Good Boy

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Ein Mann und sein Hund – eigentlich ja ganz normal, aber was, wenn der Hund ein Mann im Hundekostüm ist? Dann ist es zumindest merkwürdig, wenn ein Tinder-Date mit nach Hause gebracht wird. Das ist die bizarre, aber auch faszinierende Prämisse des norwegischen Films „Good Boy“, der durchaus gut zu unterhalten weiß, vom Zuschauer aber auch unbedingt die willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit verlangt.

Webseite: https://www.24-bilder.de/filmdetail.php?id=948

Norwegen 2022
Regie: Viljar Bøe
Buch: Viljar Bøe
Darsteller: Gard Løkke, Katrine Lovise Øpstad Fredriksen, Amalie Willoch Njaastad

Länge: 76 Minuten
Verleih: 24 Bilder Filmagentur
Kinostart: 21. Dezember 2023

FILMKRITIK:

Christian und Sigrid lernen sich über Tinder kennen. Das erste Date verläuft gut, sie sind sich sympathisch und so kommt sie noch am selben Abend mit zu ihm. Es ist ein schöner Abend, aber der Morgen hält eine Überraschung parat. Denn Sigrid lernt Frank kennen, den Hund von Christian. Nur dass dies kein Hund, sondern ein Mann in einem Hundekostüm ist. Verstört verlässt sie das Haus, Christian läuft ihr hinterher und will ihr alles erklären. Letztlich lässt sie sich auf diese Erklärung ein, weil sonst eigentlich alles perfekt an Christian ist. Die junge Beziehung erblüht, dann folgt der erste gemeinsame Urlaub, und mit ihm die Erkenntnis, dass nichts so ist, wie Sigrid es erwartet hat.

„Good Boy“ ist ein interessanter Film, dessen bizarre Ausgangslage die Neugier weckt. Zuerst auf einen Film, der eine verquere Form von Beziehungsdrama ist, dann jedoch ins Terrain des Psychothrillers überleitet. Es gibt gewisse Erwartungen, die angesichts der Prämisse geweckt werden. Letztlich bewegt sich der Film auch innerhalb dieser Erwartungen. Das ist in gewisser Weise ein bisschen enttäuschend, aber zumindest gelingt es dem Film, in den groteskeren Momenten dem Altbekannten einen Mehrwert zu verschaffen.

Natürlich erfordert der Film aber eine willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit, denn ansonsten würde er gar nicht funktionieren. Würde Sigrid sich wirklich auf Christian einlassen, auch wenn er ein Millionär ist? Würde sie am Ende handeln, wie sie es tut? Und könnte ein solches Mensch-Hund-Zusammenleben überhaupt funktionieren, insbesondere, wenn man das konsequente Ende im Auge behält? Letztlich alles Fragen, die verneint werden müssten. „Good Boy“ ist da im Grunde wie „Human Centipede“ – ein Film, der von seiner ungewöhnlichen Idee lebt, aber innerhalb einer Hyperrealität existieren muss, die weit abseits der greifbaren Realität ist. Ein Hinterfragen sollte eher vermieden werden.

Vielmehr ist „Good Boy“ als das zu sehen, was er ist: Ein eigentümlicher, interessanter Psychothriller, bei dem der Charaktersprung der Hauptfigur etwas aus dem Nichts kommt. Aber dafür gibt es auch diesen einen, alles verändernden Moment, in dem aus dem Beziehungsdrama ein Thriller wird. Der zeigt Wirkung, weil danach nichts mehr ist, wie es war. Wie bei Sigrid verändert sich der Blick des Publikums auf Christian.

Den „Würden Figuren wirklich so handeln?“-Test übersteht „Good Boy“ im Grunde nicht, auf seine eigene Art funktioniert der Film mit einer knackigen Laufzeit von nur 76 Minuten aber schon. Das ist Genre-Kino, das einen eigenen, bemerkenswerten Spin für eine eigentlich tausendfach präsentierte Geschichte gefunden hat. Als solches ist es auf jeden Fall sehenswert.

 

Peter Osteried