In jeder Sekunde

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Das Regiedebüt des Kameramanns Jan Fehse ist sowohl in positiver als auch negativer Hinsicht ein typisch deutscher Film. In arg verkopften Konstellationen werden zwei Dreiecksbeziehungen erzählt, geht es um Liebe, die Suche nach Zufriedenheit und schwerwiegende Entscheidungen. Stark gespielt, aber letztlich blutleer entwickeln sich die beiden Geschichten, die praktisch nichts miteinander zu tun haben und erst zum Ende mit einem forcierten Drehbuchschlenker zusammentreffen.

Webseite: www.injedersekunde.x-verleih.de

Deutschland 2008
Regie: Jan Fehse
Buch: Christian Lyra, Jan Fehse
Darsteller: Sebastian Koch, Mina Tander, Wotan Wilke Möhring, Ronald Zehfeld, Jenny Shily, Barbara Auer
Länge: 104 Minuten, Format: 1:1,85
Verleih: X-Verleih
Kinostart: 11. Dezember 2008

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Auch Jan Fehses „In jeder Sekunde“ wirft Fragen auf, die sich bei allzu vielen deutschen Filmen der letzten Monate – es seien nur „Die österreichische Methode“, „Unschuld“ oder „10 Sekunden“ erwähnt – stellen: Warum fällt es Filmemachern so schwer sich auf eine Geschichte zu konzentrieren? Warum reicht es nicht aus ein Paar bei ihren Beziehungsproblemen zu beobachten? Warum muss es allzu oft ein Ensemblefilm sein, bei dem die Vielzahl an Figuren eher für Wiederholung sorgt, als für die offenbar angestrebte Vielschichtigkeit? 

„In jeder Sekunde“ zeigt einmal mehr, dass ein mehr an Figuren, ein mehr an Geschichten und Ereignissen, nicht automatisch ein mehr an Substanz nach sich zieht. Was nicht heißt, dass die beiden erzählten Geschichten keine Qualität haben, im Gegenteil. Nur hätte man sich gewünscht, dass sich Fehse und sein Drehbuchautor Christian Lyra auf eines der Paare konzentriert hätten, statt ständig zwischen den beiden Geschichten hin- und her zu springen. 

Bei aller Qualität des gesamten Schauspielerensembles ist Sebastian Koch fraglos das Zentrum des Films. Er spielt Hans Frick, Leiter der psychiatrischen Abteilung einer Klinik. Seine Ehe mit Anna (Barbara Auer) ist zwar von Freundlichkeit geprägt, aber schwer belastet, nicht zuletzt durch die Krankheit der Tochter. Dann lernt er Luisa (Jenny Schily) kennen, Schwester einer ehemaligen Patientin, die sich vor kurzem das Leben genommen hat. Durch sie entdeckt Hans Seiten in sich, die lange verschüttet waren, die ihn irritieren und den so peniblen Mann zutiefst verwirren.

Das andere Paar bilden die DJane Sarah (Mina Tander) und der angehende Fotograf Ben (Ronald Zehrfeld). Sie hat sich gerade von ihrem narzisstischen Freund Christoph (Wotan Wilke Möhring) getrennt, der sich mehr für seine Drogen interessiert hat als für sie. Ben wiederum schlägt sich als Einzelkämpfer durchs Leben, hat gerade einen Aushilfsjob verloren und hofft endlich als Fotograf anerkannt zu werden.

Durchaus interessante Typen sind das, bisweilen hätte man sich zwar das eine oder andere Drehbuchklischee weniger gewünscht, aber die schnörkellose Regie geht schnell darüber hinweg. Angenehm unprätentiös sind die Bilder des Films, keine forcierte und oft aufgesetzt wirkende ästhetische Stilisierung, alles wird den Schauspielern untergeordnet. Bleibt nur die Frage, warum es den Machern sinnvoll erschien, die Geschichte mit marginalen Variationen doppelt zu erzählen. Dass sich die beiden Ebenen ergänzen, zur wechselseitigen Vertiefung beitragen, kann man nicht behaupten. Und das bleibt bei allen Qualitäten von „In jeder Sekunde“, die große Schwäche des Films.

Michael Meyns