Film Stars don’t die in Liverpool

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Der Filmstar des Titels ist Gloria Grahame, die 1981 tatsächlich nur fast in der englischen Hafenstadt Liverpool gestorben wäre, wo ihr ehemaliger Liebhaber lebte. Das dieser 30 Jahre jünger als der ehemalige Hollywoodstar war, ist einer der Aspekte, um die Paul McGuigans biographischer Film „Film Stars don't die in Liverpool“ konstruiert ist, der manche Themen anschneidet, ohne recht ein Zentrum zu finden.

Webseite: www.filmstarsdontdieinliverpool.de

GB 2017
Regie: Paul McGuigan
Buch: Matt Greenhalgh, nach dem Buch von Peter Turner
Darsteller: Annette Benning, Jamie Bell, Stephen Graham, Vanessa Redgrave, Julie Walters, Frances Barber
Länge: 105 Minuten
Verleih: 5. April 2018
Kinostart: Sony

FILMKRITIK:

1978 lernten sich in London der damals 26jährige Peter Turner (Jamie Bell) und die gut 30 Jahre ältere Gloria Grahame (Annette Benning) kennen. Er ein Liverpooler aus einfachem Haus, der davon träumte, Schauspieler zu werden und sich mit kleinen Bühnenauftritten über Wasser hielt, sie ein ehemaliger Hollywoodstar, die in legendären Film Noirs wie „In a Lonely Place“ an der Seite von Humphrey Bogart gespielt hatte und für ihren Auftritt in Vincente Minellis „Stadt der Illusionen“ mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Doch das war 1978 lange her, Grahame längst über ihren Zenit hinaus, keine großen Filmrollen gab es für sie mehr, nur noch Engagements an kleinen, englischen Theatern, zumal Hollywood damals noch unerbittlicher auf das älter werden seiner weiblichen Stars reagierte als es das heute noch tut.
 
Doch trotz des großen Altersunterschied entwickelte sich zwischen Turner und Grahame eine innige Freundschaft, die bald zu einer Beziehung wurde. Turner folgte Grahame nach Ende ihres Theaterengagements nach Hollywood, schließlich lebte das Paar in New York, bis die Beziehung ganz plötzlich zu Ende ging. Von all dem wird in „Film Stars don't die in Liverpool“ in Rückblenden erzählt, während der erzählerische Rahmen in der Gegenwart verhaftet ist. Ein paar Tage verbrachte Grahame da noch einmal zusammen mit Turner, in dessen Elternhaus in Liverpool, nachdem sie plötzlich zusammengebrochen war. Gegen ihren Willen konsultierte Turner einen Arzt, der ihr wegen einer fortgeschrittenen Krebserkrankung nur noch wenige Tage zu leben gab. Und so kam es auch, allerdings starb Grahame nicht in Liverpool, nicht im Schoss der Turner-Familie, mit denen sie sich im Lauf der Jahre angefreundet hatte, sondern zurück in New York, wo ihr Sohn aus einer ihrer vier Ehen sie in den letzten Stunden ihres Lebens hingebracht hatte.
 
Man mag diese Suche nach Geborgenheit, nach einer Familie als einen der Erzählstränge von Paul McGuigans Film ansehen, der sich nicht immer erfolgreich darum bemüht, in der Liebesgeschichte zwischen Turner und Grahame einen überzeugenden Handlungsbogen zu finden. Das sich dieses ungleiche Paar vom Fleck weg verliebt und zusammen ist, wird vorausgesetzt, Vorurteile der vor 40 Jahren noch wesentlich konservativeren Gesellschaft bekamen sie offenbar kaum zu spüren, so zumindest behauptet es der Film, der viele spannende Nebenaspekte kaum mehr als streift.
 
Die Rolle der Frau in der Filmindustrie etwa, die Notwendigkeit, makellos auszusehen und bei den ersten Falten nicht mehr als vorzeigbar zu gelten, die besondere Schwierigkeit eines Sex-Symbols wie es Gloria Grahame war, auch als ernstzunehmende Schauspielerin Akzeptanz zu finden. Ein Aspekt, der im späteren Verlauf des Films immer dominierender wird ist Grahames Unfähigkeit, sich nicht in erster Linie über ihr Äußeres zu definieren. Man mag ihre häufigen Fragen ob sie denn gut aussieht, ihr Versuch, jünger zu wirken, ihre Antipathie gegen das bloße Wort alt, als Folgeschäden eines Lebens in der Filmindustrie sehen. Wie Annette Benning diese Fragilität spielt, die Unsicherheit ihrer Figur, die selten aufhört daran zu zweifeln, dass sie wirklich geliebt wird, helfen „Film Stars don't die in Liverpool“ über manche erzählerische Leerstelle hinweg.
 
Michael Meyns