Hallam Foe – this is my story

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Nach seinen beiden eher düsteren Filmen Young Adam und Asylum begibt sich der britische Regisseur David Mackenzie in seinem neuesten Film auf leichtere Gefilde. Mit einem ausgezeichneten Jamie Bell ("Billy Elliott") in der Hauptrolle inszeniert er eine klassische Coming of Age-Story eines Sprösslings aus reichem Hause, der nach dem frühen Tod seiner Mutter gegen seine Umwelt rebelliert und ziellos durchs Leben streift.

Webseite: www.prokino.de

GB 2007
Regie: David Mackenzie
Buch: Ed Whitmore, David Mackenzie, nach dem Roman von Peter Jinks
Darsteller: Jamie Bell, Sophia Myles, Ciaran Hinds, Jamie Sives, Claire Forlani
Musik: Franz Ferdinand
96 Minuten, Format 1:2,35 (Scope)
Verleih: Prokino
Kinostart: 30.8.2007

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FILMKRITIK:

Bedrohlich ragt das riesige Herrenhaus aus dem Wald. Umgeben von einer ausufernden Parkanlage und einem dunklen See ist es genau die Umgebung, in der ein Junge mit blühender Phantasie auf finstere Gedanken kommt. Hier, abgelegen in den schottischen Highlands, wächst Hallam Foe (Jamie Bell) auf. Allein mit seinem reichen Vater Julius (Ciaran Hinds) und dessen neuer Frau Verity (Claire Forlani), die kaum älter als Hallam ist. In erster Linie macht Hallam sie für den Tod seiner Mutter verantwortlich, die ein paar Jahre zuvor im See ertrunken ist. Besessen beobachtet er alles und jeden und sucht Beweise für die angebliche Schuld Veritys, die gleichzeitig Projektion für all das ist, was in Hallams Leben schief läuft als auch quasi ödipales Objekt seiner Begierde ist. Bald flieht Hallam aus der Enge seines zu Hause nach Edinburgh, halb vertrieben, halb geflohen.

Mit der hübschen Hotelangestellten Kate (Sophia Myles) entdeckt Hallam schnell ein neues Ziel bzw. Opfer seiner voyeuristischen Obsession. Er findet einen Job im Hotel und schlägt in einem Turm sein Quartier auf, um Kate beobachten zu können. Mit seinem Witz und seinem unkonventionellen Verhalten gewinnt er bald ihr Herz, doch aus den gleichen Gründen verspielt er auch alles wieder. Bevor Hallam ein eigenständiges, für seine Verhältnisse normales Leben führen kann, muss er sich seiner Vergangenheit stellen und die Wahrheit über den Tod seiner Mutter akzeptieren.

Schon der Zeichentrick-Vorspann verrät, dass David Mackenzie diesmal eine etwas andere Tonart anschlägt als in seinen von Mord und Verrat geprägten vorhergehenden Filmen. Mit Jamie Bell hat er dazu einen Hauptdarsteller gefunden, der inzwischen zu einem Prototyp für leicht bizarre Figuren im späten Teenager-Alter geworden sind, die ebenso durch ihren Charme wie ihre verrückten Ideen definiert sind. In dieser Hinsicht bietet Hallam Foe also wenig überraschendes und auch sonst überzeugt Mackenzies Film nicht durch Originalität. Prinzipiell folgt er der schon oft durchexerzierten Coming-of-Age-Geschichte-Formel, konfrontiert einen halbwüchsigen Charakter mit allerlei Problemen, lässt sie erste sexuelle Erfahrungen sammeln, Höhen und Tiefen erleben und schließlich – nach einer als emotionaler Höhepunkt inszenierten Konfrontation mit einem Ereignis aus ihrer Vergangenheit – auf den Weg des Erwachsensein einschlagen. Diesem Muster folgt auch Hallam Foe, ist dabei souverän gefilmt und mit einem schönen Soundtrack, bestehend aus aktueller Indie-Musik, unterlegt. Weniger aufrührend als David Mackenzies bester Film Young Adam, aber wieder deutlich stärker als der enttäuschende Asylum, ist Hallam Foe ein zwar konventioneller, aber durch und durch unterhaltsamer Film.
Michael Meyns

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Hallam Foe, ein auf dem Lande lebender 17jähriger Schotte, ist noch mit einer heftigen Pubertät gesegnet. Die Mutter ist vor zwei Jahren ertrunken, und Hallam ist der Überzeugung, dass seine schöne Stiefmutter Verity dafür die Verantwortung trägt, der Vater Julius ganz schön verfallen zu sein scheint. Das Verhältnis des Jungen zum Vater stellt sich alles andere als gut dar, und deshalb macht Hallam sich auf in die Stadt, nach Edinburgh.

Dort trifft er auf Kate, Personalchefin in einem großen Hotel, die ihm einen Job als Tellerwäscher verschafft. Kate ist nicht nur seine Chefin, sondern auch außergewöhnlich schön. Hallam verfällt ihr sofort.

Zum Ziel führt das allerdings noch lange nicht, denn Kate hat mit dem verheirateten Hotelmanager Alasdair ein Verhältnis. Hallam kann die Frau nur sehen und an sie herankommen, wenn er sich in der Nähe auf einem Dach einrichtet und von da aus das Objekt seiner Begierde betrachtet. Überhaupt gefällt es ihm, die Stadt aus dieser Perspektive zu betrachten. Ein alter Uhrturm tut ihm dabei gute Dienste. 

Die madonnengesichtige Kate, halb Liebchen, halb Schlampe, gibt Alasdair den Laufpaß und nähert sich Hallam an. Ein paar glückliche Stunden sind drin. Oder mehr? Nichts ist sicher. Denn Hallam wird wieder überwältigt: von seiner ihm angeborenen Rastlosigkeit; von der Vorstellung, dass seine Mutter ermordet worden sei; vom Gedanken der Rache an Verity; von seiner pubertätsbedingten Unsicherheit. Manches hat er begriffen. Ein wenig ist er weitergekommen.

Regisseur David Mackenzie hat aus der Handlung der zugrunde liegenden literarischen Vorlage einen tempo- und abwechslungsreichen Film gemacht: ruhige und prachtvolle schottische Landschaft, geschäftige Stadtbilder, die liebliche Kate meist als ruhender Pool, Hallam als seinen Weg und seinen Standort Suchender.

Ein Film mit einer ganzen Menge von Facetten des Heranwachsens und dies auf das Originellste gezeigt. Doch das alles wäre nicht so gut geworden, wenn Jamie Bell – einst „Billy Elliot“ – als Hallam nicht so perfekt spielen würde, psychisch wie physisch. Schauspielerisch richtig liegend in jeder noch so unterschiedlichen Situation und ohne jeden Durchhänger. Eine Leistung.

Ihm so gut wie ebenbürtig Sophia Myles als Kate, ebenfalls in jeder ihrer Szenen mit dem richtigen Maß. Kleinere Rollen, aber überzeugend dargestellt: Claire Forlani als Verity und Ciaran Hinds als Julius. Schließlich noch, das Hauptquartett gut ergänzend: Jamie Sives als Alasdair sowie Maurice Roeves als Tellerwäscher Raymond und Ewen Bremner als Hotelportier Andy. Sie sind Hallams Kollegen.

Ein schöner, origineller und erfrischender Film.

Thomas Engel