In meinem Himmel

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Es ist schon erstaunlich, dass Peter Jackson zwischen seiner HERR DER RINGE-Trilogie und den Produktionen von KING KONG und DIE HOBBITS noch Zeit zum Lesen findet. Alice Sebolds Bestseller „Lovely Bones“ hat er offensichtlich gelesen und sogleich erkannt, dass er mit der Verfilmung dieses Stoffes an seine besten Arthouse-Zeiten (Oscar-Nominierung für HEAVENLY CREATURES) anknüpfen kann.

Webseite: www.lovelybones.com

USA / Großbritannien / Neuseeland 2009
Regie: Peter Jackson
Darsteller: Saoirse Ronan, Mark Wahlberg, Rachel Weisz, Susan Sarandon, Stanley Tucci u.a.
Länge: 139 Min.
Verleih: Paramount
Kinostart neu: 18.2.2010
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Was Jackson für diesen Stoff, der eine Mischung aus Krimi, Familiendrama und Meditation über das Leben nach dem Tod ist, so prädestiniert, ist seine übersinnliche Perspektive. Erzählt wird die Geschichte der 14-jährigen Susie Salmon, die Opfer eines Sexualmords wird und ihre Geschichte aus dem Jenseits erzählt. Hier in einer Zwischenwelt zwischen Himmel und Erde, die sie „ihren Himmel“ nennt, wird ihr die Tragweite ihres Schicksals bewusst. Sie erinnert sich an ihr irdisches Leben, an eine behütete Kindheit, ein kleines Familienglück und der Sehnsucht nach einem neuen Glück, ihrem ersten Kuss. Den jedenfalls hat ihre Großmutter ihr wirklich schmackhaft gemacht mit der Behauptung, kein Kuss sei schöner als der erste. Und genau an dem Tag, als Susie den Termin für ihr erstes Date in der Tasche hat, geschieht ihr dieses unvorhersehbare Schicksal.

Da ist sie nun in ‚ihrem Himmel‘ und weigert sich, den anderen Toten zu folgen, klammert sich an ihre Erinnerungen, trauert um all das, was sie jetzt nicht mehr erleben wird und vergeht in Emotionen zwischen Wut und Liebe. Wütend ist sie auf ihren Mörder, der ihr das angetan hat und ohne Strafe davon zu kommen scheint. Sie schmiedet Rachepläne und kann es nicht lassen, ihre Familie aus dem Jenseits zu manipulieren. So meint ihr kleiner Bruder, sie gesehen zu haben, ihr Vater glaubt, ihre Anwesenheit spüren zu können und ihre Schwester folgt unbewusst der Spur ihres Mörders. Ihre Liebe gilt dagegen ihrer Familie, die sie durch ihre mystische Präsenz ins Unglück zu stürzen droht, denn ihr Vater steigert sich aus Unzufriedenheit mit den polizeilichen Ermittlungsergebnissen in eine Mördersuche, die zu einer selbstzerstörerischen Obsession wird. Ihre Mutter dagegen kann die Tatsache, dass die Familie nicht mit ihrem Verlust umzugehen lernt, nicht länger ertragen und flüchtet schließlich vor ihrer Verantwortung als Ehefrau und Mutter. Bleibt da noch ihre blitzgescheite jüngere Schwester Lynn, die all das erleben darf, was Susie vorenthalten blieb und letzlich zum Schlüssel für ihren Seelenfrieden wird. Denn als es Susie auf magische Weise gelingt, doch noch an ihren ersten Kuss zu kommen, schafft sie es loszulassen und wird quasi erwachsen, obwohl sie dafür nie alt genug wurde.

Während die irdischen Sequenzen von ihren hervorragenden Schauspielern getragen werden, kann Peter Jackson in der himmlischen Welt so recht aus der Trickkiste seines Fantasy-Faibles schöpfen. Er legt diese Zwischenwelt als eine Traumwelt von Susie an, die er mit visuellen Metaphern und magischen Symbolen anfüllt. Dabei verändert sich diese Welt von traurig und finster bis zu verheißungsvoll und idyllisch, je nach dem, ob Susie gerade glücklich oder traurig ist. So reflektiert Jackson ihre Emotionen nonverbal und gibt dem Film, der Krimi, Gruselgeschichte und Familiendrama kunstvoll vereint, eine spirituelle, phantastische Note, die dem Zuschauer ein versöhnliches, ja sogar hoffnungsvolles Ende beschert. Damit setzt er gleich zu Beginn des neuen Jahres einen qualitativen Glanzpunkt, an dem die Oscars wohl kaum vorbeikommen.

Kalle Somnitz

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