Gaza Surf Club

Denkt man an den Gazastreifen zwischen Israel und Ägypten, kommen einem staubig-krisselige Bilder von Armut, Terror und Elend in den Sinn, doch eins wohl kaum: Surfer. Für ihre Feel-Good-Dokumentation „Gaza Surf Club“ haben die Filmemacher Philip Gnadt und Mickey Yamine aber ein paar Menschen ausfindig gemacht, die den Wassersport im kleinen Küstengebiet um Gaza-Stadt betreiben. Das Porträt der Surferkultur dient als Aufhänger, um das alltägliche Leben im krisengeschüttelten Gazastreifen zu schildern. Weltpremiere feierte die Doku 2016 beim Internationalen Filmfestival von Toronto.

Webseite: www.gazasurfclub-film.com

OT: Gaza Surf Club
Deutschland, Palästina, USA 2016
Regie & Drehbuch: Philip Gnadt, Mickey Yamine
Mitwirkende: Sabah Abu Ghanem, Mohammed Abu Jayab, Ibrahim Arafat
Laufzeit: 86 Min.
Verleih: Farbfilm Verleih
Kinostart: 30. März 2017

 

Über den Film

Originaltitel

Deutscher Titel

Gaza Surf Club

Produktionsland

DEU/USA

Filmdauer

87 min

Produktionsjahr

2016

Produzent

Yamine, Mickey / Theisen, Benny / Schaap, Andreas

Regisseur

Gnadt, Philip

Verleih

Starttermin

30.03.2017

 

FILMKRITIK:



Ja, in Gaza-Stadt am östlichen Mittelmeer existiert eine Surfer-Community, gleichwohl eine sehr überschaubare. Seit die sunnitisch-islamistische Hamas 2007 die Macht übernahm, gestaltet es sich für ansässige Wellenreiter noch schwieriger, ihre Leidenschaft auszuleben. Für Surfbretter besteht ein Importverbot und Frauen ist Wassersport generell untersagt. Die Teenagerin Sabah geht ihrem Hobby deswegen im Verborgenen nach, obwohl ihr Vater überhaupt nichts dagegen einzuwenden hat.
 
Dann gibt es noch den Mittvierziger Abu, der als Fischer am Strand lebt und die Surfer als eine Art Mentor unterstützt. Den Verboten steht Abu gelassen gegenüber, doch seine Heimat will er trotzdem so bald wie möglich verlassen.
 
Der zentrale Protagonist ist der 23-jährige Ibrahim, der den Titel gebenden „Gaza Surf Club“ eröffnen will, einen Shop für Surferbedarf. Auf den Spuren der Bretter, die von Kalifornien aus nach Gaza gelangt sind, will er den Surfboard-Bau während eines Praktikums in einer Manufaktur auf Hawaii erlernen. Die Beschaffung der nötigen Aus- und Einreisedokumente ist knifflig, und als Ibrahim die Reise schließlich antreten kann, überlegt er, vielleicht einfach in den USA zu bleiben. Das Ende lassen Gnadt und Yamine offen, doch sonst ist ihre von Gitarrenmusik begleitete Erzählweise ziemlich glatt. Die immer wieder betonte Motivation der Protagonisten, durch das Surfen der Realität zu entrinnen, erscheint recht banal.
 
Die politisch brisante Lage im Gazastreifen dient als Kontext, steht aber genauso wenig im Fokus wie die Surfszenen selbst, die nicht in hyperaktiven GoPro-Aufnahmen, sondern ganz gediegen daherkommen. Das eigentliche Thema der Doku ist der Alltag im Gazastreifen, den die Filmemacher mit ästhetischen Weitwinkelaufnahmen von Ruinen und Sandhügeln greifbar machen. Der Anfang enthält die Stoßrichtung: Das Bild zeigt Wellen, die sich in Zeitlupe brechen, auf der Tonspur donnern Explosionen von Luftangriffen. Das unruhige Wasser symbolisiert das Flammenmeer über der Stadt, bis eine eindrückliche Kamerafahrt durch eine Ruinenlandschaft den Schauplatz etabliert.
 
Christian Horn

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