Gainsbourg – Der Mann, der die Frauen liebte

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Vielleicht ist es passend, dass ausgerechnet ein Comiczeichner einen biographischen Film über das wilde, überdrehte Leben von Serge Gainsbourg gedreht hat. Joann Sfar gelingt es in seinem Regiedebüt über die französische Legende, oft über das konventionell biographische hinauszugehen, wobei sicherlich allein Beziehungen mit Brigitte Bardot und Jane Birkin und das berühmte Liebeslied Je t’aime (moi non plus) ausreichend Stoff für einen faszinierenden Film gewesen wären.

Webseite: www.gainsbourg-derfilm.de

OT: Gainsbourg (vie héroïque)
Frankreich 2009, 122 Minuten
Regie: Joann Sfar
Drehbuch: Joann Sfar
Kamera: Guillaume Schiffman
Schnitt: Maryline Monthieux
Musik: Olivier Daviaud
Darsteller: Eric Elmosnini, Lucy Gordon, Laetitia Casta, Doug Jones, Anna Mouglalis, Sara Forestier, Claude Chabrol
Verleih: Prokino
Kinostart: 14. Oktober 2010
 

PRESSESTIMMEN:

Regisseur Joann Sfar verwandelt Gainsbourgs Leben in eine wunderbare Tragikomödie mit surrealistischem Einschlag.
Der Spiegel

Frankreich, deine Idole: Nach der Piaf und Coco Chanel bekommt Serge Gainsbourg seine filmische Hommage - und die ist richtig klasse. ...mit vielen hübschen Ideen, die diesen unterhaltsamen Film wohltuend von den brav erzählten Biopics dieser Welt abheben.
BRIGITTE

FILMKRITIK:

In Deutschland ist Serge Gainsbourg zwar bekannt, seine Berühmtheit reduziert sich jedoch auf ein paar Skandalsongs und etliche Affären. Allein um zu erfahren wie viel komplexer, auch zerrissener das Leben Serge Gainsbourg war, lohnt sich Joann Sfars Regiedebüt Gainsbourg, das im Deutschen den recht beliebigen Untertitel Der Mann, der die Frauen liebte trägt, Im Original den wesentlich evokativeren Zusatz vie heroique. Womit schon ein bedeutender Aspekt von Film und Leben angedeutet wird, die Fähigkeit Gainsbourgs, sich über seine Verhältnisse, seine Herkunft, sein Aussehen zu erheben und zum gleichermaßen verfemten und geliebten Idol Frankreichs zu werden.

Das Gainsbourgs Leben nicht immer rosig war, wird von Anfang an deutlich. Geboren 1928 als Lucien Ginsburg, Sohn russischer Juden und als solcher nicht nur im Frankreich der 30er stets mit seiner Herkunft konfrontiert, beginnt Gainsbourg seine künstlerische Laufbahn als Maler. Die Musik, die Arbeit als Barpianist ist zunächst nur Mittel zum Geldverdienen. Erst Ende der 50er Jahre beginnt Gainsbourgs Karriere als Chansonier, der für etliche Sängerinnen Songs schreibt, darunter auch den Siegersong des Grand Prix de la Chanson 1965.

Und mit den Liedern kommen auch die Frauen, wobei im Film zwar auch France Gall, Juliette Greco und andere kurz auftreten, der Fokus aber auf Gainsbourgs Beziehungen zu Brigitte Bardot und Jane Birkin liegt. Zwangsläufig greift Sfar hier auf das typische Muster eines biographischen Films zurück, hakt wichtige Stationen im Leben Gainsbourgs ab. Nicht jede Episode ist dabei gleichermaßen interessant, doch Sfar inszeniert so unbekümmert und vor allem ohne Gainsbourg auf ein Podest zu erheben, dass die Faszination mit diesem heroischen Leben stets erhalten bleibt. Nicht zuletzt dank des exzellenten Hauptdarstellers Eric Elmosnino.

In Deutschland kaum bekannt, hat Elmosnino genau die richtige Mischung aus Angespanntheit und Lässigkeit, um sowohl als Verführer zu überzeugen als auch den Drang nach künstlerischer Entfaltung überzeugend zu verkörpern. Ihm zur Seite stellt Joann Sfar viele schöne Frauen und ein paar grotesk überzeichnete Pappkameraden, Versinnbildlichungen von Gainsbourgs Unterbewusstsein. In jungen Jahren ist das vor allem die Karikatur eines Juden, später dann eine „Die Fresse“ genannte Figur, in der Gainsbourgs markante Gesichtszüge extrem überzeichnet sind. Immer wieder tauchen diese Figuren auf, lassen Traum und Realität verwischen und sorgen dafür, dass der Film nicht zur unreflektierten Heldenverehrung wird. Gegen Ende verliert Sfar zwar etwas die Linie, wagt es nicht bis zu Gainsbourgs Tod zu erzählen, sondern entscheidet sich für ein versöhnliches, fast kitschiges Schlussbild, ausgerechnet am Meer. Über weite Strecken ist Gainsbourg – Der Mann, der die Frauen liebte jedoch ein mitreißender Film, eine berührende Hommage an einen großen, vielseitigen Künstler.

Michael Meyns

Serge Gainsbourg, der Sänger mit den originellen, teils schrillen, teils skandalträchtigen französischen Chansons, scheint schon als Kind (auch erotisch) aufgeweckter gewesen zu sein als andere.

Er versucht sich zunächst lange als Maler, kommt jedoch zu der Erkenntnis, dass sein Talent nicht ausreicht.

Als Chansonsänger hingegen gehört er zur absoluten Spitze. Und nicht nur das: auch als Liebhaber. Juliette Greco und Brigitte Bardot gehörten zu seinen Geliebten, ebenso Jane Birkin und möglicherweise auch France Gall. Natürlich war er daneben verheiratet und hatte Kinder. Die Beziehung zu seinen Eltern galt ihm als erstrangig.

Der Alkohol, die Zigaretten und die Drogen waren wohl ständige Begleiter. Wahrscheinlich ruinierte er damit seine Gesundheit vollständig. Am Ende war Gainsbourg nur noch ein (teils bösartiges) Wrack.

Er starb 1991.

Der Comic-Zeichner und –Szenarist Joann Sfar nahm sich der Sache filmisch an. Und brachte ein sehr respektables Werk zustande. Das beginnt schon mit der Besetzung der Hauptrolle. Deren Darsteller sieht Gainsbourg nicht nur verblüffend ähnlich, sondern er spielt zudem hervorragend. Dasselbe gilt etwa für Laetitia Casta (Bardot) oder Anna Mouglalis.

Sfar begnügte sich keineswegs mit einer trockenen linearen Chronologie und Biographie. Er ließ vielmehr seiner Begabung und seiner Phantasie freien Lauf und schuf eine pralle, farbige, kosmopolitische 20.-Jahrhundert-Welt. Sehr gut Gainsbourgs maskenhaftes, poetisch-märchenhaftes Alter Ego mit seinen Einflüsterungen, Versuchungen, Ratschlägen, Verführungen. Naturgemäß spielt auch die Musik eine entscheidende Rolle.

Insgesamt die sprühende Schilderung des Treibens eines ebenso faszinierenden wie abschreckenden, ebenso lebensgenießenden wie schließlich abgewirtschafteten Künstlers.