Giulias Verschwinden

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Giulia (Corinna Harfouch) wird 50 und ist von ihren Freunden zu einem Geburtstagsessen eingeladen worden. Auf dem Weg dorthin verschwindet sie einfach. Während Giulia auf Abwegen ist, sitzen die zurückgebliebenen Freunde im Restaurant und warten – und diskutieren über Haarausfall, Cholesterinwerte, goldene Turnschuhe und die Frage, ob man nochmal 20 sein möchte. In mehreren Erzählsträngen und exzellenten Dialogen verhandeln der Schweizer Erfolgsautor Martin Suter, von dem das Originaldrehbuch stammt, und Regisseur Christoph Schaub mal komisch, mal melancholisch die Erfahrung des Älterwerdens.

Webseite: www.giuliasverschwinden.x-verleih.de

Schweiz 2009
Regie: Christoph Schaub
Buch: Martin Suter
Kameran: Filip Zumbrunn
Musik: Balz Bachmann
DarstellerInnen: Corinna Harfouch, Bruno Ganz, Stefan Kurt, André Jung, Sunnyi Melles, Teresa Harder, Max Herbrechter, Daniel Rohr, Christine Schorn
Länge: 87 Minuten
Verleih: X Verleih / Vermietung über Warner Bros.
Kinostart: 4.2.2010
 

PRESSESTIMMEN:

"Ein wort- und geistreicher Episodenfilm zum Thema Alter, mit geschliffenen Dialogen von Star-Autor Martin Suter und mit einem lustvollen Ensemble."
KulturSPIEGEL

FILMKRITIK:

Martin Suter, Autor von Die dunkle Seite des Mondes, Ein perfekter Freund und Lila, Lila, hat das Drehbuch zu Giulias Verschwinden geschrieben. Sein Einfluss ist deutlich zu spüren. Wie ein Suter-Roman ist der Film elegant, fast schon lapidar erzählt,
und sein bürgerliches Personal leidlich gut aussehend und gut verdienend aber auch nicht mehr ganz frisch. Immer wieder tun sich kleine Abgründe auf, die Farben sind dunkel gehalten, aber so düster, dass die Unterhaltung leiden würde, wird es nie.

Die Geschichte spielt an einem einzigen Abend. Giulia (Corinna Harfouch) ist auf dem Weg zu einem „Anla߁g, ihrem fünfzigsten Geburtstag. In der Straßenbahn ist es eng und ungemütlich, Feierabendverkehr. Neben Giulia unterhalten sich zwei Teenager darüber, wie krass es sein muss, 30 zu sein. 20 OK, aber 30? Dann bittet eine ältere Dame sie, den Sitz neben sich frei zu räumen. Giulia entschuldigt sich, sie habe die Dame nicht gesehen. Lili nickt: „Ich weiß, man sieht uns nicht – uns, die Alteng. Und auf einmal kann Giulia ihr Spiegelbild in der Scheibe nicht mehr sehen.

Auch bei ihren Freunden, die sich in den jeweiligen Wohnungen auf das festliche Abendessen vorbereiten, macht sich das voranschreitende Alter bemerkbar. Thomas kann sein Portemonnaie nicht mehr finden. Valentin betrachtet seine schütter werdenden Haare und Lorenz hat einen Fleck auf seinem Handgelenk entdeckt. „War der schon immer da?“. Lebenspartner Stefan reagiert genervt. Auch die Paare sind schon alt, lange zusammen, zwischen Vertrautheit und Überdruss angekommen.

Schließlich finden sich alle im Restaurant ein. Alle, bis auf Guilia. Frustriert hat sie sich durch die Stadt treiben lassen und in einem Brillengeschäft John (Bruno Ganz) getroffen. Der alte Charmeur hat sie bezaubert und in eine Bar entführt. So sitzen also Giulia und John flirtend am Tresen, die Freunde etwas genervt im Restaurant und die alte Dame aus der Straßenbahn im Altersheim auf dem 80. Geburtstag ihrer renitenten Freundin Leonie. Überall dreht sich das Thema ums Älterwerden, um Cholesterinwerte, tote Freunde und die Frage „wie benimmt man sich mit 80?“. Nur die beiden Teenager aus der ersten Szene, die der Film ebenfalls weiter begleitet, berührt die Frage noch nicht.

GIULIAS VERSCHWINDEN verhandelt das Älterwerden in einem komplexen Gebilde aus Erzählebenen, die alle einen jeweils eigenen atmosphärischen Klang haben. Bei den ganz Jungen überwiegt das Drama, die Unmittelbarkeit von Erleben und Fühlen. Die mittelalten Melancholiker, denen die meiste Zeit gewidmet ist, sehen auf ihr eigenes Leben mit einer Mischung aus Skepsis und Humor. Bei den ganz Alten verschärft sich der vorherrschend komödiantische Tonfall des Films zur schrillen Farce. Und dann ist da noch die Romanze, die - für einen Moment – den Alltag des Alterns vergessen lässt.

Die verschiedenen Ebenen verweben Regisseur Christoph Schaub und Martin Suter überaus elegant zu einem harmonisch-unterhaltsamen Klangteppich. Die Übergänge erfolgen fast unmerklich. Die Dialoge, die fast sämtlich aus Plaudereien bestehen und oftmals autobiografisch gefärbt sind, fließen federleicht dahin. Die höfliche Oberfläche bleibt gewahrt, aber manchmal blitzt dennoch eine Ahnung von Einsamkeit auf, von Angst vor dem Tod oder dem Alter. Mal überwiegt die Melancholie, mal die Komik.

Hendrike Bake

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