Ein Horrorfilm aus der Perspektive eines Hundes? Klingt gewagt! Und doch hat sich Ben Leonberg in seinem Kinodebüt an diesem Experiment versucht. Der Independent-Streifen „Good Boy – Trust His Instincts“ fokussiert sich ganz auf seinen vierbeinigen Protagonisten, der in einem einsam gelegenen Haus eine Bedrohung für sich und sein geliebtes Herrchen ausmacht. Kontinuierliches Grauen lässt der radikal durchgezogene Ansatz zwar nicht aufkommen. Deutlich wird aber allemal, zu welch ausgeklügelten Schauspielleistungen Hunde fähig sind.
Über den Film
Originaltitel
Good Boy
Deutscher Titel
Good Boy – Trust His Instincts
Produktionsland
USA
Filmdauer
73 min
Produktionsjahr
2025
Produzent
Fischer, Kari / Leonberg, Ben
Regisseur
Leonberg, Ben
Verleih
DCM Film Distribution GmbH
Starttermin
30.10.2025
Haustiere haben im Horrorkino wahrlich einen schweren Stand. Obwohl sie meistens ein gutes Gespür beweisen, die Präsenz des Bösen oft als Erstes wahrnehmen, erleben sie das Ende der Geschichte in 90 Prozent aller Fälle nicht. Im Gegenteil, in der Regel segnet sie denkbar früh das Zeitliche. Wohl gerade deshalb, weil sie die Menschen warnen könnten. Vor diesem Hintergrund bricht Ben Leonberg nun eine Lanze für die tierischen Begleiter, wenn er in seiner Gruselarbeit „Good Boy – Trust His Instincts“ einen Hund ins Zentrum stellt. Das Spielfilmdebüt, das schon auf einigen Festivals Aufmerksamkeit erzeugen konnte, ist komplett aus dem Blickwinkel seines animalischen Protagonisten erzählt, bei dem es sich in der Realität um den Vierbeiner des Regisseurs handelt.
Dass es seinem Besitzer Todd (Shane Jensen) gesundheitlich immer schlechter geht, merkt auch der Nova Scotia Duck Tolling Retriever Indy. Um etwas Ruhe zu finden, richtet sich der Kranke im leerstehenden Haus seines verstorbenen Großvaters (Indie-Horrorfilmikone Larry Fessenden) ein, das sich mitten im Wald befindet. Die Einwände seiner Schwester Vera (Arielle Friedman), die die Isolation für eine schlechte Idee hält und der Meinung ist, das Gebäude sei verflucht, wischt Todd beiseite. Indy erkennt hingegen schnell, dass mit dem Ort in der Tat etwas nicht stimmt. Irgendeine finstere Macht scheint ihre Hände nach den neuen Bewohnern auszustrecken.
Um es gleich zu sagen: Als Schauerstück funktioniert „Good Boy – Trust His Instincts“ nur eingeschränkt. Das verwinkelte, mit Gerümpel vollgepackte Haus im Nirgendwo, das eine gruselige Vergangenheit haben könnte, kennen Genrefans ebenso wie das Spiel mit unheimlichen Schatten und im Dunkeln aufflackernden Lichtern. Auch hier regnet und blitzt es regelmäßig, schlagen Türen plötzlich zu, brechen unvermittelt beunruhigende Träume und Visionen hervor. Das kleine Horroreinmaleins, ein solider, aber nicht sonderlich kunstvoll umgesetzter, sich im Verlauf etwas repetitiv anfühlender Spuk, ungewöhnlich allein durch seine Tierperspektive. Oft begibt sich die vom Regisseur geführte Kamera auf die Augenhöhe des Hundes. Todds Gesicht wiederum bleibt fast die ganze Zeit schemenhaft, ist für den Zuschauer nur selten richtig zu fassen.
Wer ein wenig über die Umstände der mit einer Laufzeit von 73 Minuten überschaubar gehaltenen Erzählung nachdenkt, dürfte die Schlusspointe rasch erahnen können. Verraten wollen wir sie an dieser Stelle freilich nicht. Was der Film von Anfang an sehr überzeugend vermittelt, ist die Bindung zwischen Tier und Mensch. Homevideos zeichnen das Bild einer innigen Beziehung, die erst recht zu Tage tritt, als Todd erkrankt. Gerade in dieser Lage möchte Indy umso mehr für seinen großen Freund da sein, auf ihn aufpassen. Vor allem zum Ende hin hat sein Beschützerinstinkt etwas zutiefst Tragisches.
Dass man den emotionalen Bezug zum Geschehen nicht verliert, ist dem zotteligen Hauptdarsteller zu verdanken. Schon erstaunlich, was der Hund mit einem Zucken seines Ohrs, mit seinem Blick, mit einem Wedeln seines Schanzes oder einem leisen Winseln alles transportieren kann. Indy, so auch der echte Name des Vierbeiners, liefert eine bemerkenswert vielschichtige Performance ab. Gelingen konnte diese nicht zuletzt, weil der Dreh in einem vertraulichen Umfeld stattfand, sprich: Ben Leonberg seinen eigenen Hund in Szene setzen durfte. Schauspielerisch steckt dieser zweifellos nicht wenige menschliche Horrorfilmakteure locker in die Tasche.
Christopher Diekhaus