Dreiviertelmond

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Ein grantelnder Taxifahrer und eine freche türkische 6-jährige. Diese so gegensätzlichen Personen lässt Regisseur und Drehbuchautor Christian Zübert in seiner schönen, sehenswerten Tragikomödie aufeinander prallen. Und schafft es dabei, weit mehr als nur das Offensichtliche zu sagen, sondern auch viel über das Verhältnis zwischen Deutschen und Türken zu erzählen.

Webseite: www.dreiviertelmond.de 

Deutschland 2010
Regie, Buch: Christian Zübert
Darsteller: Elmar Wepper, Mercan Türkoglu, Ivan Anderson, Özay Fecht, Katja Rupé, Marie Leuenberger
Länge: 94 Minuten
Verleih: Majestic, Vertrieb: Fox
Kinostart: 13. Oktober 2011

PRESSESTIMMEN:

Zauberhaft... Ein Film, in dem alles zusammenpasst.
STERN

Ein kleines Filmwunder an Warmherzigkeit. Bei dieser Tragikomödie geht einem das Herz auf.
BR - KinoKino

Herzerwärmendes Gefühlskino ohne Sozialkitsch.
WDR

Ein wunderschöner Film, der total glücklich macht!
TV Movie

Elmar Wepper verkörpert die Wandlung des Gries­gram so nuanciert und zurückgenommen, dass allein schon seine Darstel­lung den Kinobesuch lohnt.
Cinema

FILMKRITIK:

Es macht Sinn, dass der Verleih „Dreiviertelmond“ als den neuen Film mit Elmar Wepper nach „Kirschblüten“ bewirbt. Nicht nur, dass Wepper seit seiner viel gepriesenen Rolle in Doris Dörries großem Erfolg keinen Film gedreht hat, seine Rolle in Christian Züberts Tragikomödie ist in vielerlei Hinsicht eine Variation des Vorgängers. Erneut geht es um einen älteren Mann, der im seit Jahren eingespielten Trott feststeckt und seine familiären Probleme durch die Bekanntschaft einer Person aus einem anderen Kulturkreis überwindet. Eine bloße Kopie ist „Dreiviertelmond“ allerdings nicht, vielmehr eine gelungene Variation einer der typischen Erzählmuster des Kinos: Der Konfrontation unterschiedlicher Typen und Kulturen.

Auf der einen Seite steht Weppers Figur Hartmut. Der ist Taxifahrer in Nürnberg und mit ganzer Seele Franke. Bärbeißig bewegt er sicht durch den Alltag, hat sich in einem Geflecht aus Vorurteilen eingerichtet, die oft haarscharf am Rassismus vorbeischrammen, und steht vor fundamentalen Problemen: Seine Frau Christa (Katja Rupé) hat ihn nach 30 Jahren Ehe verlassen, völlig überraschend wie Hartmut findet. Die Tochter Verena (Marie Leuenberger) kümmert sich notdürftig um den Vater, kann ihm allerdings auch nicht wirklich helfen, zu verbohrt ist Hartmut. Noch, denn mit dem sechs Jahre alten türkischen Mädchen Hayat (Mercan Türkoglu) setzt ihm das Schicksal eine Person ins Taxi, die kaum gegensätzlicher sein könnte. Schon bei ihrer ersten Begegnung fand Hayat Hartmut sympathisch, auch wenn der sich da noch ganz raubeinig präsentierte und von Hayats Mutter als Nazi bezeichnet wurde. Nun jedoch haben die Umstände Hayat allein in Nürnberg zurückgelassen, Hartmut ist das einzige bekannte Gesicht, und so erwacht auch unter der zunächst sehr rauen Schale Hartmuts ein weiches Herz. Zunächst aus reinem Pflichtgefühl nimmt er sich Hayat an, schafft es mit Hilfe eines Döner-Verkäufers, zumindest rudimentäre Information von dem kaum Deutsch sprechenden Mädchen zu erfahren und beginnt langsam, über sich und sein Leben nachzudenken.

Zwei Aspekte heben „Dreiviertelmond“ über sein Konzept hinaus: Zum einen sind das die beiden Hauptdarsteller, der erfahrene Wepper und die ganz junge Mercan Türkoglu, die ihre erste Kinorolle mit Bravour bewältigt. Voller Witz und mit frechem Mundwerk bietet sie dem grantelnden Wepper Paroli und lässt auch die bisweilen zwangsläufig kitschigen Momente der Annährung sympathisch erscheinen. Zum anderen ist das Drehbuch das Zübert zusammen mit seiner türkischen Frau Ipek entwickelte, genau beobachtet und präzise. Die Klischees und Vorurteile, die sich auf beiden Seiten des deutsch-türkischen Zusammenlebens finden, wurden selten so pointiert dargestellt wie hier. Dass all das mit großer Leichtigkeit von statten geht, der moralische Zeigefinger unten bleibt, all das macht „Dreiviertelmond“ zu einem so sehenswerten Film.

Michael Meyns

Hartmut Mackowiak ist Taxifahrer. Nach 30 Jahren ist seine Frau mit einem anderen abgehauen. Nur seine Tochter Verena ist ihm geblieben, aber auch da könnte das Verhältnis wesentlich besser sein.

Vom Flughafen muss er die Türkin Gülen und deren kleine Tochter Hayat abholen und sie zur Großmutter fahren. Gülen verreist, die Oma passt auf die Kleine auf. Jede der zwei hat einen Gebetsteppich, beide beten. Aber die Oma steht nicht mehr auf.

Im Krankenhaus wartet Hayat ewig. Niemand kümmert sich um sie. Zufällig kommt Hartmut vorbei. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als sich der Kleinen anzunehmen; wo sie wohnt weiß er ja.

Am Ende hat Hartmut durch das, was mit seiner Frau, mit der Tochter, mit Hayat und ihm selbst geschehen ist, eine neue Sicht auf das Leben bekommen.

Eine kleine Geschichte, wie sie durchaus passieren kann. Aber das ist in diesem Falle nicht das Wichtigste. Das Wichtigste ist, wie Elmar Wepper und die kleine Mercan Türkoglu alles spielen. Man wusste spätestens nach Weppers Leistung in Doris Dörries „Kirschblüten – Hanami“, wie gefühlsrichtig, ausdrucksstark und angenehm er ist (Bayerischer Filmpreis, Deutscher Filmpreis und Nominierung für den Europäischen Filmpreis), und auch hier könnte er die Empfindungen nicht besser reffen.

Und die kleine Mercan? „Eine kleine Sensation“ wurde gesagt. Richtig. Es ist ihr erster Film. Es wird danach sicherlich nicht der letzte sein.

Thomas Engel