Faking Bullshit

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Als ob die Coen-Brüder auf Ruhrpott-Komödien umgestiegen sind: Eine flotte Komödie mit schrägem Charme, die dank passgenauer Dialoge und gut aufgelegter Darsteller, darunter Bjarne Mädel als anspruchsvoller Obdachloser, auch dann Punkte sammelt, wenn das Tempo zwischendurch etwas nachlässt. Die leicht irrwitzige Story von den Provinzcops, die aufgrund mangelnder Kriminalität zu illegalen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen greifen, um ihre Dienststelle zu erhalten, bietet jede Menge Gelegenheit für Situationskomik inklusive gelegentlicher Seitenhiebe auf die bundesrepublikanische Wirklichkeit. Diese Polizisten muss man einfach liebhaben.

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Deutschland, Schweiz 2020
Drehbuch und Regie: Alexander Schubert
Darsteller: Erkan Acar, Sina Tkotsch, Adrian Topol, Sanne Schnapp, Alexander Hörbe, Bjarne Mädel
Kamera: Julian Landweer
Musik: Roman Fleischer
Länge: 96 Minuten
Verleih: Telepool, Vertrieb: 24 Bilder
Kinostart: 10. September 2020

FILMKRITIK:

Auf dem Polizeirevier in einem verschlafenen westfälischen Provinznest ist nichts los. Die Cops schieben eine extrem ruhige Kugel und müssen höchstens mal ein verirrtes Kätzchen vom Baum holen. Diese Zustände bleiben nicht unbemerkt, und so wird die Polizistin Tina von der Dienstaufsicht abgeordnet, um zu prüfen, ob der Standort geschlossen werden kann. Für die Streifenpolizisten Rocky, Deniz, Netti und Hagen wäre das die Katastrophe. Im Gegensatz zu ihrem Vorgesetzten Rainer, der sich schon auf die Pensionierung freut, wollen sie sich nicht mit einer Schließung abfinden. Dann würden sie ja auseinandergerissen! Die Vier wollen unbedingt zusammenbleiben und klamüsern einen Plan aus: Wenn es schon keine Kriminalität in ihrer Kleinstadt gibt, dann müssen sie eben selbst dafür sorgen. Mit Hilfe des Obdachlosen Klaus werden ein paar Vorkommnisse arrangiert, die ihnen Ermittlungsarbeit ermöglichen. Hier ein Ladendiebstahl, da eine Sachbeschädigung ... jedoch lässt sich Tina nicht so leicht an der Nase herumführen. Als die Truppe tatsächlich einem großangelegten Kunstraub auf die Spur kommt, sind alle gefordert, und Tina muss sich entscheiden, ob sie ihre Kollegen unterstützt.

Hier geht's lustig zu: Alexander Schubert, der als Comedian und Autor, u. a. für die ZDF-Heute-Show bekannt wurde, liefert ein Regiedebüt, das es in sich hat. In den Hauptrollen sind auch weniger bekannte Darsteller zu sehen, doch die Auswahl ist prächtig gelungen: Erkan Acar spielt den leicht tapsigen, aber hoch sympathischen Polizisten, für den das Revier und seine Kollegen die Familie sind. Zu denen gehört das Ehepaar Netti und Hagen – beide ganz wunderbar gespielt von Sanne Schnapp und Alexander Hörbe – sowie Adrian Topol als Rocky. Sina Tkotsch spielt mit unterkühltem Temperament die dienstbeflissene Tina. Bjarne Mädel hat eine prinzipiell kleinere Rolle, die er bis zum Anschlag mit seiner überwältigenden szenischen Präsenz ausfüllt. Einmal mehr beweist er sich hier als brillanter Charakterkomiker, der dem Penner Klaus mit liebenswertem Charme viel menschliche Tiefe gibt.

Nach der schwedischen Filmkomödie „Kops“ (2003) schrieb und inszenierte Alexander Schubert sein Kinodebüt als unterhaltsame Krimi-Romanze, wobei der Schwerpunkt weniger auf der abstrusen Handlung als auf den herrlichen Dialogen liegt, die in ihrer Lakonie und Komik an große Zeiten und große Filme erinnern – von „Theo gegen den Rest der Welt“ bis „Der Junge muss an die frische Luft“. Das gelingt dank der extrem sorgfältig gezeichneten Charaktere, die von gut aufgelegten Darstellern gespielt werden, und dank eines ausgeklügelten Gag-Managements. Niemand und nichts bleibt verschont, weder #MeToo noch Ausländerfeindlichkeit. Da fliegen die Pointen ganz wunderbar hin und her, und selbst wenn die Story mal ein bisschen Pause macht, bleibt der generell liebenswürdige Charme erhalten. Manches ist regelrecht niedlich, aber eines ist in jedem Fall klar: Diese Polizisten muss man einfach liebhaben.

Gaby Sikorski