Die Fortsetzung der britischen Feelgood-Komödie erzählt die Geschichte des Inselchors „Fisherman’s Friends“ weiter. Erfolgsdruck, psychische Probleme, Gefühlschaos und Verluste stellen die Folk- und Shanty-Band aus Port Isaac in Cornwall vor ganz neue Herausforderungen. Das Wiedersehen mit den schroffen, bärbeißigen Seefahrern macht Laune und stimmt ebenso nachdenkliche wie romantische Töne an. Auf der anderen Seite funktioniert der Humor nicht immer und der Film verliert sich in seinen Nebenhandlungen und der Themenfülle.
Großbritannien 2022
Regie: Nick Moorcroft, Meg Leonard
Buch: Nick Moorcroft, Meg Leonard
Darsteller: James Purefoy, Dave Johns, Sam Swainsbury,
Maggie Steed, Fiona Button
Länge: 112 Minuten
Verleih: Splendid (24 Bilder)
Kinostart: 24. August 2023
FILMKRITIK:
Ein Jahr ist es her, seit in der verschlafenen Fischerstadt in Cornwall der örtliche Herrenchor, die „Fisherman’s Friends“, für Aufsehen sorgte – und mit dem ersten Album einen großen Erfolg feierte. Jim (James Purefoy), Leadville (Dave Johns), Rowan (Sam Swainsbury) & Co. stellt dies allerdings auch vor große Herausforderungen: Waren sie zuvor nur einfache Fischer, wurden sie über Nacht zu echten musikalischen Stars, die man auf der Straße erkennt und über die jetzt sogar die Klatschpresse berichtet. Doch so schnell der Ruhm kam, so plötzlich kommt der Fall. Denn kurz vor Veröffentlichung ihres zweiten Albums verlieren die „Fisherman’s Friends” bei einem Auftritt die Nerven – und sind ihren Plattenvertrag los. Doch der außergewöhnliche Männerchor gibt nicht auf. Auf dem größten Musikevent Großbritanniens, dem Glastonbury Festival, wollen sie als Vorgruppe von Beyoncé auftreten. Gelingt den „Fisherman’s Friends“ das große Comeback?
Drei Jahre ist es her, seit der erste Teil den Aufstieg der Seebären aus der britischen Provinz schilderte. Handelte dieser vom harten Weg an die Spitze und dem Kampf um Anerkennung, thematisiert „Fisherman’s Friends 2“ vor allem eine Frage: Wie gelingt es, erfolgreich zu bleiben und darüber hinaus Freundschaft und den Zusammenhalt nicht aufs Spiel zu setzen? Die Regisseure Nick Moorcroft und Meg Leonard, die auch das Drehbuch schrieben, setzen dabei auf einige bewährte Elemente und Zutaten, die bereits den Vorgänger auszeichneten.
Dazu zählen unter anderem die schrullig-kauzigen Figuren mit all ihren charakterlichen Eigenarten. Oder die beeindruckenden (Luft-)Aufnahmen der zerklüfteten Küstenabschnitte Cornwalls. All das ist nicht neu, schön anzusehen sind diese Bilder aber nach wie vor. Und die skurrilen, singenden Inselbewohner mit ihrer provinziellen, leicht griesgrämigen Art hat man eh längst ins Herz geschlossen. Neue Wege bestreiten Moorcroft und Leonard, indem sie kritisch auf die Geschäftsstrukturen von Plattenfirmen blicken und Umsatz-getriebene, fragwürdige Entscheidungen von schmierigen Musikmanagern hinterfragen. Außerdem thematisiert der Film den auf Künstlern lastenden Druck, nach einem erfolgreichen Debüt ein ebenso vielversprechendes Zweitwerk veröffentlichen zu müssen.
Uneinheitlich und zerfahren wirkt „Fisherman’s Friends 2“ bei der Vielzahl an weiteren Themen und Inhalten, die er zu verhandeln versucht. An dieser Stelle nimmt sich der Film zu viel vor, da die Nebenhandlungen rund um Alkoholsucht, Trauerbewältigung, Affären, Depressionen und Versagensangst meist nur vage angerissen werden – ohne ihnen die verdiente und nötige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Gelungen sind dafür die Anspielungen auf zeitgemäße Debatten wie #MeToo, Hypermaskulinität und toxische Männlichkeit. Und: Die Liebesgeschichte zwischen Jim (gewohnt ausdrucksstark: James Purefoy) und einer nach Cornwall geflüchteten Irin. Dieser Subplot ist durchzogen von glaubhafter Intensität und wahrhaftigen romantischen Momenten.
In Sachen Humor reicht „Fisherman’s Friends 2“ hingegen nicht an die Qualität des ersten Teils heran. Viele Witze bleiben flach und zu vorhersehbar, außerdem gibt es einige echte Fremdschäm-Momente, die peinlich berühren. Bestes Beispiel ist ein Chor-Vorsingen, um einen frei gewordenen Platz in der Gruppe neu zu besetzen. Das Ergebnis ist eine zwiespältige und eher anstrengende als lustige Angelegenheit, bei der sich die Bewerber in Sachen (nervtötender) Talentlosigkeit gegenseitig übertreffen.
Björn Schneider