Eine überraschende Mischung aus Leichtigkeit und Tiefgang: Die romantische Komödie erinnert zwar in manchem an “Alles steht Kopf”, aber tatsächlich ist sie doch ziemlich originell, aber vor allem sehr unterhaltsam und witzig. Sie erzählt vom ersten Date eines (vielleicht?) künftigen Liebespaares aus Sicht ihrer inneren Stimmen.
Über den Film
Originaltitel
Follemente
Deutscher Titel
Du & Ich und Alle reden mit
Produktionsland
ITA
Filmdauer
97 min
Produktionsjahr
2025
Regisseur
Genovese, Paolo
Verleih
capelight pictures OHG
Starttermin
20.11.2025
Paolo Genoveses vorherige Komödie “Perfect Strangers” (Originaltitel: Perfetti sconosciuti), die in Deutschland nicht ins Kino kam, entwickelte sich innerhalb weniger Jahre zum Film mit den meisten Remakes aller Zeiten, zurzeit sind es an die 30! Die deutschsprachige Verfilmung ist unter dem Titel „Das perfekte Geheimnis“ bekannt (Regie: Boris Dagtekin) und wurde einer der erfolgreichsten Filme des Jahres in Deutschland. „Du & ich und alle reden mit“ war ein Publikumshit in Italien … möglicherweise auch in Deutschland? Oder ein neuer Remake-Rekord?
Im Mittelpunkt der Komödie stehen ein Mann und eine Frau: Lara, mit viel Witz und Charme gespielt von Pilar Fogliati, ist ca. Ende Dreißig. Sie restauriert Möbel, die sie öfters umarmt, weil sie Möbel eigentlich lieber mag als Menschen. Man kann nämlich nicht von ihnen enttäuscht werden. Manchmal nimmt sie extra hohe Preise für ein Möbelstück, weil sie sich nicht von ihm trennen kann. Ihr Liebesleben stagniert, sie hat sich gerade von ihrem letzten Lover getrennt, einem verheirateten Mann, nicht die einzige Enttäuschung. Piero (Edoardo Leo) hingegen ist ein relativ braver Lehrer, sensibel und freundlich, um die 50, aber ziemlich fit. Sein Liebesleben liegt komplett darnieder, und das schon seit vielen Monaten. Er hat seine Scheidung nur schwer verkraftet und vergöttert seine heftig pubertierende Tochter.
Der Film springt direkt hinein in die Handlung. Es dauert ein paar Sekunden, aber der Überraschungseffekt ist ganz wunderbar, denn dann wird klar, dass hier Pieros innere Stimmen eine heftige Diskussion in seinem Kopf führen. Sie können sich nicht einigen, welche Art von Kondomen er kaufen soll, während er auf dem Weg zu Lara vor dem gut sortierten Automaten einer Apotheke steht. Vier verschiedene Persönlichkeiten streiten sich in Pieros ziemlich verwirrtem Kopf, die an eine vollgeräumte Studentenbude erinnert und gleichzeitig auch Bibliothek und Amtsstube zu sein scheint. Bei Lara sieht es nicht viel anders aus, obwohl ihr Oberstübchen etwas heller und aufgeräumter ist. Auch bei ihr sind es vier personifizierte innere Stimmen. Da ist Giulietta (Vittoria Puccini), die Romantikerin im blass-lila Chiffonkleidchen à la Abi-Ball, die frivole Trilli (Emanuela Fanelli), die Punkerin Scheggia (Maria Chiara Giannetta) und schließlich Alfa (Claudia Pandolfi), als Stimme der Vernunft im elegant lässigen Hosenanzug. Piero hingegen hat Romeo, Eros, Valium und den Professor im Kopf, die von Maurizio Lastrico, Claudio Santamaria, Rocco Papaleo und Marco Giallini dargestellt werden. Man sieht: Piero verfügt über ein eher schlichtes Gemüt, während es bei Lara insgesamt komplizierter zugeht. Wie zu erwarten, gehören Romeo und Giulietta zusammen, und auch die übrigen inneren Stimmen finden ihre Entsprechung in der anderen Person. Doch das und vieles andere muss erst noch enthüllt und entdeckt werden, denn die ebenso liebenswürdige wie ironischen Komödie birgt viele Überraschungen.
Die zwei Quartette sorgen aber zunächst für jede Menge kunterbunte Verwirrung und begleiten Lara und Piero durch den Abend und durch die Nacht sowie durch alle Stationen des Kennenlernens. Sie quatschen dauernd dazwischen und mischen sich in alles ein. Das ist sehr, sehr witzig, aber zusätzlich gespickt mit einer großen Portion Ironie und Zeitgeist. Da streiten sich Alfa und Scheggia darüber, ob man Piero unter Generalverdacht stellen sollte, weil er ein Mann ist, während Trilli am liebsten sofort zur Sache kommen würde – am besten gleich auf dem Esstisch. Die süße, naive Giulietta glaubt noch an die große Liebe, so wie der wuschelköpfige Romeo, der in Pieros Kopf versucht, sich gegen Valiums Trägheit und gegen die Bedenken des Professors durchzusetzen. Eros jedoch wartet mit frechem Blick auf seinen Einsatz. Hier geht’s Schlag auf Schlag und die Gags fliegen wie kleine Blitze hin und her.
Diese herzerfrischende erwachsene RomCom-Version von „Alles steht Kopf“ ist vielleicht nicht hundertprozentig originell, aber intelligent und vor allem sehr komisch. Hier stimmt nicht nur die Chemie zwischen den beiden sympathischen Hauptfiguren und ihren inneren Stimmen, sondern auch das Tempo, das mit schnellen Schnitten dafür sorgt, dass die Dialogkomödie niemals langweilig wird. Männer und Frauen und ihre Beziehungen untereinander werden dabei auf liebenswürdige Weise veralbert, ebenso männliche und weibliche Rollenbilder. Viele coole und oft ironische Sprüche gehören dazu, zum Beispiel, wenn es ums Mansplaining geht: „Was ist das eigentlich?“ – „Wieder so eine neue Wassersportart!“
Eigentlich könnte alles ganz einfach sein: zwei, die sich mögen und vielleicht verlieben … wenn nur diese Stimmen nicht wären! Aber vielleicht kommen sie ja doch noch zusammen, die beiden. Zumindest sorgen sie für einen der schönsten und witzigsten sexuellen Höhepunkte der letzten Jahre – inklusive Liveband.
Gaby Sikorski

				





