fun-, Party-, Sauf- und Drogen-Gesellschaftsteil!

Ein Mönch im nahe gelegenen Tempel trägt Philosophisches dazu bei, obwohl er mit der Kampfkunstschule nicht unmittelbar zu tun hat. Er stellt aber sehr schön zum Beispiel den Zusammenhang zwischen Kung Fu und dem Buddhismus dar.

Interessant ist der Film in vielerlei Hinsicht, obwohl er thematisch und handlungsmäßig begrenzt ist.

Thomas Engel