Hieronymus Bosch – Schöpfer der Teufel

Er zählt zu den wichtigsten Renaissance-Malern, obwohl (oder gerade weil) sich seine düsteren, von obskuren Gestalten bevölkerten Werke einer einfachen Deutung entziehen: Hieronymus Bosch. In der Doku „Hieronymus Bosch – Schöpfer der Teufel“ begibt sich ein Team aus Experten im Vorfeld einer geplanten Ausstellung zum 500. Todestag des Meisters auf eine Reise, um dessen Werke zu untersuchen. Der Film verschafft einen hochinteressanten Einblick hinter die Kulissen der Bosch-Forschung und modernen Bildanalyse. Ein spannender, aufschlussreicher Film für ein interessiertes Publikum.

Webseite: mindjazz-pictures.de/project/hieronymus-bosch

Niederlande 2015
 – Dokumentarfilm
Regie: Pieter van Huystee

Drehbuch:  Pieter van Huystee, Hans Dortmans

Länge: 89 Minuten

Verleih: Mindjazz Pictures

Kinostart: 15.09.2016

 

Über den Film

Originaltitel

Jheronimus Bosch, Touched by the Devil

Deutscher Titel

Hieronymus Bosch – Schöpfer der Teufel

Produktionsland

NLD

Filmdauer

89 min

Produktionsjahr

2016

Produzent

van Huystee, Pieter

Regisseur

van Huystee, Pieter

Verleih

Starttermin

15.09.2016

 

FILMKRITIK:



Im Sommer dieses Jahres jährte er sich zum fünfhundertsten Mal: der Todestag des Malers Hieronymus Bosch, der zu den bedeutendsten Renaissance-Künstlern zählt. Zu diesem Anlass plant das Noordbrabants Museum in seiner niederländischen Heimat s-Hertogenbosch eine Sonderausstellung. Das Problem: die Werke von Bosch befinden sich in Museen auf der ganzen Welt, u.a. in der National Gallery of Art in Washington oder im Madrider Padro, das eine eigene Bosch-Ausstellung plant. In der Dokumentation „Hieronymus Bosch“ begleitet Regisseur Pieter van Huystee ein Team aus Forschern und Kunsthistorikern bei ihrer Reise zu den Bosch-Werken um die ganze Welt. Zweck der Reise: die Bilder einer genauen Analyse zu unterziehen. Mit der Zeit werden die Experten vor ganz neue, unerwartete Fragen gestellt.

Regisseur Pieter van Huystee legt mit „Hieronymus Bosch“ sein Regie-Debüt vor. Im Genre des Dokumentarfilms ist er aber geübt, zählt er seit den 90er-Jahren doch zu den erfolgreichsten Produzenten von Kino- und TV-Dokus in den Niederlanden. Die Gesamtzahl der von ihm produzierten Filme liegt bei rund 80 Werken. Längst nicht so viele Arbeiten sind heute noch von Hieronymus Bosch erhalten, von dessen düster-grotesker Kunst van Huystee schon lange begeistert war. Derzeit gelten nur etwa 25 Gemälde und 25 Zeichnungen als authentisch und können daher eindeutig Bosch zugewiesen werden. Zu seinen bekanntesten Motiven und Gemälden zählen „Die sieben Todsünden“, „Der Gaukler“ und „Der Garten der Lüste“.

Kunst- und Renaissance-Fans sowie Zuschauer, die sich mit den bizarren Bilderwelten von Bosch, die voller detailreicher Anspielungen und kryptischer Symbole stecken, immer schon genauer befassen wollten, kommen hier auf ihre Kosten. Noch nie war man den Werken des Meisters so nahe, was nicht zuletzt daran liegt, dass Regisseur van Huystee viele Bilder in langen Nahaufnahmen zeigt und noch weiter geht: die Kamera konzentriert sich auf einzelne Details der Werke, von bizarren Fratzen über angsteinflößende Wesen bis hin zu rätselhaften Symbolen, rückt sie groß ins Bild und ermöglicht dem Zuschauer so eine genaue, intensive Betrachtung. Auf diese Weise werden auch Bosch-Kenner bisher unbekannte Elemente in seinen Werken finden.

Spannend ist es, den Experten bei ihrer Arbeit zuzusehen. Mit Hilfe modernster Methoden wie der Infrarot-Fotografie oder der Röntgendiagnostik versuchen die Wissenschaftler, Kenntnisse über einige der wesentlichen Fragen zu erlangen. Mit ihrer Technologie und ihrer jahrelangen Erfahrung sind die Experten in der Lage, genaue Informationen etwa über das Alter des Bildes und den Herstellungsprozess – etwa  hinsichtlich der Materialien und angewandten Technik – zu erlangen. In den intimsten und persönlichsten Momenten des Films sieht man einzelne Wissenschaftler alleine vor den Bildern sitzen, wie sie die Meisterwerke voll und ganz auf sich wirken lassen – ähnlich eines Trancezustands und voller Demut, so scheint es.

„Hieronymus Bosch“ gewährt einen detaillierten Einblick in eine für die meisten Menschen fremde Welt: die Welt der Kunstgeschichte, hochtechnisierten Bildanalyse sowie der wissenschaftlichen Forschung und Untersuchung an einigen der größten künstlerischen Meisterwerke des Mittelalters. Van Huystee ist immer ganz dicht dran bei dem Forscher-Team, wenn sie fachsimpeln, sich über die anstehenden Ausstellungen austauschen oder auch mal unterschiedlicher Meinung sind.

Dies ist nicht zuletzt bei einer Frage der Fall, die sich im Laufe der Reise und Untersuchungen immer drängender stellt: stammen die Bilder wirklich alle von Bosch selber oder haben mehrere Personen an der Entstehung mitgewirkt? Eine endgültige Antwort auf diese Frage ist schwer auszumachen und bleibt letztlich eine Ansichts- und Meinungsfrage. Doch dass der Film das Rätsel dieser Frage nicht vollends löst ist kein Nachteil: denn sind es doch seit jeher auch die schwer zu durchschauenden, mysteriösen Anspielungen in den makaber-phantastischen Werken von Bosch, die einen so großen Reiz ausmachen. Und auch hier gibt es keine klaren Interpretationen und Erklärungen.

Björn Schneider

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