I feel pretty

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Wenn die Traumfabrik Hollywood Schönheitsideale verhandelt, mutet das oft problematisch, um nicht zu sagen scheinheilig an. Ähnliches lässt sich auch über „I Feel Pretty“ sagen, eine Fremdschäm-Komödie, in der Amy Schumer eine durchschnittliche Frau spielt, die an mangelndem Selbstbewusstsein leidet. Durch einen Unfall von ihrer Schönheit überzeugt ändert sich plötzlich alles, zumindest in ihrer Phantasie.

Webseite: www.ifeelpretty-film.de

USA 2018
Regie & Buch: Abby Kohn & Marc Silverstein
Darsteller: Amy Schumer, Rory Scovel, Michelle Williams, Aidy Gryant, Busy Philipps, Emily Ratajkowski, Tom Hopper, Lauren Hutton, Naomie Campbell
Länge: 110 Minuten
Verleih: Concorde
Kinostart: 10. Mai 2018

FILMKRITIK:

Renee (Amy Schumer) arbeitet zwar für die berühmte Kosmetikfirma LeClair, doch mit ihrer pummeligen Gestalt, ihrem konventionellen Geschmack, ihrer wenig stilvollen Garderobe passt sie so gar nicht zu dem glamourösen Image, dass die Chefin Lily LeClair (Michelle Williams) zu etablieren versucht. Statt im Hauptsitz im Herzen Manhattans arbeitet Renee dann auch in einem Keller in Chinatown, ein Sinnbild für ihr ganzes Leben. Wenn sie in den Spiegel schaut, ist sie wenig begeistert, entspricht sie doch so gar nicht dem Schönheitsideal der Gegenwart.

Zwar hat sie mit Vivian (Aidy Bryant) und Jane (Busy Philipps) zwei Busenfreundinnen, doch wenn sich das Trio auf einer Datingwebsite präsentiert, bleiben die Clicks aus: Es geht eben nur ums Äußere. Das zumindest glaubt Renee und meldet sich in einem Fitnessstudio an, wo ihr auch auf die besonders dünne Mallory (Emily Ratajkowski) über den Weg läuft. Doch bevor das Training zum Erfolg führt, hat Renee einen Unfall, stößt sich den Kopf und kann kaum fassen, wie sie aufwacht: Beim Blick in den Spiegel sieht sie nun eine unfassbar attraktive Person und dementsprechend selbstbewusst verhält sie sich. Plötzlich läuft es in Renees Leben, sie sprüht vor Enthusiasmus, lernt einen netten Mann kennen und hat Erfolg im Beruf. Ihre alten Freundinnen vernachlässigt sie jedoch zunehmend, denn noch realisiert Renee nicht, dass ihre neu gefundene Attraktivität nur Einbildung ist.

Vielleicht war ein Spruch aus einem Glückskeks oder einem Selbsthilfebuch Inspiration für das Drehbuch von Abby Kohn und Marc Silversteins. Ein Spruch wie: Man muss nur an sich glauben, dann gelingt alles oder: Wahre Schönheit kommt von Innen. Ratschläge, an deren Wahrheitsgehalt man gerne glauben würde, die in der von Oberflächlichkeit und Schönheitswahn geprägten Zeit jedoch nur noch wie ein schöner Traum wirken. Erst recht in der Traumfabrik Hollywood, die dennoch immer wieder Filme produziert, in denen anfangs noch als durchschnittlich gezeichnete Figuren sich allein durch die Kraft ihres Willens wandeln und ihr Mauerblümchendasein hinter sich lassen.

Wie ein Märchen wirken solche Geschichten oft und warum auch nicht? Doch „I Feel Pretty“ will kein Märchen sein, sondern mutet eher wie die Bebilderung eines Mut machenden Artikels in einer Frauenzeitung an. Angereichert mit den typischen Merkmalen einer modernen Komödie: Extreme Peinlichkeiten und Fäkalwitze, denn schließlich hat sich zumindest das in den letzten Jahren mit Erfolgsfilmen wie „Brautalarm“ oder „Dating Queen“ geändert: Frauen dürfen auf der Leinwand längst genauso peinlich sein wie Männer, ganz besonders allerdings, wenn sie nicht konventionellen Schönheitsidealen entsprechen.
Viel ließe sich über das Frauenbild von „I Feel Pretty“ sagen, über eine Figur, die sich nur über ihr Aussehen definiert, aber auch einen Film, der in einem System eine progressive
Haltung einnehmen will, im Kern aber den gängigen Schönheits-, Männer- und Frauenbildern Hollywoods entspricht. Andererseits ist solche Schizophrenie fast schon typisches Merkmal in einem auf Glamour basierenden System, dass dennoch immer wieder versucht, Bodenständigkeit zu suggerieren.

Michael Meyns