Ennio Morricone – Der Maestro

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Er ist ohne Frage einer der bekanntesten, vielleicht auch der bekannteste Komponist von Filmmusik: Ennio Morricone. Zu über 500 Filmen schrieb er die Musik, darunter etliche von Giuseppe Tornatore. Der huldigt Morricone nun mit der zweieinhalb Stunden langen Hagiografie „Ennio Morricone – Der Maestro“, die den Anschein erweckt, das fast jeder zu Wort gekommen ist, der einmal mit Morricone zu tun hatte.

Italien: 2021
Regie & Buch: Giuseppe Tornatore
Dokumentarfilm

Länge: 156 Minuten
Verleih: Plaion Pictures/Central
Kinostart: 22. Dezember 2022

FILMKRITIK:

Schon beim ersten Takt erkennt man eine Musik von Ennio Morricone, sagt der deutsche Komponist Hans Zimmer an einer Stelle von Guiseppe Tornatores Dokumentarfilm „Ennio Morricone – Der Maestro.“ Wie so viele andere zeigt sich Zimmer voller Bewunderung für Morricone, beschreibt den Einfluss und die Bedeutung des italienischen Komponisten, der wie nur wenige seines Faches popkulturelle Größe erlangt hat.

Zu mehr als 500 Filmen hat Morricone die Musik geschrieben, eine sagenhafte Zahl, auch wenn viele dieser Filme wenig bemerkenswert sind. Etliche aber auch weltberühmt, angefangen von den Sergio Leone Western „Eine Handvoll Dollar“ oder „Zwei glorreiche Halunken“, einem epischen Bernardo Bertolucci-Film wie „1900“, dem Belmondo-Krimi „Der Profi“, Brian de Palmas „Die Unbestechlichen“ oder Quentin Tarantinos „The Hateful Eight.“ Für diesen Film wurde Morricone 2016 doch noch mit dem Oscar für die Beste Filmmusik ausgezeichnet, nachdem er Jahre zuvor schon den gefühlten Trostpreis, einen Ehrenoscar erhalten hatte. Das er nicht schon früher mit dem berühmtesten Filmpreis der Welt ausgezeichnet wurde fällt angesichts der großen Karriere, die Morricone hatte, nicht ins Gewicht. Sollte man zumindest meinen. Doch einer der interessantesten Aspekte von „Ennio Morricone – Der Maestro“, ist die Suche nach Anerkennung, nach Würdigung, nicht zuletzt durch das Establishment der klassischen Musik.

Zu Beginn seiner Karriere, nachdem er auf dem Konservatorium beim berühmten Komponisten Goffredo Petrassi studiert hatte, schrieb Morricone erste Filmmusiken noch unter einem Pseudonym. Zu populistisch schien ihm die Arbeit fürs Kino, viel weniger bedeutsam als das Komponieren von Symphonien oder anderen Formen der klassischen Musik. Das er schnell zu einem der in Europa begehrtesten Komponisten für Filmmusik wurde und auch für etliche italienische Sänger Hits schrieb, scheint für Morricone lange Zeit nur ein schwacher Trost gewesen zu sein. Anerkennung in Form von Preisen und Auszeichnungen blieb auch lange aus: Vor 1980 war es allein der Verband der italienischen Filmkritiker, der Morricones Musik würdigte. Erst später, als er verstärkt für Hollywood-Filme, nicht zuletzt für solche, die unmittelbar auf den Oscar abzielten, Musik schrieb, häuften sich die internationalen Preise, wurde Morricone zu der Ikone, die er zum Ende seines Lebens war.

Viel Zeit verbringt Guiseppe Tornatore in seinem Dokumentarfilm nun damit, Zeitzeugen ihre   Bewunderung über Morricone und seine Musik aussprechen zu lassen: Bernardo Bertolucci, Quentin Tarantino, Roland Joffé, Dario Argento, Clint Eastwood und viele andere kommen zu Wort, dazu etwas willkürlich ausgewählte Musiker wie Bruce Springsteen, James Hetfield von Metallica oder der ehemalige The Clash-Bassist Paul Simonon. Manchmnal scheint es so, als hätte Tornatore wirklich jeden vor die Kamera gelassen, der verfügbar und bereit war, sich lobend über Morricone zu äußern.

Viel interessanter als diese auf Dauer doch etwas eintönigen und redundanten Lobeshymnen sind Erinnerungen früher Weggefährten aus Italien, die Morricones Arbeitsmethode beschreiben und analysieren. Ohne Instrumente arbeitete der Maestro meist, schrieb die Musik, die er im Kopf hatte, mit Bleistift direkt auf die Notenblätter, in rasendem Tempo, dass den enormen Output erst möglich machte. Mit 91 Jahren starb Ennio Morricone 2020, seine Filmmusiken bleiben unvergesslich.

 

Michael Meyns