Frei nach Plan

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Drei Schwestern raufen sich für die große Geburtstagsfeier ihrer Mutter zusammen. Wie bei Familienfesten nicht selten, führt das plötzliche Miteinander zum verwandtschaftlichen Overkill. Die beschaulich-sympathische Komödie der Jungregisseurin Franziska Meletzky („Nachbarinnen“) traf ausgerechnet in China auf Verzückung. Sie wurde auf dem internationalen Filmfestival von Shanghei als Bester Film ausgezeichnet, die vier Hauptfiguren teilten sich dort den Preis für die Beste Darstellerin.

Webseite: www.novapoolpictures.de

D 2007
R: Franziska Meletzky
D: Dagmar Manzel, Corinna Harfouch, Kirsten Block, Christine Schorn, Otto Mellies
Format: 1:1,85; Länge: 90 Min.
Preise: Shanghai Filmfestival: Bester Film, Beste Darstellerin:  
Filmkunstmesse Leipzig: Publikumspreis
Kinostart: 6. März 2008
Verleih: Novapool 

PRESSESTIMMEN:

Eine beschwingte Familienkomödie.
Der Spiegel

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FILMKRITIK:

Seit Shakespeare, Tschechow und spätestens seit Woody Allen setzt die Zusammenkunft dreier erwachsener  Schwestern schwere Seelendramen in Gang. Gerade weil sie als Mädchen zur Harmonie gedrillt wurden. So will auch hier zunächst keine sehen, dass die Zeichen auf Sturm stehen. Anlässlich des Geburtstages ihrer Mutter kehrt Anne (Dagmar Manzel) nach längerer Zeit in ihr mecklenburgisches Heimatdorf zurück. Die Bandsängerin mit tief dekolltiertem Girlielook und rauher Lache wirkt wie zwanzig und das seit gut dreißig Jahren. Ihre verhärmte ältere Schwester Iris (Corinna Harfouch) kümmert sich  
seit zehn Jahren selbstlos um die launenhafte Mutter (Christine Schorn). Im Haus gegenüber pflegt die jüngere Schwester Marianne (Kirsten Block) glücklich und gutmütig ihr Nest mit Kleinfamilie.
 

Anne hat, wie sie vehement behauptet und vorführt, „nicht Hummeln, sondern Helikopter“ im Hintern. Gerade mal ein Tag verstreicht und sie verstrickt Mariannes arbeitslosen Ehemann Martin (Robert Gallinowski) in ein wildes tête-à-tête. Durch die Anwesenheit dieser sonnigen Dampfnudel merkt auch Iris, dass sie nicht ewig das aufopferungsvolle Mauerblümchen sein kann und lässt sich auf einen scheuen Flirt mit einem Handwerker ein.  Marianne korrigiert derweil ahnungslos ihre Klassenarbeiten. Mutter Silvia studiert mit der Dorftheatergruppe ihr eigenes Theaterstück zum Weltuntergang bei. Unverhofft trudelt der Vater mit seiner neuen, sehr viel jüngeren Freundin ein, die unter Narkolepsie leidet und so den leidenschaftlichen Ausbruch der beiden betagten Ex-Eheleute buchstäblich verpennt. Weshalb die Geburtstagfeier im Gemeindesaal dann mit einem GAU endet, hat wiederum ganz andere Gründe. Die drei Schwestern müssen nun zusammenhalten und auch das Staunen wieder neu erlernen.

In den letzten Jahren wurden auf den internationalen A-Festivals immer wieder Filme ausgezeichnet, die die Normalität suchen und die technischen Möglichkeiten des Kinos geradezu negieren. Auch hier gibt es wenige cineastische Momente, viele der Szenen in leicht grieseliger Qualität mit Oberkörperausschnitten wirken wie Fernsehunterhaltung auf zu großer Leinwand. Dank der großen Dimension fühlt man sich beim Hinsehen fast als Einbrecher in den Familienalltag. Klischeehafte Konstruktionen und originelle Einfälle halten sich die Waage. Das gut ausgesuchte und gut aufgelegte Ensemble hätte sicherlich noch  mehr Herausforderung verkraftet. Gelegentlich sucht die Komödie den unverschämten Witz skandinavischer Komödien, weicht dann aber, als würde sie ihrem eigenen Mut misstrauen, in deutsche Schmunzelmuster aus. Aus diesen stilistischen Schwankungen ragt Corinna Harfouchs Schauspiel heraus, sie spielt wirklich frei nach Plan.

DOROTHEE TACKMANN

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Die Mutter Silvia, Leiterin einer Dorftheatergruppe, hat Geburtstag. Die Töchter Iris, Marianne und Anne bereiten alles vor. Ein schönes Geschenk muss gemacht werden, die Geburtstagstorte nicht zu vergessen.

Iris, geschieden, lebt mit der Mutter und sorgt für die leicht neurotische Frau. Marianne wohnt mit ihrer Familie ganz in der Nähe. Anne, Sängerin in einer Band und momentan pleite, kommt zu Besuch. Sie tanzt ein wenig aus der Reihe, ist extrovertiert, nimmt das Leben leichter als andere.

So ganz reibungslos laufen die Geburtstagsvorbereitungen aber dann nicht ab. Der Ex-Mann der Mutter reist mit seiner an Schlafkrankheit leidenden Geliebten zu früh an. Mariannes Mann lässt sich hinreißen und schläft mit Anne. Zwischenmenschlich klappt es nicht immer, weil die Charaktere und Meinungen zu gegensätzlich sind. Termine werden nicht eingehalten, ein Durcheinander entsteht, es kommt zu absurden Situationen. Dann die Feier – und ein unerwarteter Schicksalsschlag.

Die kleinbürgerliche Umgebung, die Absonderlichkeit der Mutter, die eingeschränkte Welt der Iris, die Extravaganz Annes, die Enttäuschung Mariannes, das Nebeneinander urkomischer und schmerzlicher Situationen, das den festen Plänen entgegen gesetzte Tohuwabohu ist derart locker, ungekünstelt und unverkrampft inszeniert und gespielt, dass man seine helle Freude daran haben kann.

Es ist künstlerisch immerhin beachtlich, wenn aus so wenig derart Nettes entsteht. Erfrischend und kurzweilig, ein Spiegelbild menschlichen Gebarens.

Großen Anteil am Gelingen haben vier Frauen: Corinna Harfouch (Iris), Christine Schorn (Mutter), Kirsten Block (Marianne) und Dagmar Manzel (Anne). Kein Wunder, dass der Film bereits Preise einheimste.

Thomas Engel