Franky Five Star

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Vielleicht war das Sachbuch „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“ Inspiration für Birgit Möllers Film „Franky Five Star“, eine Coming-of-Age-Geschichte der anderen Art. Darin spielt die enorm wandelbare Lena Urzendowsky eine junge Frau, die nach sich selbst sucht, was gar nicht so leicht ist, denn in ihrem Kopf tummeln sich diverse Gestalten, die abwechselnd ihr Wesen in der realen Welt bestimmen.

Deutschland/ Finnland 2023
Regie: Birgit Möller
Buch: Knut Mierswe, Birgit Möller
Darsteller: Lena Urzendowsky, Cino Djavid, Paul Pötsch, Sven Hönig, Sophie Killer, Gerti Drassl, Meryem Ebru Öz

Länge: 114 Minuten
Verleih: jip Film Verleih
Kinostart: 9. November 2023

FILMKRITIK:

Franky (Lena Urzendowsky) ist um die 20 und lebt noch unbestimmt vor sich hin. In einem Getränkemarkt jobbt sie, zusammen mit ihrer besten Freundin Katja (Meryem Ebru Öz) lebt sie in einer WG und himmelt den schier unerreichbar wirkenden Nachbarn Roman (Paul Pötsch) an, doch so recht will das nicht funktionieren.

Nicht zuletzt, weil in Frankys Kopf arge Unruhe herrscht. Denn dort leben neben Franky die laszive Ella (Sophie Killer), das verspielte Kind Lenny (Cito Andresen), die Gouvernante Gerti (Frau Franke) und der kapitalismuskritische Page Frank (Sven Hönig). Ein Page? Genau, denn Frankys Kopf ist ein plüschiges, altmodisches Hotel, das per Fahrstuhl quasi mit der realen Welt verbunden ist. Gelegentlich steigt einer der vier also in die Kabine des Fahrstuhls und bestimmt für eine Weile Frankys Verhalten: Auf einer großen WG-Party agiert sie da dann für eine Weile ausgesprochen kindisch, denn Lenny bestimmt gerade ihr Verhalten. Später, als Ella ihre Chance ergreift, agiert Franky betont verführerisch und schafft es fast, Hasi (Cino Djavid) zu verführen, der dummerweise mit Katja zusammen ist. Praktischerweise arbeitet Hasi – der eigentlich Hasim heißt – als Aufzugmonteur, scheint also genau der richtige zu sein, um Frankys inneren Aufzug zu reparieren – wobei mit dem vielleicht gar nicht wirklich etwas kaputt ist.

Auch wenn sich das Konzept, das sich Regisseurin Birgit Möller zusammen mit ihrem Co-Autor Knut Mierswe hier ausgedacht hat, arg kompliziert anhört: Meistens funktioniert es als treffende Metapher für ein Suchen nach sich selbst, für eine pointierte Antwort auf die gern gestellt, aber doch viel zu einfache Bemerkung: „Sei doch einfach du selbst!“ Aber was, wenn man nicht einfach in eine Schublade zu stecken ist, wenn man mal so, mal so agiert, mal fröhlich, mal betrübt.

Solche Menschen kennt jeder, ihre Gemütsschwankungen überraschen und strengen bisweilen an. Dementsprechend ist auch „Franky Five Star“ mal anstrengend, allzu bemüht, sein Erzählkonstrukt aufrechtzuerhalten, nicht immer konsequent in der Logik des Wechsels zwischen Kopf und Realität, vor allem aber überraschend.
Aus einer im Kern simplen Coming-of-Age-Geschichte, gepaart mit einer zarten Romanze, wird durch die wechselnden Persönlichkeiten ein schauspielerischer Parforceritt, in dem Lena Urzendowsky sich im wahrsten Sinne des Wortes austoben kann. Spielend leicht wechselt sie zwischen den Rollen, mal kindlich, mal lasziv, bleibt dabei jedoch stets vor allem Franky, auf der Suche nach sich selbst. Durch diesen originellen Ansatz hebt sich Birgit Möllers „Franky Five Star“ wohltuend von den vielen Befindlichkeitsfilmen ab, in denen junge Menschen nach sich selbst suchen. Das tut zwar auch Franky, aber mit ganz eigenem Witz und Phantasie.

 

Michael Meyns