Der kleine Independent-Film aus den USA hat bei Kosten von 150.000 Dollar mehr als 500.000 Dollar eingespielt – durchaus ein Erfolg für einen Film, der keinen klassischen Vertrieb hatte, sondern bei dem die Macher ihn selbst Kinos angeboten haben. Ein durchaus gangbares Konzept, wenn man Filme mit Mikro-Budgets hat. In Deutschland kommt er ganz regulär ins Kino. Jedem Freund des Ungewöhnlichen und Originellen sei er stark ans Herz gelegt.
Website: https://www.24-bilder.de/filmdetail.php?id=1002
Hundreds of Beavers
USA 2022
Regie: Mike Cheslik
Buch: Mike Cheslik, Ryland Brickson Cole Tews
Darsteller: Ryland Brickson Cole Tews, Olivia Graves, Doug Mancheski
Länge: 108 Minuten
Verleih: 24 Bilder Film GmbH
Kinostart: 13. Februar 2025
FILMKRITIK:
Im 19. Jahrhundert muss ein Mann, der wegen einer Invasion von Bibern alles verloren hat, zum größten Biberjäger werden, denn die Welt je gesehen hat. Einerseits, um dieser Plage Herr zu werden, andererseits, weil sein Schwiegervater im spe ihm seine Tochter nur dann zur Frau gibt, wenn der Trapper ihm Hunderte von toten Bibern bringt. Eine Herausforderung, die der Mann gerne annimmt.
Bis Mike Cheslik das Budget zusammen hatte, musste er vier Jahre lang Klingeln putzen gehen. Seine mit seinem Hauptdarsteller Ryland Brickson Cole Tews entwickelte Geschichte erschien nur den wenigsten vielversprechend. Zu eigenartig, zu schräg, zu wenig kommerziell mutete „Hundreds of Beavers“ an. Denn dies ist ein Schwarzweißfilm in Stummfilmoptik und mit nicht verständlichen Dialogen, der auf den Slapstick der Zwanzigerjahre setzt und die Hauptfiguren in Tierkostümen steckt, die man in jedem Faschingsladen erwerben kann. Das taten Cheslik und Co auch. 10.000 Dollar kosteten allein die Kostüme für Biber, Hasen, Wölfe, Pferde, Stinktiere, Hunde und Waschbären. Die Hauptfigur trägt eine riesige Waschbärenmütze auf dem Kopf, und das ist fast noch das Normalste an diesem Film.
Der in Wisconsin gedrehte Film setzt auf eine Stummfilmoptik mit starkem Filmkorn. Dialoge werden mit Texttafeln dargestellt, die Schauspieler muten an, als wären sie Filmen entsprungen, die über hundert Jahre alt sind, und die episodische Erzählweise sorgt ein ums andere Mal für eine Überraschung. Weil der Regisseur und sein Hauptdarsteller extrem kreativ waren, bei den Ideen für die Geschichte, aber auch bei der technischen Umsetzung. Der Film nimmt zudem Anleihen bei Cartoons, wenn tote Tiere ein X auf den Augen haben, zitiert Buster Keatons Werke und nutzt die Erzählmuster von Videogames der Jump’n’Run-Kategorie. Herausgekommen ist ein 108 Minuten langer Film, der keine Sekunde langweilig ist, erst nach 33 Minuten die Stabsangaben und nach 76 Minuten den Titel zeigt. Nichts an „Hundreds of Beavers“ ist auch nur im Entferntesten gewöhnlich.
Gerade das macht ihn aber so außergewöhnlich. Weil er zwar Männer in Maskottchen-Kostümen zeigt, aber zugleich weit teurer aussieht, als er war, und das nicht zuletzt wegen der Dreharbeiten im Winter von Wisconsin – bei bis zu minus 10 Grad kein Zuckerschlecken für alle Beteiligten. Gelohnt haben sich alle Mühen, denn „Hundreds of Beavers“ ist der vielleicht beste Film des Jahres, auf jeden Fall der mutigste. Eine derartige Geschichte in dieser Form zu erzählen, muss man sich erstmal trauen.
Peter Osteried