Im Herzen jung

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Mit starken Bildern erzählt Carine Tardieu von einer Liebe, die im Grunde nicht sein darf, aber sich eben doch Bahn bricht. Der Altersunterschied zwischen den beiden Protagonisten mag groß sein, aber wenn das Herz liebt, dann ist es wieder jung. Ein feinfühliges Drama, das allen Figuren gerecht wird und in seiner Erzählweise sehr wahrhaftig ist.

Website: https://www.alamodefilm.de/kino/detail/im-herzen-jung.html

Les jeunes amants
Frankreich / Belgien 2021
Regie: Carine Tardieu
Buch: Sólveig Anspach, Raphaële Moussafir, Carine Tardieu
Darsteller: Fanny Ardant, Melvil Poupaud, Cécile de France
Länge: 114 Minuten
Verleih: Alamode
Kinostart: 3. August 2023

FILMKRITIK:

Nach 15 Jahren treffen eine 70-jährige Frau und ein 45-jähriger Mann nach einer ersten schicksalhaften Begegnung erneut aufeinander. Sie verlieben sich. Dabei sind es nicht unbedingt ideale Umstände, denn sie hat eigentlich gedacht, dass die Romantik längst hinter ihr liegen würde, und er ist verheiratet und führt ein glückliches Familienleben. Besonders sie zögert, weil der Altersunterschied doch immens ist, doch den eigenen Gefühlen zu entkommen, funktioniert nur selten.

„Im Herzen jung“ ist ein Projekt, das Regisseurin Carine Tardieu quasi geerbt hat. Es war ein Herzensprojekt von Sólveig Anspach, die jedoch verstarb, bevor sie es in Angriff nehmen konnte. Inspiriert war sie von ihrer Mutter, die eine ähnliche Geschichte erlebt hat. Carine Tardieu übernahm das Projekt, feilte am Drehbuch und inszenierte die Geschichte mit viel Sinn für Authentizität. Vor allem aber auch mit einem Gefühl dafür, jeder Figur gerecht zu werden.

Denn die alte Frau möchte die Ehe des Mannes, den sie liebt, nicht zerstören, und er möchte seiner Frau treu sein. Aber wie schon Woody Allen sagte: Das Herz will, was es will. Es gibt keine Logik darin, es ist pures Gefühl – und das ist in diesem Film spürbar. Die Bilder sind von traumhafter Schönheit, die Geschichte wiederum ist unaufgeregt, aber ehrlich. Sie zeichnet jede Figur vielschichtig und damit auch die Tragik dieser Geschichte, denn wo zwei sich lieben, gibt es nicht unbedingt ein Happyend – oder zumindest nicht für jeden.

Die Rollen sind exzellent besetzt. Sie sind Gold für jeden Schauspieler. Gleich, ob es nun um Fanny Ardant geht, die die Unsicherheit ihrer Figur in Hinblick auf den Altersunterschied filigran herausarbeitet, oder Melvin Poupaud, der von der Frau, die er 15 Jahre zuvor schon einmal traf, einfach überwältigt ist. Und auch Cecile de France als betrogene Ehefrau ist exzellent. Weil all diese Figuren wahrhaftig und ehrlich sind. Menschen, denen man nicht nur auf der Straße begegnen könnte, sondern solche, die man selbst sein könnte.

Peter Osteried