Ich habe euch nicht vergessen

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Oscarpreisträger Richard Trank („The long Way Home“) gibt in seinem neuesten Dokumentarfilm einen umfassenden Einblick in das Leben und Wirken des berühmten Nazijägers Simon Wiesenthal (1908-2005). Dabei geht es dem Filmemacher nicht darum, aus dem Mann, der Adolf Eichmann und viele andere Nazi-Verbrecher zur Strecke brachte, einen Säulenheiligen zu machen, sondern die Bedeutung seiner Arbeit auch für kommende Generationen aufzuzeigen. So wird der Film zur spannenden und bewegenden Geschichtslektion.

Webseite: www.ichhabeeuchnichtvergessen.de

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USA 2007, R: Richard Trank
Erzählt von Iris Berben
Start: 1.11.
Verleih: Polyband

PRESSESTIMMEN:

Ein bewegendes Porträt des legendären Nazi-Ermittlers und großen Humanisten Simon Wiesenthal... Warmherzig und gewitzt sagt er Sätze wie diesen: "Wenn ein Jude nicht an Wunder glaubt, ist er kein Realist."
DER SPIEGEL

FILMKRITIK:

Seinen 90. Geburtstag im Jahre 1998 feierte Simon Wiesenthal in großen Saal eines Wiener Hotels, in dem während der Nazi-Zeit Hitler besonders gerne verweilte. Dass nun nicht mehr markiges Nazigebell, sondern jiddische Lieder den Saal erfüllten, war für den ruhelosen „Nazijäger“ und KZ-Überlebenden Simon Wiesenthal eine ganz besondere Genugtuung. Doch nicht Rache sondern Recht war das Leitmotiv des liberalen Humanisten, der sein Leben nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ganz der Verfolgung der Täter gewidmet und dabei gleichzeitig auf die Versöhnung der Völker hingewirkt hat. 

Richard Trank und Rabbi Marvin Hier, Produzenten des Oscargewinners „The Long Way Home“, würdigen mit ihren Dokumentarfilm das Leben und Werk Wiesenthals. Dabei versucht der Film gleichzeitig Wiesenthals Vermächtnis wach zu halten, über den Zeitpunkt hinaus, an dem die Generation der Täter langsam ausstirbt. In zahlreichen Interviews mit Weggefährten und Freunden Wiesenthals und umfangreichen Dokumentaraufnahmen wird noch einmal sein außerordentlicher Werdegang nachgezeichnet. 

Geboren in Galizien überlebt der Sohn säkularisierter Juden mit viel Glück den Holocaust als KZ-Häftling in Mauthausen  Doch 89 Mitglieder seiner Familie und der seiner Frau Cyla kamen unter dem brauen Terror ums Leben. Der gelernte Architekt Wiesenthal bleibt, anders als die meisten der Überlebenden, im Land der Täter und beginnt 1947 in Linz damit, untergetauchte Nazis aufzuspüren. Eine Aufgabe, die im Schatten des Kalten Krieges immer schwieriger wurde. Erst der spektakuläre Erfolg bei der Ergreifung Adolf Eichmanns in Argentinien Anfang der sechziger Jahre verschaffte ihm die nötige Aufmerksamkeit und die finanziellen Mittel, um in Wien das Jüdische Dokumentationszentrum aufzubauen, das maßgeblich zur Ergreifung von mehr als 1000 NS-Täter beitrug. 

Das Geheimnis, wie Wiesenthal es geschafft hat, sich fast 60 Jahre seines Lebens mit dem fürchterlichen Taten der Mörder zu beschäftigen, ohne selber Schaden an seiner Seele zu nehmen und zu verbittern, kann auch der Film nicht gänzlich lüften. Eine wesentliche Stütze dürfte dabei die Familie, seine Frau und die Tochter Pauline, gewesen sein. Gleichwohl war Wiesenthal wohl bewusst, welche Opfer er beiden mit dem Leben in Österreich abverlangte. Das Filminterview mit der Tochter Pauline, aufgenommen im Jahre 2006, nach dem Tod ihres Vaters, macht dies noch einmal exemplarisch deutlich. Die Tochter, die mittlerweile in Israel lebt, hatte es in ihrer Kindheit in Linz als Kind eines jüdischen Überlebenden schwer Freunde zu finden. 

Wie widersprüchlich die Arbeit Wiesenthals gerade auch in Österreich aufgenommen wurde, wird dem Zuschauer ebenfalls noch einmal vor Augen geführt. Je nach der politischen Großwetterlage, wurde Wiesenthal mal als Nestbeschmutzer geschmäht und dann im nächsten Moment wieder als Beispiel für die gelungene Vergangenheitsbewältigung der Österreicher mit Huldigungen überschüttet. Dabei macht der Film deutlich, dass es Wiesenthal nicht darum ging, in allen Streitpunkten immer bis ins kleinste Detail Recht gehabt zu haben. Es galt für den Überlebenden des Holocausts die vielen Opfer dadurch zu ehren, dass man beharrlich gegen das Vergessen und Verdrängen angeht. Seine Erfolge gaben ihm trotz aller Misslichkeiten die Gewissheit, dass sein Hinwirken auf Gerechtigkeit und Toleranz und seine akribische Arbeit bei der Aufspürung der Täter wichtig und gerechtfertig waren und auch jenseits seiner Person ihre Gültigkeit behalten. Wiesenthals Vermächtnis, daran lässt der Film keinen Zweifel, wirkt auch auf kommende Generationen.
 

Norbert Raffelsiefen