Fack ju Göhte

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Mit seinem neuesten Film geht Regisseur und Drehbuchautor Bora Dagtekin nicht weniger geradeaus auf sein Zielpublikum zu als bei „Türkisch für Anfänger“, und wartet neben seinem TFA - Star Elyas M'Barek als Junglehrer wider Willen noch mit einer ganzen Riege erstklassiger Schauspieler auf, die eine Menge Spaß verbreiten. Allen voran Karoline Herfurth als strebsam - korrekte Junglehrerin, Alwara Höfels als deren Schwester, die dem Leben direkt ins ungeschminkte Antlitz schaut, und Katja Riemann als enervierte Direktorin, die schon auch mal betrunken vor ihren Schülern Karaoke singt. So klischeeüberladen dieser Trip durch den ganz normalen Wahnsinn einer deutschen Großstadtschule auch daherkommt, er hat Botschaften, die mehr sind als nur ein Schulwitz.

Webseite: www.fjg-film.de

DE 2013
Regie: Bora Dagtekin
Darsteller: Katja Riemann, Jana Pallaske, Karoline Herfurth, Elyas M'Barek, Alwara Höfels
Start: 07.11.2013
Verleih: Constantin Film

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Zeki Müller (Elyas M'Barek) wird aus dem Knast entlassen. Draußen wartet seine vollbusige Freundin, die Prostituierte Charlie (Jana Pallaske), um ihn zu dem Platz zu führen, wo sie die Beute vergraben hat. Aber dort steht jetzt eine Turnhalle, und zwar die der Goethe-Gesamtschule in einem sozial eher problematischen Stadtteil. Als in eben dieser Schule ein neuer Hausmeister gesucht wird, bewirbt Zeki sich auf die Stelle, um an sein Geld zu kommen. Er landet aber in der Bewerbungsrunde für die befristete Aushilfslehrerstelle und bekommt sie. Und plötzlich ist er mitten drin im ganz normalen Alltagswahnsinn eines Lehrers an einer Gesamtschule mitten in einem sozialen Brennpunktviertel.

Da er aber nur den Tunnel im Kopf hat, den er vom Hausmeisterbüro aus unter der Schule hindurch zu seinem Schatz graben will, besteht sein Unterricht zunächst darin, mit den aufmüpfigen Schülern einen Deal auszuhandeln: ihr lasst mich in Ruhe und ich euch. Doch dieses eigentlich faire Angebot für schulresistente Schüler nimmt die Problemklasse, die er übergeholfen bekommen hat, weil alle anderen Lehrer bereits an ihr gescheitert sind, nicht ohne Weiteres an, sondern fodert ihn aufs Äußerste heraus. Dabei geht es nicht zimperlich zu, doch letztlich bleibt Zeki Müller der Sieger. Schließlich war auch er einmal so ein mehr oder weniger entwurzelter Jugendlicher; nirgendwo zuhause, die Schule war ein Graus und eine Karriere als Krimineller unausweichlich.

Seine Gegenspielerin ist die Referendarin Lisi Schnabelstedt, ganz herzerfrischend und beseelt gespielt von Karoline Herfurth als vom Lehrerethos durchdrungene, ökologisch bewußte und strebsame Junglererin, die es schwer hat, bei den Jugendlichen zu punkten. Was Müller natürlich viel besser gelingt, nachdem er einmal die Hackordnung geklärt hat. Da er nun aber auch noch seine Bleibe verliert und vorübergehend bei eben jener Lisi und deren Schwester Caro einzieht, ist sowohl das Konfliktpotential als auch das Happy End vorhersehbar.

Dennoch ist die schräge Komödie ausgesprochen amüsant schon allein dadurch, dass man dem Darstellerensemble anmerkt, wieviel Spaß es selbst an den Figuren und dem unmöglichen Plot gehabt haben muss. Wir erleben Schüler als äußerst phantasiebegabte Wesen, wenn es darum geht, den Lehrer reinzulegen. Wir erleben Lehrer, die sich aus dem Fenster stürzen - freilich nur aus dem ersten Stock - , um ihrem Burnout eine angemessene Bühne zu verschaffen. Schön überzeichnet nicht nur an der Schule, sondern auch an sich selbst leidend Uschi Glas in einer Nebenrolle als Frau Leimbach-Knorrs. Wir erleben ein Lehrerzimmer im Ausnahmezustand, wenn es darum geht, das Schülerranking auszuwerten, also deren Beurteilung der beliebtesten Lehrer auf einer Skala von 0 bis 100. Katja Riemann ist die lange um Contenance bemühte, aber vollkommen frustrierte Direktorin Gudrun Gerster, die dennoch nicht an der ständigen Unterbesetzung ihres Lehrkörpers verzweifelt, sondern sich letztlich der unorthodoxen Methoden ihres attraktiven Aushilfslehrers, der keiner ist, bedient.

Aber die Schule und vor allem die zauberhafte Lisi Schnabelstedt hinterlassen bei Raubein Zeki Müller ebenfalls Spuren. Er beginnt sich tatsächlich für seine Schüler zu interessieren und entwickelt ganz eigene Methoden, deren Ehrgeiz für die eigene Bildung zu provozieren. In politisch herrlich unkorrekter Manier gelingt es ihm, eine ganze Gruppe schulresistenter Jugendlicher zu interessierten jungen Menschen zu wandeln.
Am Schluss freilich muss er sich entscheiden zwischen der Fortsetzung seiner Ganovenkarriere oder einem Leben als anständiger Mensch und Lehrer. Da es sich um eine Komödie handelt, fällt die Entscheidung nicht überraschend aus. Insgesamt aber ist es nicht nur ein schöner Klamauk, sondern auch ein bissig-ironischer Kommentar zur Misere im deutschen Bildungssystem.

Caren Pfeil